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Institut f

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Title: I Author: Lioba Lenhart Last modified by: user Created Date: 1/15/2005 1:13:13 PM Document presentation format: Bildschirmpr sentation Other titles – PowerPoint PPT presentation

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Title: Institut f


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Institut für Völkerkunde, Universität zu
KölnEinführungsseminar WS 2004/05Lioba Lenhart
  • 17. und 19.01.2005
  • 23. und 24. Sitzung
  • Religion und Weltbild

2
Peoples Bailey, Kapitel 14 Religion and
World View
  • Themen
  • (1) Definition von Religion
  • (2) Theorien zu Religion
  • (3) Übernatürliche Erklärungen für Unglück
  • (4) Formen der religiösen Organisation
  • (5) Revitalisierungsbewegungen

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(1) Definition von Religion
  • Religion/religiöse Vorstellungen sind Teil des
    Weltbilds oder der Weltanschauung von Menschen
    d.h. ihrer Konzeptionen von Realität, die ihre
    Interpretation von Dingen und Ereignissen
    einschließlich der Bestimmung des eigenen Platzes
    in der Welt bestimmen und auf ihr alltägliches
    Verhalten einwirken.
  • Der interkulturelle Vergleich zeigt, dass solche
    Konzeptionen in verschie-denen Kulturen/Gesellscha
    ften sehr unterschiedlich aussehen.
  • Auch ist Religion in vielen Kulturen/Gesellschafte
    n mit anderen kulturellen Teilbereichen
    (Verwandtschaft, Wirtschaft, Recht, Politik)
    vermischt.

4
Definition von Religion
  • Religion wird mit dem Glauben an eine
    übernatürliche oder übermenschliche Komponente
    der Wirklichkeit (im Gegensatz zu der
    natürlichen, materiellen, sichtbaren Welt) oder
    spezifischer mit dem Glauben an übernatürliche
    Wesen in Zusammenhang gebracht.
  • Eine Minimaldefinition von Religion, auf die sich
    auch viele heutige Ethnolog/innen noch beziehen,
    stammt von Tylor (1891) the belief in spiritual
    beings.

5
Das Problem der Definition
  • Verschiedene Ethnolog/innen haben darauf
    hingewiesen, dass die Differenzierung zwischen
    natürlichen, sozialen und übernatürlichen
    Phänomenen ein gewisses Maß an Ethnozentrismus
    beinhaltet. Sie beruht auf einer Weltsicht, mit
    der sich im allgemeinen Angehörige der westlichen
    Kultur wohl fühlen.
  • Für die Mitglieder vieler nicht-westlicher
    Kulturen ist diese Unterscheidung bedeutungslos,
    da für sie die natürlichen, die sozialen und die
    übernatürlichen Phänomene in gleicher Weise real
    erlebte Teile ihres Alltagslebens darstellen. So
    werden beispielsweise Totengeister als ein realer
    Teil der wirklichen Welt betrachtet.
  • Andererseits sind auch im materialistischen
    Denken (z.B. Marxismus) religionsähnliche Züge
    nachweisbar. Und auch Natur- und
    Geistes-wissenschaften nehmen in Bezug auf ihre
    Disziplinen oft eine reli-giöse Haltung ein.
  • Zu Zwecken der Analyse macht die
    Differenzierung natürlicher und
    übernatürlicher Bereiche allerdings Sinn.

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Bestandteile von Religion
  • Religionen beinhalten im allgemeinen folgende
    Komponenten
  • Glauben an übernatürliche Wesen und Kräfte,
  • Mythen und Weltbilder,
  • Rituale und Symbole.

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Glaube an übernatürliche Wesen und Kräfte
  • Übernatürliche Wesen
  • Merkmale
  • sind fähig, eine körperliche Form anzunehmen,
    haben Persönlichkeit und ihre Reaktionen in Bezug
    auf menschliche Handlungen sind in etwa absehbar
  • einige dieser Wesen sind menschlichen Ursprungs
    so die Seelen der Ahnen/Ahnengeister andere sind
    nicht-menschlichen Ursprungs so die meisten
    Götter, Naturgeister, Dämonen
  • sie haben höchst unterschiedliche Eigenschaften,
    sind beispielsweise kapriziös oder konsistent,
    eigensinnig oder vernünftig, rachsüchtig oder
    gnädig, amoralisch oder gerecht.
  • ! Nicht überall sind die Götter so wie unser
    allwissender und allmächtiger Gott, der Opfer und
    Gebete fordert und menschliches Verhalten und
    Moral mitbekommt und darauf reagiert. Andernorts
    können Götter ausgetrickst oder manipuliert
    werden und ihnen ist die Moral menschlichen
    Handelns egal.

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Glaube an übernatürliche Wesen und Kräfte
  • Übernatürliche Kräfte
  • Merkmale
  • können Menschen und Tieren, Dingen und Plätzen
    innewohnen,
  • haben keine physische Gestalt, keinen eigenen
    Willen sind impersonal,
  • sind nur durch ihre Wirkungen zu erkennen.
  • Bsp. Die in Melanesien, Mikronesien und
    Polynesien verbreitete Überzeugung, mana
    genannt
  • Ein schnelles Boot hat mana, aber auch ein
    erfolgreicher Mann und eine gute Ernte haben
    mana.

