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Was ist eine Weltanschauung?

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Title: Was ist eine Weltanschauung?


1
(No Transcript)
2
Die Liebe bei Karl Jaspers im Kontext der
Weltanschauungen
  • Cristóbal Holzapfel

3
(No Transcript)
4
Was ist eine Weltanschauung?
  • Sie ist ein Ganzes zusammengefügt von subjetiver
    Einstellung und objektives Weltbild das uns
    bestimmt und zugleich orientiert in dem was für
    wir fühlen, denken oder glauben
  • Weltanschauungen sind nebenher Gehäuse, wie
    Jaspers selbst sagt, die wir brauchen als Schutz
    in unserem Leben
  • Aber indem wir bloss innerhalb des Gehäuses uns
    einleben, sind wir bloss von Allgemeinheiten
    bestimmt, wie Sitte, Gesetz, Institutionen
  • Deshalb gibt zwei Möglichkeiten dass wir uns
    bequem im Gehäuse arrangieren oder dass wir uns
    öffnen für Gehäuse von anderen Menschen und
    Kulturen
  • Das Erstere besagt einen Halt im Endlichen und
    das Zweitere die Herausforderung eines Halt im
    Unendlichen
  • Andererseits geht es bei Jaspers um eine innere
    Betrachtung der Weltanschauung
  • Zwischen Einstellung und Weltbild das
    Entscheidende ist die Einstellung
  • Sowohl die Einstellung als auch das Weltbild
    haben als Grund die Subjekt-Objekt Beziehung
  • Subjekt-Objekt Beziehung und ihr
    Wechselverhältnis
  • Fusion, Spaltung und Überwindung der
    Subjekt-Objekt Beziehung
  • Gegenständliche Einstellungen - aktive und
    kontemplative Einstellungen

5
Weltanschauung und Subjekt-Objekt Beziehung
  • Die Absicht der Psychologie der Weltanschauugen
    (PdW), veröffentlicht in 1919.
  • Wie kann man eine Weltanschauung vom innen
    verstehen?
  • Welche sind ihre Komponente?
  • Dieses ist ein Vorhaben, dass anders ist als
    derjenige von Wilhelm Dilthey, der, sozusagen,
    die Weltanschauungen im Hinsicht auf ihre
    geschichtliche Wirkung betrachtet.
  • Eine Weltanschauung ist von einer subjektiven
    (die Einstellung) und einer objektiven (das
    Weltbild) Seite bestimmt. Massgebend in diesem
    Verhältnis sind die Einstellungen, weil gemäss
    einer gewissen Einstellung die wir haben, z.B.
    eine gegenständliche, aktive Einstellung,
    schaffen wir uns an, sozusagen, ein
    entsprechendes Weltbild, von einer,
    beispeilsweise, sinnlich-räumlichen Art. Oder
    wenn wir auch von einer gegenständlichen
    Einstellung, bzw. einer kontemplativ-ästhetischen
    Einstellung bestimmt sind, dann eignen wir uns
    ein sinnlich-kulturelles oder sogar ein
    metaphysisches Weltbild an.
  • Dadurch zeigt sich zugleich, dass die
    Subjekt-Objekt Beziehung, nicht mehr von unserem
    Denker in einem bloss kognitiven Rahmen
    aufgefasst wird, sondern innerhalb eines
    vielseitigen Spannungsverhältnisses.

6
Verschiedene Einstellungen
  • Die gegenständliche Einstellungen können
    intuitiv, ästhetisch oder rational sein
  • Wie verhält sich in jedem Fall die Subjekt-Objekt
    Beziehung?
  • Die selbstreflektierte Einstellungen. Warum sie
    nicht subjetive Einstellungen genannt werden?
  • Askese, Genuss und Selbstgestaltung

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Die Askese Giotto, Der Heilige Franziskus
verzichtet auf alle irdischen Güter
8
Jan Brueghel de Velours, Genuss
9
Jan Brueghel, Genuss, Gehörsinn, Tastsinn
10
Jan Brueghel, Gehörsinn
11
Jan Brueghel, Genusssinn
12
Jan Brueghel, Tastsinn
13
Gegenständliche und selbstreflektierte
Einstellungen
  • Wenn die Liebe einer Form der enthusiastischen
    Einstellung (eE) angehört, müssen wir uns
    zunächst davon bewusst werden, in welcher Art von
    Einstellungen die eE einzuordnen ist.
  • Zunächst gibt es gegenstänliche (objektive) und
    selbstreflektierte Einstellungen (und wir weisen
    darauf hin, dass die Letzteren nicht subjetive
    E genannt werden, sondern Jaspers möchte vor
    allem betonen, dass es nicht darum geht, dass es
    eine krasse Unterscheidung zwischen dem
    Subjektiven und dem Objetiven gibt. Prinzipiell
    sind wir der Welt zugewandt, also den
    Gegenständen, aber diese Gewandtheit zur Welt hin
    kann durch die Selbstreflektion vermittelt
    werden, u.z. hauptsächlich durch eine
    geniessende, eine asketische Einstellung oder
    durch die Selbstgestaltung. Wobei hierin
    hinzuzufügen ist, dass die Selbstgestaltung
    determiniert wird durch unsere Beziehung mit der
    Welt, mit Dingen und Personen, wie wir mit ihnen
    umgehen, d.h. in Sinne des Genusses oder der
    Askese.

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Das Objekt als Widerstand oder dass man es sein
lässt
  • Abstand gegenüber dem Objekt bei den
    selbstreflektierten Einstellungen
  • Wechselhafter Abstand vor dem Objekt
  • Gegenständliche Einstellungen können aktiv,
    kontemplativ oder mystisch sein
  • Aber, warum sind sowohl die aktive als auch die
    kontemplative und die mystische Einstellungen
    gegenständlich?