9
Mythen und Weltbilder
  • Mythen
  • sind erzählte oder niedergeschriebene
    Geschichten, die über lange Zeit zurückliegende
    Handlungen und Taten übernatürlicher Wesen oder
    Kulturheroen bzw. mit ihnen in engem Kontakt
    stehender Menschen berichten
  • erklären die Schöpfung/Existenz des Universums,
    der Erde, der Lebewesen und alles Sonstigen in
    der Welt,
  • begründen wesentliche Teile der Kultur, z.B. wie
    die Menschen an ihre Werkzeuge kamen, wie
    jetzigen Lebensgewohnheiten entstanden sind usw.,
  • rechtfertigen Moralvorstellungen, z.B. indem sie
    vom traurigen Schicksal der Menschen erzählen,
    die gegen diese verstoßen haben.
  • Mythen werden in formalen Situationen gelehrt,
    z.B. Bibellesungen in der Kirche oder aber
    informell weitergegeben, erzählt oder gesungen,
    sowohl während religiöser Anlässe als auch im
    Alltag.

10
Mythen und Weltbilder
  • Mythenanalyse beinhaltet
  • die Analyse der Botschaften und
    Bedeutungsstrukturen (Inhaltliches),
  • die Analyse des sozialen Gebrauchs von Mythen, z.
    B. als Macht-instrument.
  • Mythen beeinflussen Weltbilder und somit das
    menschliche Handeln.
  • Beispiel
  • Umgang mit Natur in der westlichen/jüdisch-christ
    lichen Welt im Zusammenhang mit dem Alten
    Testament
  • Gottes Aufforderung an die Menschen, sich die
    Erde untertan zu machen, prägt unser Verhältnis
    zu und unseren Umgang mit der natürlichen Umwelt.
  • ? Allerdings gibt es auch andere
    Interpretationen/Gegenentwürfe,
  • z.B. die Amish People in Nordamerika,
    die den Materialismus der
  • westlichen Gesellschaft ablehnen.

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Rituale und Symbole
  • Ritual
  • die organisierte Durchführung von festgelegten,
    stets gleich bleibenden Handlungen oder
    Handlungssequenzen mit dem Ziel, mit
    übernatürlichen Mächten in Kontakt zu kommen und
    diese zu beeinflussen.

12
Rituale und Symbole
  • Rituale haben symbolischen Gehalt
  • Sie werden oft an Orten mit symbolischer
    Bedeutung durchgeführt (z.B. dort, wo
    mythologische Ereignisse stattfanden in Kirchen
    usw.),
  • beinhalten häufig das Zur-Schau-Stellen, Berühren
    und Manipulieren von Objekten, die ein Ereignis
    symbolisieren (z.B. das Kreuz), eine heilige
    Person symbolisieren (z.B. Statuen von Jesus und
    Maria), eine Beziehung symbolisieren (z.B.
    Hochzeitsringe) usw.
  • Auch sind die verwendete Sprache und
    Verhaltensweisen mit symbolischer Bedeutung
    belegt (z.B. im christlichen Kontext religiöse
    Gesänge, Gebete, Taufe, Kommunion, Beichte).

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Zweck und Zeitpunkt von Ritualen
  • Rituale werden zu unterschiedlichen Zwecken
    durchgeführt,
  • z.B.
  • um Gesundheit, Fruchtbarkeit, Regen, Wachstum der
    Feldfrüchte usw. zu bewirken,
  • um Seelen zu retten, Menschen in andere
    Lebensphasen zu geleiten usw.
  • Auch unterscheiden sich Rituale im Hinblick auf
    den Zeitpunkt der
  • Durchführung
  • Kalendrische Rituale werden regelmäßig
    wiederkehrend saisonal, jährlich, monatlich,
    täglich - durchgeführt (z.B. Sonntagsmesse,
    Erntedank),
  • Krisenrituale werden nach individuellem Bedarf
    oder Bedarf von Gruppen durchgeführt (z.B.
    Beerdigung, Heilung, aber auch vor einer Jagd).

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(2) Theorien zu Religion
  • Verschiedene theoretische Ansätze betrachten die
    universelle Existenz
  • Existenz von Religion im Zusammenhang mit den
    Funktionen von
  • Religion
  • kognitionswissenschaftliche Ansätze ? fokussieren
    die kognitive Funktion von Religion,
  • psychologische Ansätz ? fokussieren die
    psychische Funktion von Religion,
  • soziologische Ansätze ? fokussieren die soziale
    Funktion von Religion.

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Kognitive Funktion
  • auch Erklärungsfunktion
  • Vermittels der Religionen versuchen die
    Menschen, das
  • Unerklärliche zu erklären also
    Phänomene wie Existenz, Krankheit, Tod
    (Warum-Fragen).
  • Die kognitive Funktion wird in unterschiedlichen
    theoretischen Ansätzen
  • propagiert.

16
kognitive Funktion
  • Sir James Frazer (1890, The Golden Bough)
    interessierte sich für die Entwicklung des
    menschlichen rationalen Denkens
  • Ihm zufolge war im Verlauf der
    Menschheitsgeschichte
  • zunächst Magie das Mittel der Menschen, die Welt
    zu kontrollieren,
  • dem folgte der Glaube an übernatürliche Wesen, d.
    h. Religion,
  • schließlich, nachdem die Mängel der vorherigen
    Systeme offenkundig wurden, entwickelte sich die
    Wissenschaft.
  • Hierzu lässt sich kritisch einwenden, dass die
    mit der Vorstellung von klar abgrenzbaren
    Entwicklungsstufen verbundene Erklärung von
    Religion als Vorstufe von Wissenschaft/Rationalitä
    t zu kurz greift
  • So operierten beispielsweise so genannte
    savages z.B. Trobriander nicht nur mit
    Magie, um z.B. ihren Gärten gute Erträge
    abzugewinnen sie kannten sehr wohl Techniken der
    Bodenbearbeitung, setzen magische Praktiken
    hierzu ergänzend ein.
  • In vielen Fällen koexistieren Wissenschaft,
    Religion und Magie.

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kognitive Funktion
  • Andere Theorien
  • Clifford Geertz Für die Gläubigen verschafft
    Religion dem Dasein Bedeutung und hilft, nicht
    normale Ereignisse, die im Widerspruch mit der
    Weltsicht stehen können (z.B. Leid infolge von
    Naturkata-strophen, Kriegen, Ungerechtigkeit)
    einzuordnen und folglich die Welt nicht als
    chaotisch zu erleben.
  • Stewart Guthrie Menschen tendieren dazu, die
    Welt anthropo-morph zu sehen, ihren Erscheinungen
    menschliche Motive, Ab-sichten, Gefühle etc.
    zuzuweisen und anzunehmen, dass ihnen von diesen
    nichts Schlechtes widerfahren wird, wenn sie
    diese Erscheinungen menschlich behandeln (Bsp.
    Mutter Erde).

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Diskussion
  • Zur kognitiven Funktion von Religion und von
    Wissenschaft
  • ? Sind Sie der Meinung, dass in unserer
    Gesellschaft die Wissenschaft der Religion in
    dieser Hinsicht den Rang abgelaufen hat?
  • Oder hat Religion weiterhin eine die
    Wissenschaft diesbezüglich ergänzende Funktion?
    -- oder aber inzwischen eine ganz und gar andere
    Funktion als die Wissenschaft?
  • ? bitte kurz darüber nachdenken und mit den
    unmittelbaren Banknachbar/innen diskutieren!

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Psychische Funktion
  • auch psychische Verstärkungsfunktion
  • Religion hilft den Menschen, mit Furcht,
    Angst, Unsicherheit im
  • Falle von Krankheiten, Unfällen, Tod,
    Missgeschick und Unge-
  • rechtigkeiten umzugehen,
  • aufgrund der Annahme, dass es für persönliches
    oder kollektives Leid einen höheren Grund
    gibt/ein Sinn dahinter steht
  • sowie dadurch, dass Leid durch rituelle Mittel
    kontrolliert oder gelindert werden kann.
  • so argumentiert u.a. B. Malinowski
  • Religion und Magie geben den Menschen Hoffnung
    und Zuversicht in Situationen, in denen sie sie
    trotz großer Anstrengungen erfolglos bleiben.

20
psychische Funktion
  • Andere theoretische Ansätze
  • fokussieren das Bewusstsein der Endlichkeit der
    eigenen Existenz und das Erleben des Todes nahe
    stehender Personen, was Ängste erzeugt, welche
    durch den Glauben an ein Leben nach dem Tod
    reduziert werden.
  • Diesen Ansätzen ist eine ethnozentrische Annahme
    implizit
  • Zwar gehen die meisten Religionen von einem
    Leben nach dem Tod aus, jedoch längst nicht alle!
    Und nicht immer wird das Leben nach dem Tod als
    angenehm vorgestellt (siehe Beispiele im
    Lehrbuch, S. 278).

21
Diskussion
  • Zur psychischen Funktion von Religion
  • ? Ist Religion für die Gläubigen immer psychisch
    entlastend?
  • Oder kann Religion auch psychisch belastend
    sein?
  • ? bitte kurz darüber nachdenken und mit den
    unmittelbaren Banknachbar/innen diskutieren!

22
psychische Funktion
  • Religion ist keineswegs immer psychisch
    beruhigend
  • Bsp. Vorstellungen vom Leben nach dem Tod, das
    ganz und gar nicht paradiesisch ist (Hölle),
  • Bsp. ausgeprägte/s Sündenvorstellungen/-bewusstse
    in.
  • Religion ist zudem häufig der Rahmen für
    mystische Erfahrungen, d. h. tiefe emotionale
    Erlebnisse, Erleuchtungen, Ekstasen, die verbal
    nur unzulänglich mitzuteilen sind in manchen
    Religionen ist das Herbeiführen dieser
    Erfahrungen zentral
  • Bsp. Sufismus,
  • Bsp. Zen-Buddhismus.

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Soziale Funktion
  • auch Unterstützungsfunktion
  • Gemeinsame Glaubensvorstellungen tragen
    zur Kohäsion und
  • Solidarität einer Gesellschaft bei.
  • Religion ist sozial nützlich, da sie gemeinsame
    Wertvorstellungen nahe legt und perpetuiert,
    Normen stützt, Kooperation fördert und so einem
    harmonischen sozialen Zusammenleben zuträglich
    ist,
  • direkt über moralische Vorschriften Gut und
    Schlecht werden definiert und für gute und für
    schlechte Taten ewiger Lohn bzw. ewige Verdammnis
    in Aussicht gestellt
  • indirekt über Rituale Menschen kooperieren in
    der Ausübung von Ritualen, was ihnen
    Gemeinschaftserlebnis und Zusammengehörig-keitsgef
    ühl vermittelt.
  • So argumentiert u.a.Emile Durkheim, frz.
    Soziologe, frühes 20. Jh.,
  • der die Rolle von Religion zur Schaffung sozialer
    Solidarität betonte.