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Peter Brueghel Handeln kann sogar widersinnig
sein. Man baut weiter aber die Gründe des
Babelturm sind nicht mehr fest. Jaspers erinnert
an Goethes Wort Der Mensch handelt gewissenlos,
wobei der Denker interpretiert dies im Sinne von
unserer wesenhaften Endlichkeit
16
Kontemplative Einstellung
17
Mystische Einstellung, Bernini, Die heilige
Theresa
18
Inwiefern können Genuss und Askese übereinstimmen?
  • Dieses ist sehr interessant, weil es bedeutet
    nämlich, dass wir von einem gewissen Abstand mit
    Dingen und Personen zugleich bestimmt sind, und
    nicht nur aufgrund der Askese, sondern zugleich
    des Genusses. Jaspers behauptet nämlich dass die
    geniessende Einstellung zugleich asketisch ist,
    weil anders als die blosse Lust, im Genuss ein
    Abstand dem geniessenden Gegenstand beheimatet
    ist.
  • Also zunächst die Hauptunterscheidung ist
    zwischen gegeständlicher und selbsreflektierter
    Einstellung. Bezüglich der Ersteren die
    gegenständliche Einstellung kann entweder aktiv,
    kontemplativ oder mystisch sein. Der Politiker,
    der Techniker, der Unternehmer, der Arbeiter
    können von einer aktiven Einstellung bestimmt
    werden. Es geht darum, den Gegenstand zu
    verändern nach verschiedenen nachzuvollziehenden
    Absichten. Dieser Gegenstand kann durch die
    Mitbürger vertreten sein, wie für den Politiker,
    oder die Umwelt, wie für den Unternehmer oder den
    Arbeiter.
  • Bei der kontemplativen Einstellung ist es anders,
    auch wenn sie zugleich eine gegenständliche
    Einstellung ist. Das Hauptmerkmal ist hier
    nämlich, dass sie den Gegenstand sein lässt. Es
    geht hier darum, dass man die Welt und die andere
    Mitmenschen sein lässt wie sie sind. Das
    Schisalhafte spielt hier eine Rolle.

19
Vita contemplativa u. activa
  • Geschichtlich betrachtet, im 19. Jahrh. Übergang
    von der Musse zur Handlung
  • Fichte und Marx Vorläufer des Übergangs
  • Vita activa von Hannah Arendt arbeiten,
    herstellen und handeln
  • Die Unterscheidung von Jaspers zwischen äusserer
    und innerer Handlung
  • Die Frage nach der eigentlichen Handlung bei
    Jaspers und Heidegger

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(No Transcript)
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(No Transcript)
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(No Transcript)
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Aus welcher Sicht kann man auch die
Weltgeschichte lesen?
  • Dieses entspricht zugleich der milleranischen
    Weltanschauung von unseren Urahnen, von der
    Antike und dem Mittelalter es bezieht sich auf
    die vita contemplativa, die von der Musse
    ausgezeichnet wurde, sei es im Sinne der Kunst,
    der Religion oder der Philosophie.
  • Später, innerhalb der Neuzeit, beginnt die grosse
    Umwandlung, u.z. der Übergang von einer
    kontemplativen Haltung oder Einstellung zu einer
    aktiven Einstellung. Erste Züge davon treten
    besonders im Denken von Gottlieb Fichte hervor,
    besonders in seiner Bestimmung des Menschen
    (1800) und dann auch sehr geschichtsprägend bei
    Karl Marx. Gleichzeitig im XIX Jahrhundert findet
    die industrielle Revolution statt. Und diese
    geschichtlichen und philosophischen Hintergründe
    bestimmen uns bis heutzutage, eben als aktive
    Menschen.
  • Dieses ist zugleich ein grosses Thema, dass
    besonders von Hannah Arendt in seiner Vita
    activa aufgegriffen wurde.
  • Aber schon bei Jaspers, in seinem Hauptwerk
    Philosophie (1931), kommt dieses Thema in
    betonter Weise zum Ausdruck, u.z. im
    Zussammenhang mit der Frage nach dem möglichen
    Selbstsein und der damit bezogenen Frage nach
    einer möglichen eigentlichen Handlung. In dieser
    Beziehung macht Jaspers eine sehr tragende
    Unterscheidung, nämlich zwischen einer inneren
    und einer äusseren Handlung. Nur insofern die
    Handlung sich lange in uns vorbereitet, und nicht
    unmittelbar sich einfach veräusserlicht, besteht
    die Möglichkeit von einer echten Handlung.

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Kontemplative und mystische Einstellungen
  • Kontemplative Einstellungen können intuitiv,
    ästhetisch oder rational sein
  • Intuitive Einstellung direktes Erfassen des
    Wesens. Erretung der Anschauung
  • Ästhetische E. das Ganze in etwas
  • Rationale E. die Abstraktion
  • Und die mystische E. auch gegenständlich?

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Mystische Einstellung Auch gegenständlich?
  • Die kontemplative Einstellungen können intuitiv,
    ästhetisch oder rational sein. Die intuitive
    Einstellung hat die Fähigkeit das Wesentliche vom
    Gegenstand unmittelbar und unvermittelt
    aufzugreifen. Die ästhetische Einstellung ist
    dadurch ausgezeichnet, dass bei ihr eine
    Umgestaltung stattfindet ein Ganzes offenbart
    sich in einem Einzelnen (wie im Kunstwerk). Die
    rationale Einstellung hat mit der Abstraktion zu
    tun. Hier werden gewisse Charakeristika isoliert,
    die ermöglichen, dass man manche Schlüssen daraus
    zieht, wobei dies sehr stark mit den
    Naturwissenschaften zu tun hat.
  • Merkwürdig ist, dass die mystische Einstellung
    zugleich eine gegenständliche Einstellung ist.
    Dieses kann man nur dann verstehen wenn anerkannt
    wird, dass hier das Gegenständliche göttlich ist.
    In dieser Hinsicht wäre hinzuzufügen, dass die
    Auszeichnung des Seinlassens, die die
    gegenständliche Einstellung charakterisiert, hier
    am stärksten zum Vorschein kommt. Gott oder das
    Göttliche muss man eben sein lassen und nur so
    können wir damit in einer echten Art und Weise
    umgehen.

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Mystik und Enthusiasmus
  • Die höchste Möglichkeit der Überwindung der S-O
    Beziehung liegt in der mystischen Einstellung
    (mE)
  • Bei der eE das Objekt ist zugleich Subjekt und
    zwischen beiden gibt es ein gleichberechtigtes
    Verhältnis
  • Was für eine Rolle spielen hier Bewegung und
    Ruhe?
  • Wie verhält sich Bewegung und Ruhe mit der Zeit?