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Diskussion
  • Zur sozialen Funktion von Religion
  • ? Ist Religion in unserer multireligiösen
    Gesellschaft ein Faktor, der zu Solidarität und
    Kohäsion beiträgt? Spielt sie keine Rolle? Oder
    ist das Gegenteil der Fall?
  • ? bitte kurz darüber nachdenken und mit den
    unmittelbaren Banknachbar/innen diskutieren!

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soziale Funktion
  • Nicht alle Religionen formulieren moralische
    Vorschriften und Strafen für Sünder !
  • Nicht alle Religionen harmonisieren
    Gesellschaften, schon gar nicht in
    multireligiösen Situationen (z. B.
    Fundamentalismen).

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Kognitive, psychische und soziale Funktion
  • Die drei Funktionen von Religion schließen sich
    nicht aus, sondern ergänzen sich.
  • Spezifische Religionen unterscheiden sich in der
    Betonung der einzelnen Funktionen
  • Bsp. heutiges Christentum in unserer
    Gesellschaft
  • Hier steht zunehmend die soziale Funktion von
    Religion im Vordergrund. Die psychische Funktion
    ist hingegen im Abnehmen begriffen zwar glauben
    viele Menschen nach wie vor an ein Leben nach dem
    Tod, aber kaum noch an jenseitige Interventionen,
    wie dies in Heiligenkulten angenommen wird. Die
    kognitive Funktion verliert ebenfalls an
    Bedeutung die Erklärung des Zustands der Welt
    nach dem Urknall obliegt inzwischen den
    Wissenschaften.
  • Andere Beispiele
  • Shintoismus in Japan keine nennenswerte
    Morallehre
  • Zen-Buddhismus starke Betonung der psychischen
    Dimension.

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(3) Übernatürliche Erklärungen für Un- glück
  • Zauberei und Hexerei
  • Persönliches Unglück in Form von Tod, Krankheit
    und Unglücksfällen findet in vielen Kulturen
    zweierlei Arten von Erklärung
  • ist eine Folge der Intervention/Strafe
    übernatürlicher Wesen (z. B. Geister, die
    Tabuverletzungen bestrafen, Ahnengeister, die
    Konflikte in der Verwandtschaftsgruppe ahnden)
  • ist eine Folge des Handelns Übel wollender
    Menschen mit besonderen Fähigkeiten und Kräften
    also Zauberei und Hexerei.

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Zauberei und Hexerei
  • Zauberei (sorcery) und Hexerei (witchcraft)
  • ? beides Herbeiführen von Unheil mit
    übernatürlichen Mitteln
  • aber
  • Zauberei (sorcery)
  • ? Durchführung von feststehenden
    Handlungen/Ritualen und Sprechen von
    Zauberformeln mit der Absicht, einer anderen
    Person durch übernatürliche Mittel Unheil
    zuzufügen.
  • Hexerei (witchcraft)
  • ? Einsatz von geistigen Kräften mit der Absicht,
    einer anderen Person durch übernatürliche
    Mittel Unheil zuzufügen.

29
Magie
  • Im Falle der Zauberei ist Magie im Spiel.
  • Magie (magic)
  • ? die direkte Manipulation von Ursache und
    Wirkung zwischen Dingen und Ereignissen, die
    dem außen stehenden, wissen- schaftlich
    orientierten Beobachter als zusammenhanglos
    erscheinen (keine naturwissenschaftliche
    Nachweisbarkeit)
  • ? beruht auf den übersinnlichen Fähigkeiten
    eines Menschen und den übersinnlichen Kräften
    eines Objekts, eine anvisierte Wirkung zu
    erreichen.
  • Dem zufolge ist Magie von Religion, d. h. dem
    Glauben an übernatürliche
  • Wesen, zu unterscheiden Magie braucht die
    letzteren nicht die Wirkung
  • geht direkt vom Menschen aus.

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Religion und Magie
  • Allerdings ist die Differenzierung zwischen
    Religion und Magie ideal-typisch. Realiter sind
    Religion und Magie verwoben
  • Die mit Religion und Magie verbundene Praxis
    zielt darauf, eine vom Menschen erhoffte Wirkung
    herbeizuführen, die der Mensch unter "normalen",
    den Naturgesetzen gehorchenden Umständen nicht
    herbeiführen kann.
  • Als Unterschied wird die Anrufung übernatürlicher
    Wesen durch eine Person (religiöse Praxis) bzw.
    die von einer Person oder durch ein Objekt direkt
    erzeugte Wirkung (magische Praxis) geltend
    gemacht.
  • In der auf das Übernatürliche sich richtenden
    Praxis aller Glaubensgemeinschaften fließen de
    facto jedoch religiöse und magische Handlungen
    ineinander.

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Formen der Magie
  • Im Falle von Magie wird etwas z.B. ein Objekt
    oder eine Handlung mit etwas anderem z.B.
    einem Menschen oder ein Ereignis identifiziert.
  • Man unterscheidet
  • imitative Magie (imitative magic), auch
    nachahmende Magie,
  • Kontaktmagie (contagious magic), auch
    Übertragungsmagie.
  • Diese Unterscheidung geht zurück auf den im Laufe
    des Seminars bereits mehrfach erwähnten Sir James
    Frazer (1890).