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Enthusiastische Einstellung. Sufi Überwindung
der Subjekt-Objekt Spaltung durch Bewegung
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Sufi Ikone helfen uns auch
29
Oder auch durch gewisse Mantras
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Oder durch Tai-Chi
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Aber eigentlich das Unbewegliche, die völlige
Ruhe, ist ein sicherer Weg zur Überwindung der
S-O Spaltung, und darum geht es eben in der
mystischen Einstellung
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(No Transcript)
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Bewegung und Ruhe Fusion und Überwindung der S-O
Beziehung
  • Und hier kommen wir zu dem Hauptunterschied
    zwischen der mystischen und der enthusiastischen
    Einstellung. Bei der mystischen Einstellung der
    göttliche Gegenstand ist so bedeutend, dass wir
    sozusagen aufgesaugt werden. Es ist die unio
    mystica die dadurch erreicht wird, und wir
    erleben das als eine vollkommene Befriedigung,
    als Ruhe, Gelassenheit und Erfüllung. Besonders
    gemäss östlichen Erfahrungen in diesem
    Zusammenhang der Schlüssel ist hier nicht nur
    eine vollkommene Gelassenheit und Ruhe, sondern
    gleichzeitig die Unbeweglichkeit. Es ist
    hervorzuheben, dass nur indem wir uns in einer
    vollkommenen Ruhe und Unbeweglichkeit befinden,
    die unio mystica erreichen können.
  • Im Gegenteil dazu die eE ist durch Unruhe, Drang,
    Sehnsucht, Unbefriedigung gekennzeichnet. Hier
    sind wir auch auf der Suche nach dem Einen, aber
    der Weg dahin schliesst Bewegung ein.

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Bezüglich der Subjekt-Objekt Beziehung, entweder
Gleichberechtigung oder Überwindung Enthusiasmus
oder Mystik
  • Aber damit sind wir doch zu der Unterscheidung
    zwischen mystischer und enthusiastischer
    Einstellung angelangt die Erstere bedeutet die
    Möglichkeit die Subjekt-Objekt Spaltung zu
    überwinden, während die enthusiastische
    Einstellung in ihrem Rahmen verfangen verbleibt,
    bzw. kann, aber nur zeitweilig die erwähnte
    Spaltung überwinden. Anders ausgedrückt, und
    gemäss der Terminologie von Jaspers, die
    mystische Einstellung ist von der Transzendenz
    bestimmt während die eE innerhalb einer Immanenz
    verbleibt, bzw. sie ist immer unterwegs sie zu
    transzendieren. Jaspers fügt hinzu, dass in der
    eE ein Wechselverhältnis zwischen Subjekt und
    Objekt stattfindet, da das Objekt wiederum hier
    das gleichberechtigte andere Subjekt ist
  • so ist auch im Enthusiasmus bei aller
    Subjekt-Objekt Spaltung doch zugleich eine
    Einheit beider, ein Wechselverhältnis im
    Erlebnis wird zugleich ein Objektives gefühlt,
    und alles Objektive ist doch unzureichend und nur
    da, sofern es vom Erlebnis und von der Kraft des
    Subjekts übergriffen wird (PdW, 119).

36
Die Einheit, ein Schlüssel der Philosophie, der
Theologie und der Mystik
  • Bei Plotin Weg von der Einheit her und zu der
    Einheit hin. Letzterer, der menschliche Weg
  • Dionysios Areopagita und die negative Theologie
  • Was bedeutet die via negativa?
  • Metaphysischer und Existentieller Sinn der via
    negativa

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William Turnerdas Eine, das Unendliche
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Streben nach der Einheit. Was hat das für eine
Bedeutung bei Plotin und in der negativen
Theologie?
  • Wir widmen uns demnächst den verschiedenen
    Merkmalen der eE, die Jaspers aufweist
  • 1.Enthusiasmus ist etwas einheitliches und
    strebt zur Einheit (PdW, 119).
  • Wie wir wohl wissen, die Einheit, besonders im
    Sinne des Einen, hat eine tragende Bedeutung in
    der Philosophie, an erster Stelle, bei Plotin.
    Und man kann wohl sagen, dass sowohl Plotin wie
    Jaspers Züge der negativen Theologie tragen,
    gegründet von Dionysios Areopagita im IV Jarh.
    a.d. Hierin geht es darum, dass wir nur von Gott
    sagen können was Er nicht ist deshalb eine via
    negativa, ein Weg der Verneinung, und wenn wir
    diesem folgen, sind wir zumindest näher an der
    Gottheit, und nicht vollkommen abseits von ihr,
    indem wir affirmative Aussagen über sie machen,
    die bloss endlich sind.
  • In Bezug auf die Einheit, nach der die eE strebt,
    sagt Jaspers
  • Ohne zureichend bestimmbaren Zweck (nicht ohne
    erlebten Sinn) opfert sich der Mensch im
    Enthusiasmus er begeht, nach gewohnten
    Erwägungen beurteilt, sinnlose Handlungen.
    Gegenüber dem Leben in der Ruhe traditioneller
    Gewohnheiten, ohne die Gegensätze in der Welt zu
    spüren, gegenüber dem Leben in der inneren
    Unberührtheit bei allen öffentlichen Tun in den
    begrenzten, relativen Sphären, wird das Leben in
    der enthusiastischen Einstellung überall im
    Tiefsten aufgewühlt und zugleich befestigt, in
    Liebe und Hass, in Verbindung und Kampf, in
    bedingugsloser Hingabe bewáhrt und gesteigert.
    Gegenüber dem Leben, sei es ohne feste Substanz,
    sei es ohne dass diese Substanz je berührt würde,
    bedeutet die enthusiastische Einstellung erst ein
    waches Leben, erst ein Leben im Ganzen und im
    Wesen (PdW, 119).