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Imitative/nachahmende Magie
  • beruht auf dem Prinzip der Ähnlichkeit oder der
    Vermutung, dass Gleiches wieder Gleiches
    hervorbringt bzw. dass eine Wirkung ihrer Ursache
    gleicht.
  • Ein Objekt wird beispielsweise analog zu einer
    Person gesetzt wenn nun das Objekt manipuliert
    wird so die Annahme , überträgt sich diese
    Handlung auf die Person.
  • Bsp. Voodoo-Puppen Stecken von Nadeln in die
    Puppe, um einen Feind zu verletzen oder zu töten
  • Bsp. Azande, Sudan - kreisrunder Stein, der in
    Astgabeln gelegt wird, um somit den Sonnenlauf
    aufzuhalten und mit der Feldarbeit noch am selben
    Tag fertig werden zu können.

33
Kontakt-/Übertragungsmagie
  • beruht auf dem Prinzip der Berührung oder der
    Vermutung, dass Dinge, die einmal in Kontakt
    miteinander gewesen sind, auch dann weiter
    aufeinander einzuwirken, wenn sie von einander
    entfernt sind und der physische Kontakt
    unterbrochen wurde.
  • Objekte, die in Kontakt mit einer Person
    gestanden haben oder von ihrem Körper stammende,
    abgetrennte Teile können so die Annahme dazu
    verwendet werden, ihr Schaden zuzufügen.
  • Bsp. Manipulation mit Dingen, die zum Körper des
    Opfers gehörten oder mit ihm in Berührung waren
    (Schmuck, Haare, Fingernägel),
  • Bsp. böser Blick (Mittelmeerraum).

34
Magisches Können
  • Magisches Können ist in vielen Kulturen allgemein
    verbreitetes Können, d.h. zumindest
    Grundkenntnisse werden von vielen Personen
    erlernt
  • elaborierte Praktiken werden jedoch meist nur von
    besonderen Personen beherrscht, die diesbezüglich
    irgendeine Form der Ausbildung durchlaufen.
  • Zauberei wird oft eingesetzt, um sich gegen
    Hexerei zu wehren. Dann dient sie zwar der
    Schädigung des Hexers, aber gleichzeitig auch dem
    Schutz des Opfers.

35
Schwarze Magie und weiße Magie
  • Magie wird zudem ihrer Absicht nach unterteilt
    in
  • schwarze Magie ? Zauberei Zufügen von Leid oder
    Unglück
  • weiße Magie ? wohlwollende Magie (Bsp.
    Krankenbehandlung).

36
Hexerei
  • In Bezug auf Hexer/Hexen die im Gegensatz zu
    Zauberern keine Paraphernalia zur Durchführung
    ihrer üblen Absichten benötigen , wird mitunter
    angeführt, dass ihre Kräfte angeboren sind.
  • So kann wie im Falle der Azande (Sudan) die
    Hexereisubstanz im Körper eines Hexers ohne
    seinen Willen und sein Wissen wirken diese
    Substanz verlässt den Körper des nachts, um das
    Fleisch und die inneren Organe der Opfer zu
    verzehren.
  • Weitere Beispiele siehe Lehrbuch, S. 281.

37
Interpretationen von Zauberei und Hexerei
  • In Bezug auf weltweit verbreitete Überzeugungen
    der Existenz von Zauberei und Hexerei und darauf
    bezogene, weltweit verbreitete Anschuldigungen
    gibt es zwei Interpretationsrahmen
  • Interpretationen, welche die kognitive Dimension
    fokussieren,
  • Interpretationen, welche die soziale Dimension
    fokussieren.

38
Fokussierung der kognitiven Dimension
  • Dem zufolge
  • erklären Hexerei und Zauberei persönliche
    Unglücksfälle und Missgeschicke
  • halten Hexer/Hexen und Zauberer/Zauberinnen als
    Sündenböcke für Unerklärliches her bieten die
    Möglichkeit, durch Identifikation, Beschuldigung
    und Bestrafung mit einer Situation persönlichen
    Unglücks/Missgeschicks umzugehen.

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Fokussierung der kognitiven Dimension
  • Zauberei und Hexerei werden häufig als ultimate
    Ursache hinter proximaten/unmittelbaren, nahe
    liegende Ursachen betrachtet, deren
    Natürlichkeit nicht angezweifelt wird
  • Beispiel Azande, Sudan
  • Einstürzen der Getreidespeicher wegen
    Termitenfraß, der Person tötet, die sich in der
    Mittagshitze darunter gesetzt hat
  • Den Azande ist klar, dass Termiten das Holz
    zerfressen haben als nicht natürlich wird das
    Zusammentreffen der Ereignisse betrachtet (warum
    der Speicher gerade in dem Moment einstürzt) ?
    die Koinzidenz wird mit Hexerei erklärt.

40
Fokussierung der sozialen Dimension
  • Dem zufolge
  • unterstützt der Glaube an Hexerei und Zauberei
    Normen und Werte und damit ein harmonisches
    Zusammenleben,
  • Hexer/Hexen und Zauberer/Zauberinnen halten als
    Gegenbild zur normenkonformen Lebensweise her
    die über sie und ihre Untaten erzählten
    Geschichten stützten die Normen (Antithese des
    kulturellen Ideals einer Person)
  • Die Angst, selbst wegen abweichendem oder
    unsozialem Verhalten als Hexer/Hexe oder
    Zauberer/Zauberin verdächtigt zu werden,
    begünstigt Konformität.
  • Hexereianklagen und gerüchte bieten zudem ein
    Ventil für das Ausleben von Aggressionen.