43
Wege zum Einen oder Gott, Plotin und
Pseudo-Dionysios
44
Der Geist eingehaucht von der Existenz
  • Gegenstand der eE als Idee?
  • Idee und Geist
  • Unterschied zwischen Existenz und Geist beim
    späten Jaspers
  • Wie soll man eigentlich den Geist verstehen?
    Verbindung zw. Geist und Idee
  • Ideen in der Kunst, der Philosophie, der
    Wissenschaft

45
In der PdW die Begriffe in statu nascendi
  • Andererseits der Gegestand der eE lässt sich als
    Idee (eben eine symbolhafte Idee) vorstellen, sei
    es in Dichtung, Kunst, Philosophie,
    Wissenschaft, Leben.
  • Es ist hervorzuheben, dass die PdW (1919) mit dem
    Übergang von Jaspers von der Psychiatrie zur
    Philosophie zusammenhängt. Wenn man
    beispielsweise die PdW mit dem Hauptwerk
    Philosophie (1931) vergleicht, können wir
    deutlich erkennen, dass die entscheidenden
    Begriffe des Jasperschen Denkens in der PdW sich
    sozusagen in statu nascendi befinden. Dieses
    erkennt man u.a. an der Rolle die die Ideen
    haben. In Philosophie die Ideen befinden sich auf
    der Ebene des Geistes, der wiederum Medium des
    Selbstseins, der Existenz, ist, die sich
    offenbaren können, wie vorhin gesagt wurde, als
    Kunst, Philosophie, u.a. In dieser Hinsicht ist
    es interessant, die PdW in dem Sinne
    wahrzunehmen, inwiefern der Begriff der Existenz
    sich hierin schon andeutet.

46
Selbstreflektierte Einstellungen Genuss, Askese,
Selbstgestaltung dessen Bezug zum Selbstsein,
und die einhergehende Fragen nach dem möglichen
Selbstsein
  • Wir müssen uns eine gewisse Klarheit darüber
    verschaffen, dass es bei den eE (die Liebe
    eingeschlossen) es auch um unser Selbstsein geht
    in der PdW die selbsreflektierte Einstellungen
    sind auf das Selbstsein angewiesen, da unter
    ihnen auch die Selbstgestaltung zuzurechnen ist.
    Dieses offenbart sich zunächst, wie wir oben
    gesehen haben, in der Art und Weise wie wir
    gemäss der Askese und des Genusses, mit de Welt
    umgehen, und zweitens, im Sinne der
    Selbstaufopferung. Unser Selbst möchte sich
    bequem festlegen, bejahen, aber verirrt sich
    öfters dabei, da es das nur aufgrund des
    Gegebenen an ihm tut (als blosses Dasein). Nach
    dem späteren Werk der Philosophie, die
    Selbstaufopferung erweist sich eben als ein
    Transzendieren der Bestimmungen und
    Allgemeinheiten (wie Jaspers selbst sie nennt)
    des Körperichs, des Rollenichs, des Leistungichs,
    des Erinnerungichs, und sogar des Charakters (ein
    sogenanntes Sosein).

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Die Abgeschiedenheit von Meister Eckhart
angewandt an uns selbst
  • Hierbei wiederum zeigt sich eine gewisse
    Annäherung mit der negativen Theologie nach
    einem seiner Vertreter, u.z. Meister Eckhart,
    geht es um die Abgeschiedenheit in seinen
    Predigten und Traktaten Richte dein Augenmerk
    auf dich selbst und wo du dich findest, lass ab
    von dir. Das ist das Allerbeste. Nur durch die
    Abgeschiedenheit, durch die loslösende Abkher
    von Allem, können wir die unio mystica erreichen.
    Und was Jaspers angeht, die Auffassung der
    Selbstgestaltung, des Selbstseins und der damit
    zusammenhängenden Selbstaufopferung
    offensichtlich beinhaltet auch Einflüsse der
    östlichen Philosophie. Östliche Meister und
    Philosophen werden häufig zitiert auch an
    entscheidenden Stellen schon in der PdW.

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(No Transcript)
49
Selbstwerden, Selbsthingabe, Selbstaufopferung
  • Schliesslich liegt die Selbstaufopferung sehr
    nahe der folgenden Feststellung
  • 2.Enthusiasmus ist Selbstwerden in
    Selbsthingabe (PdW, 120).
  • Zunächst sagt uns Jaspers
  • Die Selbsthingabe, Aufopferung des Ich, ist so
    vieldeutig wie das Selbst es ist
  • Diese Aufopferung kann vielerlei Gestalten
    annehmen, aber prinzipiell schliesst Wagnis ein,
    u.z. Wagnis oder Risiko sogar des Nichtseins.
    Deshalb erkennt Jaspers diese Möglichkeit sogar
    beim Duell an
  • Eine der Triebfedern des Duells in unserer Zeit
    ist in dieser Gesinnung zu suchen, die in all
    ihrer Primitivität doch etwas Wurzelhaftes ist,
    ohne welches die sublimierten Formen des
    gesitigen selbstbewussten Daseins in der Luft
    schweben. Wer sein Leben bewusst wagt, erlebt
    eine einzigartige Freiheit. Dieses Wagen der
    Existenz gibt ein neues Bewusstsein des
    eigentlichen Selbst, das etwa der Krieger, der
    die Wahl hat, zu wagen oder sich zu drücken,
    enthusiastisch ergreift (ib.).
  • Abgesehen vom Krieger, im Sinne der Aufopferung,
    Jaspers spricht auch vom Selbstmord. In
    Philosophie gesteht er dem Selbstmörder auch die
    Möglichkeit, dass nicht nur ein Körperich oder
    ein Leistungsich den Freitod begehen, sondern
    sogar dem Selbstsein. Jedenfalls was den
    Selbstmörder kennzeichnet ist die Verzweiflung.
    Vergewissern wir uns, dass Jaspers den Entschluss
    gefasst hatte, Selbstmord mit seiner Frau Gertrud
    zu begehen im Falle, dass sie von der SS in
    Heidelberg gefangengenommen würden.

50
Jan van Chelminski, Duell an einem Wintermorgen
51
Im Falle von Werther Wer begeht Selbstmord? Ein
Körperich, ein Rollenich, ein Leistungsich, ein
Erinnerungsich, ein Sosein oder ein Ich
selbst? Zuletzt, gemäss Jaspers, Schweigen und
Respekt
52
Rumi und Buddha
  • Die Aufopferung betrifft auch den Pflichtmensch
    der sich eben für etwas formales aufopfert
    wie Jaspers sagt. Doch die Aufopferung des Ich
    ist besonders für den Heiligen stichhaltig.
  • Die Verse des Dschelaleddin Rumi, die Jaspers von
    einem Zitat von Hegel nimmt, drücken in
    prägnanter Form die Ichaufopferung
  • Es schauert Leben vor dem Tod.
  • So schauert vor der Lieb ein Herz.
  • Als ob es sei vom Tod bedroht.
  • Denn wo die Liebe erwachet, stirbt
  • Das Ich, der dunkle Despot (PdW, 121).
  • Die Aufopferung rechtfertigt sich nach Jaspers,
    insofern die von ihr einhergehende Verneinung,
    und damit auch ein Nichtsein der auf sich
    genommen wird, bloss Übergang zum Sein und zum
    Leben ist. Diesbezügluch zitiert er Buddha, und
    sagt
  • Charakteristisch hält Buddha, dem das
    Gegenüberstehen gegenüber dem Nichts nur eine zu
    überwindende Stufe auf dem Wege zum Nirvana ist,
    diesen Drang zum Nichts, zum Nichtsein, für
    blosse Begierde zum Leben mit umgekehrten
    Vorzeichen und für etwas ihm ganz Fremdes (ib.).

53
Rumi und Buddha
54
7 Empfehlungen des Rumi (islamisch persischer
Mystiker des 13. Jahrh.)
  • Sei wie ein Fluss bei taetiger Freigiebigkeit
    und Hilfe.Sei wie die Sonne im Verbreiten von
    Erbarmen und Guete.Sei wie die Nacht im
    Verdecken der Fehler von anderen.Sei wie ein
    Toter hinsichtlich Fanatismus und Harschem.Sei
    wie der Erdboden in Bescheidenheit und
    Genuegsamkeit.Sei wie das Meer in
    Geduldsamkeit.Zeig dich entweder so, wie du bist
    oder sei so, wie du dich zeigst.

55
Sogar die Gottheit kann uns in besonderer Weise
Gegenstand des Enthusiasmus sein
  • 3.Der Gegenstand ist dem Enthusiasmus auf
    spezifische Weise gegeben (ib.).
  • Die Bewegung des Enthusiasmus äussert sich als
    Streben
  • es ist eine Bewegung, die Erhebung, Aufschwung
    genannt wird, eine Bewegung nach oben (PdW,
    122).
  • Wie wir schon im voraus sagten, die eE trägt das
    Merkmal des Absoluten, der Einheit, des Ganzen,
    des Wesen in sich. Aber was sich im Enthusiasmus
    offenbart ist immer ein Endliches, oder besser
    formuliert es offenbart sich das Unendliche im
    Endlichen. Der Gegenstand der eE kann auch Gott
    sein
  • Der Gegenstand wird in Gott gesehen, nicht
    vereinzelt. Es wird nicht als Endliches, sondern
    als eingebettet in das Unendliche ergriffen
    (ib.).
  • Und da dieser Gegenstand, das Absolute selbst,
    nicht erklärt werden kan, erkennt Jaspers dass
    die, übrigens Kantsche, Auffassung des als ob
    dem entspricht.

56
Enthusiasmus muss Wirklichkeitsbezogen sein,
sonst wird er unecht
  • 4.Enthusiasmus und Realität (ib.).
  • Wenn Enthusiasmus keinen Bezug zur Realität
    findet, wird es zu etwas Illusorisches, zum
    Rausch, zur Schwärmerei (dieses wird deshalb als
    unechter Enthusiasmus beschrieben). Während der
    echte Enthusiasmus hingegen mutmasslich eine
    direkte und fruchtbare Verbindung mit der
    Realität hat
  • Der überall eine Enthusiasmus erscheint in
    vielen Arten je nach dem konkreten Stoff, in dem
    er die ideenhafte Durchdringung erreicht. Solche
    Typen sind der Enthusiasmus in der
    metaphysischen Beseelheit der aktiven
    Einstellung, im Kampf in der Geschlechterliebe,
    in der wissenschaftlchen Arbeit, im
    künstlerischen Schaffen, in der
    Persönlichkeitsgestaltung, usw. (PdW, 123).

57
Enthusiasmus, Heldentum, und der Held als Held
des Augenblicks
  • Hervorzuheben ist zugleich dass der Enthusiamus
    mit dem Heroismus, dem Heldentum verknüpft ist.
  • Überall wo der Enthusiasmus das schlechthin
    leitende Moment bildet, also wo in der Realität
    und für die Realität gelebt und doch alles gewagt
    wird, spricht man wohl von Heroismus von
    heroischer Liebe, heroischem Kampf, heroischer
    Arbeit usw. (ib.).
  • In diesem Zusammenhang muss man sich entsinnen,
    dass Jaspers, auf den Spuren von Kiekegaard, der
    Held als Held des Augenblicks versteht. Das
    heisst, der Held ist eben derjenige der alles auf
    Spiel, sogar sein eigenes Leben, in einem
    Augenblick setzt. Jaspers sieht hierin auch eine
    Möglichkeit des sich verewigenden Augenblicks,
    die vor allem dem Selbstsein innewohnt.