41
Psychische Entlastung
  • Sowohl die Interpretationen, welche die
    kognitive Dimension fokussieren, als auch die
    Interpretationen, welche die soziale Dimension
    fokussieren, problematisieren auch die
    menschliche Psyche
  • Erklärungen für persönliches Unglück oder
    Missgeschick zu haben sowie einer Person dafür
    die Schuld geben zu können, ist psychisch
    entlastend.

42
(4) Formen der religiösen Organisation
  • Klassifikation von Religionen auf der Basis des
    Kult-Konzeptes von Anthony Wallace (1960er
    Jahre)
  • Kult (cult)
  • Der Begriff bezeichnet nicht die oft kurzlebigen,
    durch eine Person (cult leader) propagierten
    Überzeugungen im Rahmen von Sekten
  • sondern
  • ein organisiertes System von Überzeugungen und
    Praktiken, die der Kontrolle oder Verehrung
    bestimmter übernatürlicher Mächte dienen.

43
Kult und Religion
  • Ein Kult verfolgt einen bestimmten Zweck (z. B.
    Fruchtbarkeit, Heilung, Schutz o. ä.).
  • Religionen können eine Vielzahl von Kulten zu
    unterschiedlichen Zwecken beinhalten.
  • Wallace unterscheidet vier Kultformen
  • individualistische Kulte,
  • schamanistische Kulte,
  • kommunale Kulte,
  • ekklesiastische oder kirchliche Kulte.
  • In jeder Gesellschaft findet sich nicht nur
    eine, sondern finden
  • sich immer mehrere dieser Formen !

44
Individualistische Kulte
  • Hier treten Individuen direkt mit übernatürlichen
    Mächten in Kontakt.
  • Jedes Individuum hat eine persönliche Beziehung
    zu einer oder zu mehreren übernatürlichen
    Mächten, die es beschützen
  • von diesen wird dann Beistand erbeten, wenn
    dieser zur Erreichung persönlicher Ziele
    notwendig erscheint.
  • Beispiel
  • Visionssuche (vision quest) der Plains-Indianer
  • unter Entbehrungen Suche nach einem persönlichen
    Schutzgeist, der
  • eine Person im weiteren Leben begleitet.
  • ! In keiner Gesellschaft gibt es ausschließlich
    individualistische Kulte.

45
Schamanistische Kulte
  • Hier haben einzelne Individuen Schamanen oder
    Medizinmänner
  • besondere Beziehungen zu übernatürlichen Mächten
  • sie nutzen diese,
  • um anderen Personen, die sich in Not befinden, zu
    helfen (häufig Krankenheilung)
  • oder, um im Auftrag ihrer Gruppe (Band oder Dorf)
    den Feinden der Gruppe zu schaden.

46
Sibirischer Schamane, 19.Jh.
47
Schamanen
  • sind in einigen Gesellschaften insbesondere in
    Jäger-Sammler-Gesellschaften die einzigen
    religiösen Experten.
  • sind keine Vollzeit-Spezialisten praktizieren
    immer dann, wenn ihre Dienste gebraucht werden,
    wofür sie eine Gegenleistung in Form eines
    Geschenkes oder Geld erhalten ansonsten leben
    sie wie andere Mitglieder ihrer Gruppe auch.

48
Schamanen
  • haben Beziehungen zu Hilfsgeistern, die sie in
    ihrem Tun unterstützen, zu denen sie in
    verändertem Bewusstseinszustand (Trance) Kontakt
    aufnehmen
  • in diesem Zustand, in den ein Schamane durch
    Einnahme von Drogen, rituelle Gesänge,
    rhythmisches Trommeln u.ä. gerät, nehmen die
    Hilfsgeister von seinem Körper Besitz und
    sprechen durch seinen Mund.

49
Schamanen
  • Schamanen erwerben ihre besonderen Fähigkeiten
    auf mehreren Wegen
  • sie lernen bei praktizierenden Schamanen
  • sie unterziehen sich Entbehrungen, z.B. langem
    Fasten, begeben sich in soziale Isolation oder
    andere schwierig zu bewältigende Situationen,
  • sie haben ein Berufungserlebnis, sind z.B.
    unerwartet von einer mysteriösen Krankheit
    heimgesucht worden und dann von ihr genesen,
    wurden von einem Geist, der in ihre Träume drang,
    aufgefordert, sein Sprachrohr zu werden u.ä.

50
Kommunale Kulte
  • Hier treffen sich Gemeinschaften - eine
    Verwandtschaftsgruppe, eine Altersgruppe, ein
    Dorf, eine Kaste u.v.a. - periodisch, um Rituale
    durchzuführen, während derer sie direkt mit
    übernatürlichen Mächten in Kontakt treten, um
    Anliegen der gesamten Gemeinschaft oder einzelner
    Mitglieder vorzubringen.
  • Ritualführer sind entweder die Ältesten der
    Gemeinschaft oder eine Person, die ein besonderes
    Interesse an den Folgen des rituellen Tuns hat
    (keine religiösen Vollzeit-Spezialisten!).
  • Zwei weit verbreitete Arten kommunaler Kulte, die
    Deszendenz-gruppen organisieren, sind
  • Ahnenkulte,
  • Totemismus.