58
(No Transcript)
59
Metaphysische Auffassung der Liebe
  • Und so kommen wir auf die fünfte Kennzeichnung
    der eE, u.z. die Liebe. Es fällt auf, dass im
    Text auf die übrigen Kennzeichnungen ungefähr
    eine Seite gewidmet wird, auf die Liebe aber sind
    es dreizehn.
  • 5.Die enthusiastische Einstellung ist Liebe
    (PdW, 123).
  • Als Erstes müssen wir unterstreichen, dass all
    die Kennzeichnungen als eine Art Tautologien zu
    verstehen sind. Mit anderen Worten, sie haben
    nicht einfach den Status von etwa Qualitäten,
    Attributen, Charakteristika der eE, sondern
    entsprechen seinem Wesen u.z. als Einheit,
    Selbsthingabe, Streben, u.a. und jetzt nun
    Liebe. Wir können dann nicht nur sagen die eE
    ist Liebe, sondern die eE als Liebe, d.h., dass
    wir sie in dieser ihr innewohnenden Bestimmung
    betrachten.
  • Gerade deshalb wiederholen sich viele der
    Kennzeichungen der eE im Sinne der Liebe,
    beispielsweise die Erste
  • Die Liebe ist etwas Universales (PdW, 123),
  • und Jaspers fügt hinzu
  • es ist eine Bewegung in uns durch alles
    Konkrete hindurch /.../ in das Absolute und das
    Ganze (PdW, 123).
  • Diese Auffassung der Liebe bei Jaspers schliesst
    in sich mystische Züge ein ähnlich wie bei
    Dante, nach welchem die Liebe die Sterne bewegt,
    bei Jaspers durchdringt die Liebe als Bewegung
    alles und jeder hat die Möglichkeit sozusagen in
    diesen Strom der Bewegung hineinzuspringen und
    sich von ihm treiben zu lassen.

60
Liebe und Licht
  • Gleichsam hat die Liebe mit dem Licht zu tun.
    Durch ihre Wirkung leuchtet alles auf. Nicht nur
    die Geliebte steht unter einem gewissen Schimmer,
    sondern auch unsere Umgebung, die Anderen, die
    Welt insgesamt.
  • Die Liebe ist andererseits den Trieben
    entgegengesetz. Mit den Trieben teilt sie mit,
    dass sie Bewegung und Streben ist, doch sie ist
    ihnen entgegengesetz, weil sie versucht sie zu
    erheben, dass sie nicht mehr bloss materiell
    bestimmt werden.
  • /Die Liebe/ ist allen Trieben entgegengesetzt,
    insofern sie allein über das Individuum
    erlebnismässig hinausgeht, nicht egozentrisch,
    nicht altruistisch, überhaupt nichts Einzelnes
    ist, keinen bestimmten Bereich empirischer
    Gegenstände oder ichbestimmte Funktionen hat
    (PsW, 123).

61
Goethe an Frau von Stein
  • Warum gabst uns, Schicksal, die Gefühle,
  • Uns einander in das Herz zu sehen,
  • Um durch all die seltenen Gewühle
  • Unser wahr Verhältnis auszuspähen?
  • ...
  • Sag, was will das Schicksal uns bereiten?
  • Sag, wie band es uns so rein genau?
  • Ach, du warst in abgelebten Zeiten
  • Meine Schwester oder meine Frau.
  • Kanntest jeden Zug in meinem Wesen.
  • Spähtest, wie die reinste Nerve klingt,
  • Könntest mit einem Blick lesen,
  • Den so schwer ein sterblich Aug durchdringt.

62
Charlotte von Stein
63
Spannungsverhältnis zwischen Sexualität, Erotik
und Liebe
  • Es geht darum, dass die Liebe die Triebe formt
    bzw. gestaltet. Dieses betrifft zugleich was die
    Sexualität und die Erotik angeht. Wenn diese sich
    isolieren, dann werden sie unecht und die
    Sexualität entwürdigt sich bloss als Funktion.
    Die Erotik, seinerseits, verweist vor allem, nach
    Jaspers, auf ein Erwecken von Illusionen und
    phantasmata durch Bewegungen, Wörter, Gestik,
    usw. Diese Auffassung der Erotik ist mit
    derjenigen von Octavio Paz zu vergleichen, u.z.
    in dem Buch Die doppelte Flamme Erotik als
    Ritualizierung der Sexualität.
  • Wenn schon die Erotik die Sexualität teilweise
    gestaltet, die höchste Gestaltung kommt von der
    Liebe, die Jaspers ausdrücklich metaphysische
    Liebe benennt. Nur so werden der Sexualität und
    der Erotik eine Richtung zum Absoluten und
    Unendlichen auferteilt.
  • Bemächtigt sich aber die Liebe der Erotik, so
    bekommt das Erotische eine Weihe, und wird selbst
    eine Ursache zur höchsten Intensivierung der
    Bewegung der Liebe (PdW, 131).

64
Modigliani (Sexualität?) und Klimt (Erotik?)
65
Fliessendes Verhältnis zwischen Sexualität und
Erotik. Rodin
66
Blinde Liebe und Illussion und dieses bezogen auf
Stendhal
  • Jaspers steht somit einleuchtend in der grossen
    platonischen Tradition der Philosophie der Liebe.
  • Vergegenwärtigen wir uns, dass, gemäss dem
    platonischen Symposion, Eros drei Stadien in
    seinem Leben durchläuft, u.z. jedesmal als
    Begehren in der Schönheit zu erzeugen, zunächst
    in den Körpern, dann in den Seelen (was auf die
    paideia, die Bildung hinweist) und zuletzt in der
    Schönheit selbst, d.h. in der Idee der Schönheit
    und nicht mehr in jeglichen Erscheinungen der
    Liebe.
  • Die Deutung der Erotik als illusionshaft greift
    nach Jaspers direkt auf Stendhal, Marie-Henri
    Beyle, zurück, u.z. in kritischer Weise, wie es
    auch der spanische Philosoph, José Ortega y
    Gasset in seinem Buch Studien zur Liebe (1939)
    tut. Ähnlich wie bei Ortega y Gasset, die
    Auffassung der Liebe als ein Phänomen der
    Kristallisation, wird von Jaspers radikal
    umdeutet in sein Gegenteil, da es angeblich keine
    Liebe ist. Nach Stendhal deutet die Liebe darauf
    hin, gemäss seinem Buch Von der Liebe (1822),
    dass sie mit dem physischen Phänomen der
    Kristallisation verwandt ist beispielsweise die
    Kristallisation eines einfachen Paares von
    Baumästen die metaphorisch auf ein
    Menschenliebespaar anspielen. Nach einiger Zeit,
    meint Stendhal, wie in den Salzminen von
    Salzburg, jene Äste glänzen,die von Kristallen an
    der Rinde haften sowie auch bei einen Liebespaar
    das sich nach kurzer Zeit einer für den Anderen
    alles ist.