51
Ahnenkulte
  • Ahnenkulten oder Ahnenverehrung
  • Diesen liegt die Annahme zugrunde, dass die
    Seelen der Toten oder Ahnengeister mit den
    Lebenden in Kontakt bleiben insbesondere mit
    ihren Nachfahren und deren Dasein beeinflussen
    können.
  • Diese führen Rituale durch, um zu bewirken, dass
    die Ahnen-geister ihnen wohl gesonnen sind oder
    um sie zu bitten, sie schlicht und einfach in
    Ruhe lassen.
  • Ahnenkulte sind häufig in Gesellschaften
    anzutreffen, in denen die Verwandtschaftsgruppe
    eine wichtige Rolle spielt im Zusammenhang mit
    Entscheidungen, Ressourcenzugang,
    Rollenzuweisung, Verhaltenskontrolle usw.
  • Beispiele Lugbara, Uganda und Ndembu, Zambia
    siehe Lehrbuch, S. 286f.

52
Totemismus
  • Gruppen, häufig unilineale Deszendenzgruppen und
    hier Clane, identifizieren sich mit einem
    bestimmten Wesen aus der Natur oft eine
    Pflanze, ein Tier, eine Naturerscheinung , dem
    so genannten Totem.
  • Der Clan wird dann nach dem Totem benannt (z.B.
    Bärenclan, Sonnenclan).
  • Mitunter bleibt es bei der Namensgebung, manchmal
    kommt jedoch die Annahme der Schicksalsverbundenhe
    it hinzu und entsprechende Bemühungen um das
    Wohlergehen des Totems. Dieses wird dann selbst
    als der Ahne des Clans betrachtet oder man sagt,
    dass es in irgendeiner Weise eng mit seinem
    menschlichen Gründer ver-bunden gewesen sein
    soll.
  • Beispiel Aborigines, Australien siehe
    Lehrbuch, S. 287

53
Ekklesiastische/kirchliche Kulte
  • Hier gibt es religiöse Vollzeit-Spezialisten
    Priester , die zwischen
  • Gläubigen und übernatürlichen Mächten vermitteln
    und in eine
  • Bürokratie eingebunden sind.
  • Charakteristisch für Priester - im Unterschied zu
    Schamanen - ist
  • dass sie Spezialisten sind, die kooperieren, in
    einer Hierarchie organisiert sind und vom Staat
    unterstützt werden
  • dass sie eine lange Lehrzeit durchlaufen - eine
    Voraussetzung, um komplexe Rituale durchführen zu
    können,
  • dass sie häufig kalendrische Rituale durchführen,
    seltener Krisenrituale,
  • dass sie (mit) an der Spitze der
    gesamtgesellschaftlichen Hierarchie stehen,
  • dass es eine deutliche Trennung zwischen
    Priestern und Laien gibt so dass Gläubige in
    der Ausführung ihrer religiösen Pflichten von
    ihnen abhängen, wodurch die Stratifikation einer
    Gesellschaft untermauert wird.

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Priester und Kardinal der katholischen Kirche
55
Ekklesiastische/kirchliche Kulte
  • Oft enge Verbindung zum Staat
  • Diese reicht vom Eintreiben von Kirchensteuern
    durch den Staat (wie
  • in Deutschland) bis hin zur Theokratie (d. h.
    Ausübung der weltlichen
  • Herrschaft durch religiöse Funktionsträger, z.B.
    in Tibet vor der chinesi-
  • schen Invasion oder im Iran).
  • Häufig war/ist die enge personelle Verquickung
    (Bsp. Europa im Mittelalter).
  • Die Priesterschaft ist zwar in vielen Fällen von
    der Herrschaftsschicht getrennt, aber religiöse
    Legitimation für weltliche Herrschaft war/ist
    trotzdem wichtig (Bsp.e mittelalterliches
    Europa, vorkoloniales Indien oder Bali).
  • Viele Rituale dienen dem Wohlergehen der gesamten
    politischen Einheit.
  • Kirchliche Organisationen haben historisch auch
    Aufgaben übernommen, die heute der Staat erledigt
    (Redistribution in Mesopotamien durch Tempel,
    Bevölkerungsregister im vormodernen Japan durch
    buddhistische Klöster) und übernehmen sie
    vielfach auch heute bzw. kooperieren mit
    staatlichen Organen (Bsp. Krankenhäuser unter
    kirchlicher Trägerschaft in Deutschland).

56
Hauptmerkmale der vier Kultformen
  • Nutznießende rituelle Führung
  • individualistische Kulte Individuen individuell,
    keine Experten/Spezialisten
  • schamanistische Kulte Individuen Schamanen
    Experten, keine Vollzeit-Spezialiste
    n
  • kommunale Kulte Gemeinschaft Älteste oder
    be- und einzelne stimmte Individuen
  • Mitglieder keine Vollzeit- Spezialisten
  • kirchliche Kulte Gemeinschaft Priester
    Vollzeit- Spezialisten

57
Diskussion
  • Zur Koexistenz der vier Kultformen
  • ? Können die vier Kultformen auch innerhalb
    derselben Religion und Gesellschaft auftreten?
    Wie sieht es z. B. im Christentum aus?
  • ? bitte kurz darüber nachdenken und mit den
    unmittelbaren Banknachbar/innen diskutieren!