67
(No Transcript)
68
Stendhal und Ortega y Gasset
69
Kritik von Jaspers an Stendhal
  • Und die Jaspersche Kritik darauf
  • Was Stendhal in der Liebe die Kristallisation
    nennt, das Umkleiden der Geliebten mit allen
    Werten, ist, sofern damit nicht jener Lichtstrahl
    vom Absoluten her gemeint ist, illusionär. Es ist
    keine Liebe, sondern der einseitige Prozess der
    Wertanhäufung, der eines Tages mit dem
    Zusammenbruchs dieses Kartenhauses endet (Pdw,
    129).
  • Und weiter unten
  • Wer liebend sich so illusionär angesehen fühlt,
    fühlt sich selbst nicht geliebt. Die illusionäre
    Umkleidung ist ein Feind der Liebe (ib.).
  • Damit kommt auch schon die angebliche Blindheit
    der Liebe im Spiel. Wenn, nach Stendhal, doch
    diese imaginäre Umkleidung von dem Anderen
    stattfindet, kommt damit auch nicht nur die
    angesprochene Blindheit, sondern auch ein
    erahnter Morbus zum Vorschein. Und noch dazu Das
    Morbide geht auch, nach Stendhal, mit der Liebe
    einher, oder besser, negativ ausgedrückt das
    Krankhafte, bzw. das Psychopatologische ist nicht
    von der Liebe vollkommen auszuschliessen.
    Immerhin, nach Jaspers aber, diese krankhafte
    Erscheinungen sollte man eigentlich von der
    echten Liebe ganz und gar trennen sie würden,
    wenn überhaupt, unter der unechten Liebe
    fallen. Die Liebe ist eben nicht blind Diese
    Blindheit entspringt aus Bedürfnis, aus Trieben
    endlicher Art (ib.).

70
Die Liebe ist hellsichtig und durch diese
Hellsichtigkeit wird das Geliebte wertvoller
  • Für Jaspers ist eben die Liebe hellsichtig.
    Dieses steht gleichzeitig im Einklang mit einer
    werthaften Bestimmung der Liebe. Demgemäss bietet
    Jaspers uns eine unausgesprochene grundlegende
    axiologische Lehre an, die uns zu einer
    genealogischen Frage nach den Werten führt (etwa
    wie Nietzsche dieses in seiner Genealogie der
    Moral aufgegriffen hat). Woher kommen die Werte?
    Diese ist die grosse Frage der Axiologie, die
    auch die Frage nach dem Wesen des Wertes
    einschliesst. Gibt es Werte weil wir werten (wie
    es bei Nietzsche ist) oder das Werten findet
    statt aufgrund vorgegebener Werte (wie es bei
    Platon ist). In diesem Kontext Jaspers führt eine
    neue These auf, im Hinblick auf die Liebe
  • In der Liebe leuchtet alles auf, so dass es für
    den Liebenden der Wert überhaupt wird. Es sind
    nicht Werte, die entdeckt würden in der Liebe,
    sondern in der Bewegung der Liebe wird alles
    wertvoller. Es wird ein Prozess der Werterhöhung
    erlebt. Das Wertvolle ist absolut konkret, nicht
    allgemein (PdW, 124).
  • Man könnte meinen, dass gerade durch die
    Hellsichtigkeit wir uns verblenden lassen können
    (und so kämen wir zurück zur Stendhals
    Kristallisation), aber die erwähnte Hellsicht ist
    zugleich wirklichkeitsbezogen. Wenn die Liebe
    echt ist, lieben wir den Anderen sowie er (bzw.
    Sie) ist, auch in seinen Fehlern, in seinem
    Mangel, in seinen Lücken
  • Man liebt den Menschen mit seinen Fehlern, in
    seiner Wirklichkeit, die im Absoluten liegend
    gesehen und als Prozess im Kampfe liebenden
    Verstehens erfahren wird.

71
Liebe anders als das bloss Empirische. Durch die
Liebe konstituiert sich das Individuum
  • D.h. da die echte Liebe vom Absoluten, von der
    Unendlichkeit berührt ist, erhält sie keine
    Richtlinie von etwas Endlichen, Empirischen. Das
    Maassgebende ist immer das Unendliche im
    Endlichen, aber nicht das Endliche als ein
    solches.
  • Und so kommen wir meiner Ansicht nach zu
    einer der wesentlichsten und tragendsten
    Bestimmungen der Liebe. Nur duch sie konstituiert
    sich das Individuum als solches.
  • Das Geliebte ist immer Individuum. Individuum
    ist ein anderer Ausdruck für das absolut
    Konkrete. Die logische Kategorie des Individuums
    wird nur in der Bewegung der Liebe erfüllt (PdW,
    124).
  • Aber nicht nur die Geliebte wird als Individuum
    konstituiert, sondern man darf hinzufügen auch
    der Liebende, wobei dies ein sehr entscheidender
    Punkt ist.
  • Insofern ich liebe, und dies gerade nach der
    Liebesauffassung von Jaspers, entdecke ich an mir
    diese höchste Möglichkeit und konstituiere mich
    als Indivuum, als ein Einzelner. Aber auch indem
    ich selbst der Geliebte bin, werde ich als
    Individuum konstituiert. Nach den Worten des
    Philosophen Wo Liebe Gegenliebe wachruft.
  • Die Philosophie der Liebe bei Roland Barthes
    (Fragmente einer Sprache der Liebe, 1977) und bei
    Eugenio Trías (Abhandlung über die Leidenschaft,
    1978) entwickelt sich auch in der Richtung einer
    erotischen (im breiten Sinn) Konstitution des
    Individuums durch die Liebe. Im Falle von Trías
    erfüllt sich diese Konstitution besonders durch
    die Leidenschaft. Weil die Letztere auf Leiden,
    pathos, verweist, verbindet dieses Trías zugleich
    mit einer Wunde. Durch diese blutende Wunde
    werden wir einzelne Individuen.