58
Koexistenz der vier Kultformen
  • Beispiel Christentum
  • Hier existieren alle vier Kultformen
  • individualistisch persönliches Gebet, Anrufung
    von Heiligen,
  • schamanistisch Heilungen oder Exorzismen durch
    Priester (marginal, aber vorhanden),
  • kommunal Gebete der Familie am Familiengrab
    u.a.,
  • ekklesiastisch sonntägliche Gottesdienste
    u.a.

59
(5) Revitalisierungsbewegungen
  • Die bisherige Diskussion von Religion betraf
    Gesellschaften, die sich nur langsam wandeln.
  • In schnell sich wandelnden Gesellschaften gibt es
    zudem so genannte Revitalisierungsbewegungen
  • Revitalisierung Wiederbelebung
  • Ziel Schaffung einer neuen Lebensweise, welche
    die derzeitige ersetzen soll, die durch
    inakzeptable Bedingungen gekennzeichnet ist.

60
Auftreten von Revitalisierungsbewegungen
Rahmenbedingungen
  • Revitalisierungsbewegungen kommen meist in
    Gesellschaften vor, in denen folgende Faktoren
    zusammen treffen
  • rapider Wandel mit kultureller Verunsicherung
    oft infolge des Zusammentreffens mit Menschen,
    Kulturen, Objekten anderer Herkunft
  • Fremdherrschaft und dadurch verursachte
    Minderwertigkeits-gefühle
  • die Wahrnehmung relativer Deprivation, d.h. das
    Menschen meinen, dass sie im Vergleich zu den
    Mächtigen arm, macht- und wertlos sind.
  • ? Dies ist häufig in kolonialen Situationen der
    Fall ? hier viele Fallbeispiele.

61
Revitalisierungsbewegungen
  • Revitalisierungsbewegungen beginnen häufig mit
    dem Auftreten eines Propheten, der behauptet,
    eine Offenbarung gehabt zu haben und deren
    Inhalte verbreitet
  • schließt meist Diagnose (was ist falsch) und
    Therapie (wie kann man es verbessern) ein
  • die Prophezeiungen sind oft apokalyptisch, d. h.
    sie kündigen weit reichende Weltzerstörung an,
    der nur die Gläubigen entgehen werden
  • Revitalisierungsbewegungen sind oft
    synkretistisch, d. h. sie verschmelzen
    traditionelle Elemente mit neuen Elementen.
  • Viele Revitalisierungsbewegungen verschwinden
    wieder aber einige münden mitunter in formalen
    Kirchen, die Tausende, wenn nicht Millionen
    Mitglieder haben.

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Cargo-Kulte, Melanesien
  • Cargo-Kulte
  • cargo Frachtladungen/Reichtümer der
    Kolonisatoren , die per Schiff oder Flugzeug
    kamen, blieben den Einheimischen, die
    Reziprozität gewohnt waren, vorenthalten,
  • Cargo-Kulte richteten sich auf den Erwerb dieser
    Güter, von denen man annahm, dass sie von den
    Göttern der Weißen gesandt wurden,
  • dies war durch Rituale zu erreichen, die bewirken
    sollten, dass man Wohlstand in Form reichlicher
    Ladungen von neueren europäischen Gütern
    erlangte.
  • Viele unterschiedliche Formen! ? Beispiele s.
    Lehrbuch, S. 289f.

63
Revitalisierungsbewegungen Weitere Beispiele
  • Nordamerikanische Indianer
  • Handsome Lake, Seneca, State of New York, 1799
    ff. ? christliche Lehre zur Revitalisierung der
    alten Lebensweise ? siehe Lehrbuch S. 290
  • Peyote-Religion, Kiowa, Comanche, Apache u.a.
    insgesamt 19 Gruppen in Oklahoma, Ende 19. Jh. ?
    Gebrauch von Peyote, um mit christlichem Gott zu
    kommunizieren ? siehe Lehrbuch S.291

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Revitalisierungsbewegungen
  • Revitalisierungsbewegungen geraten nicht selten
    in Konflikt mit ihrer Umgebung, sind dort häufig
    als Sekten/cults verschrien.
  • Beispiel Jim Jones und Peoples Temple
  • Der protestantische Erweckungsprediger Jones
    gewann Anhänger unter
    Schwarzen und in der US-amerikanischen
    Unterschicht, scharte diese um sich, gründete in
    Kalifornien die Kommune Peoples Temple
  • die Mitglieder zogen wegen ständiger Konflikte
    mit Nachbarn, Verwandten der Mitglieder und dem
    Staat nach Guayana, wo sie Jonestown gründeten
  • ein Jahr später, 1979, ordnete Jim Jones zunächst
    die Ermordung kritischer Besucher und dann den
    Selbstmord fast aller der über 900 Mitglieder an.

65
Revitalisierungsbewegungen
  • Einige Revitalisierungsbewegungen erreichen mit
    der Zeit gesell-schaftliche Etablierung
  • z. B. als politische Bewegung oder Partei ? viele
    Cargo-Kulte,
  • z. B. als Kirchen ? die Bewegung von Handsome
    Lake wurde zur Kirche Old Way of Handsome Lake,
    die Peyote-Religion wurde zur Native American
    Church (deren Mitglieder als einzige legal Peyote
    konsumieren dürfen!).
  • ! Auch Weltreligionen wie Judentum, Christentum,
    Islam oder Buddhismus haben als
    Revitalisierungsbewegungen begonnen !

66
  • Zur nächsten Stunde Kapitel 16 des Lehr-
  • buchs (Seiten 317-344) lesen !
  • ? Globalization
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