72
Roland Barthes und Eugenio Trías
73
Kierkegaard, der Vorläufer, und Jaspers der
Gründer der Existenzphilosophie
  • Dieses ist zutiefst zu Bedenken die
    ausschliessliche Konstitution des Individuums
    durch die Liebe. Bei den meisten menschlichen
    Beziehungen der Mitmensch wird nicht als ein
    solches, in seiner unwiederholbaren
    Individualität, angesehen.
  • Sonst immer gleichgültig ist das Individuum nur
    für den Liebenden als Individuum und für alle
    anderen nur als zufällige Einzelheit, als ein
    Individuum unter vielen. Für den Erkennenden ist
    es Fall, für den Handelnden Mittel, für den
    Historiker wertbezogen und konstruiert, für den
    Logiker endlos und darum unfassbar (ib.).
  • In der Geschichte der Philosophie ist das Denken
    von Kierkegaard besonders dadurch ausgezeichnet,
    dass er eigentlich der Schöpfer des Einzelnen,
    des Individuums ist. Im Vergleich mit vorigen
    anthropologischen Auffassungen, dank des
    dänischen Philosophen, der Mensch wendet sich
    jetzt nach innen und wird in seiner
    unwiederholbaren und ausschliesslichen Einzelheit
    entdeckt. Jaspers steht nicht nur unter dem
    Einfluss von dieser philosophischen Wende,
    sondern auch (und nochmals dank Kierkegaard)
    unter dem Einfluss der Bedeutung der Existenz als
    Seinkönnen und Möglichsein. Bezüglich des
    Letzteren Kierkergaard hat Wesentliches dazu
    beigetragen.
  • Was durch diese Begriffe entstand ist zuletzt die
    Existenzphilosophie, wobei die Tragweite der
    Letzteren so zu betrachten ist, dass sie nicht
    einfach einer philosophischen Richtung
    entspricht, sondern in dem Sinne, dass die
    Philosophiegeschichte selbst hauptsächlich
    durch die Existenzphilophie und damit auch durch
    ihren Vorläufer (Kierkegaard) und Gründer
    (Jaspers) die besprochene Umkehrung vollzog.

74
Jaspers der Denker der Situationen und der
Grenzsituationen
  • Im Vorigen kam beiläufig ein verstehender
    liebender Kampf zu Wort. Damit kommen wir zu
    einer entscheidenden Auszeichnung der Liebe bei
    Jaspers. Er ist nicht nur der Denker des Seins
    als des Umgreifenden, der Seinschiffren, sondern
    auch der Denker der Grundsituationen. Unabhängig
    von dem Unterschied in der Klassifizierung dieser
    Grenzsituationen die in seinem Werk aufzuzeichen
    ist, sie sind letztendlich vier Kampf, Leiden,
    Schuld, Tod. Zunächst ist hervorzuheben, dass
    Jaspers auch der Denker der Situationen ist, u.z.
    dass der Mensch sich immer in beliebigen
    Situationen befindet die ihm bestimmen, aber im
    Allgemeinen sind sie bedingt und zufällig.
    Demgegenüber gibt es Grenzsituationen, wie die
    Erwähnten von der wir nicht herauskommen und die
    wir einfach übernehmen müssen, weil sie vor allem
    unbedingt sind dass wir kämpfen, leiden, sterben
    müssen, und auch dass wir schuldig sind.

75
Und Jaspers ist auch der Denker der wesenhaften
Schuld
  • Jaspers spricht von der wesenhaften Schuld und
    unterscheidet sie von bestimmten Schulden die wir
    begehen können. Wir sind wesentlich schuldig weil
    wir endlich sind. Diesbezüglich zitiert Jaspers
    Goethes Wort Der Mensch handelt gewissenlos
    und er interpretiert dieses in dem Sinne, dass
    (aufgrund unserer Endlichkeit) wir nicht von der
    Ganzheit der Motiven oder von der Ganzheit der
    Folgen unserer Entscheidungen wissen können. Also
    wir sind und bleiben immer schuldig, im Sinne der
    wesenhaften Schuld. Übrigens, in dieser
    Auffassung erkennt man, u.a., wieviel Heidegger
    vom Denken Jaspers beeinflusst wurde, was er
    selbst nicht anerkennt.
  • Fügen wir noch hinzu dass, gemäss dem Oldenburger
    Philosophen, die Welt immer im Trümmern liegt,
    u.z. weil es das Böse gibt, das sich als Krieg,
    Gewalt oder Hungersnot äussert. Auch vor diesem
    Hintergrund sind wir schuldig. Dementsprechend
    auch das angebliche gute Gewissen hat bei
    Jaspers keine Rechtfertigung.
  • In dem wir sind, befinden wir uns also im Kampf.
    Dieser Kampf vollzieht sich vordergründig als
    Daseinskampf. Hier wird hart gekämpft und das
    grosse Beispiel dafür ist offensichtlich die
    Geschichte der Menschheit und unser Alltag. Es
    geht hier, nach Jaspers, um Auslese und
    Gewinnung, um Erhaltung oder Begrenzung Anderer,
    um Kampf, um Ausbreitung des eigenen Daseins.

76
Liebendes Verstehen und liebender Kampf
  • Aber es gibt, auf der Ebene der Existenz, die
    Möglichkeit eines liebenden Kampfes. Als
    allererstes geht es hier um Selbstwerden und
    wiederum um ein liebendes Verstehen. Beides
    kennzeichnet nebenher die Bedeutung de
    Kommunikation. Jaspers ist ja auch der Denker der
    Kommunikation.
  • Zwischen Menschen ist Liebe zugleich das, was
    vieldeutig das vollkommene Verstehen heisst. An
    der Erfahrung ist kein Zweifel. Es ist, als ob
    ein Weg zur absoluten individuellen Substanz
    gefunden sei, aber nicht zu ihr als zu einer
    absoluten Monade, sondern eingebettet in das
    Absolute überhaupt (PdW, 124).
  • Und von diesem Verstehen fügt Jaspers hinzu
  • Zwischen Menschen in der Zeit manifestiert es
    sich als ein liebendes Kämpfen der Seelen
    miteinander. Jede Gefahr wird gewagt, keine
    Grenze der Form, der Gewohnheit, der Rechte, der
    Grundsätze ist für immer respektiert, jede
    Distanz, so sehr jedes menschliche Leben
    miteinander überall Distanzen errichtet und
    fordert, wird irgendwahn aufgehoben (PdW, 125).
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