Title: Globalisierung: Besch
1Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
Université Louis Pasteur Strasbourg
Année universitaire 2004/2005
Conférences en allemand sur léconomie européenne
- Prof. Dr. Harald Hagemann
- Lehrstuhl für Wirtschaftstheorie
- Universität Hohenheim
2Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- By some measures, the world in 1914 was more
integrated than in the 1990s and that railways,
steamships, and the telegraph were far more
revolutionary than satellite links, the Internet,
and other current wizardy. What is different is
that globalization in the 19th century was driven
mainly by transport costs, whereas now it is
being driven by plunging communication costs
which make much deeper international integration
possible. - (Economist, 28.09.1996, Mokyr S. 37)
3Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- 1793 1815 Napoleonisches Zeitalter
- 1914 1945 1./2. Weltkrieg, Weltwirtschaftskrise
- (Ausnahme Japan)
- In vielerlei Hinsicht war die Weltwirtschaft auf
dem Höhepunkt des Goldstandards vor Ausbruch des
1. Weltkriegs stärker integriert als um ca. 1950. - 1850 1914 Migration von ca. 10 der
Weltbevöl- kerung
Abnahme des internationalen Handels
4Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
Rodrik, Grenzen der Globalisierung (2000), S. 15
5Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- Neue Technologien als Motor der Globalisierung
- in der 2. Hälfte des 19. JH Eisenbahnen und
Dampfschiffe - Senkung der Transportkosten
- zusätzliche Impulse durch Freihandel (1846
endgültige Abschaffung der Kornzölle in GB) - im späten 20. JH Informations- und
Kommunikationstechnologien - Senkung der Kommunikationskosten
6Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- Starke Auswirkungen von Handel und Migration auf
die Einkommensverteilung - Williamson belegt, dass in der Zeit vor dem 1.
Weltkrieg die Globalisierung in reichen Ländern
mit einem knappen Arbeitskräfteangebot (USA,
Argentinien, Australien) zu mehr als 50 für die
zunehmende Ungleichheit verantwortlich war,
während in armen, mit großem Arbeitsangebot
ausgestatteten Ländern (Schweden, Dänemark,
Irland) die Globalisierung / Auswanderung zu mehr
als 25 für die abnehmende Ungleichheit
verantwortlich zeichnete. - Festlegung von Einwanderungsquoten durch
arbeiterfreundlichen Kongress - J. Williamson (1995), Globalisation and
Inequality Then and Now The Late 19th and Late
20th Centuries Compared, NBER WP 5491
7Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- Unterschiede der Globalisierung im späten 19. und
im späten 20. Jahrhundert - Im späten 19. JH keine großen Unterschiede zw.
der Mobilität der Arbeit und des Kapitals. - Die Asymmetrie des mobilen Kapitals (physisch,
human und vor allem finanziell) sowie relativ
immobiler Arbeit ist ein neues Phänomen. - Im 19. JH vorrangig Außenhandel zwischen
nicht- konkurrierenden Produkten wie Rohstoffen
und verarbeiteten Gütern, heute viel stärker bei
handel- baren, konkurrierenden Gütern. - Veränderte beschäftigungs- und sozialpolitische
Ver- antwortung der Regierung.
8Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- Seattle-Proteste gegen WTO-Meeting Herbst 1999
- Weltwirtschaftskrise 1930er Jahre
- Beggar-my-neigbour-policy Abwertungswettlauf,
Handelsbarrieren - Bretton Woods (New Hampshire) Juli 1944
- IMF Internationaler Währungsfonds
- Weltbank International Bank for Reconstruction
and Development (nach 1990 EBRD European Bank
for Reconstruction and Development (London),
Transition Report) - Joseph E. Stiglitz war von 1995 1999 Chefökonom
der Weltbank
9Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- 01.01.1948 GATT General Agreement on Tariffs and
Trade (Genf 1947) - Seit 1995 WTO Welthandelsorganisation
- Rules of conduct for international trade
relations - Forum für die Lösung von Handelsproblemen
(kriegen), z. B. zwischen EU und USA, oder
Industrie- und Entwicklungsländern. - Prinzipien der Nichtdiskriminierung und
Reziprozität erlaubt Zölle nicht erlaubt
Importquoten - Meistbegünstigungsklausel
- Kontroverse Diskussion in den USA 1999/2000 über
WTO-Beitritt Chinas (2001)
10Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- Ricardos Theorem der komparativen Kosten
- Heckscher-Ohlin oder Faktorproportionen-theorem
- Land A mit viel Arbeit (wenig Kapital)
konzentriert sich auf Herstellung
arbeitsintensiver Produkte, - Land B mit viel Kapital (wenig Arbeit) auf
Herstellung kapitalintensiver Produkte. - Ausgleich der Faktorpreise auch bei Immobilität
der Faktoren allein durch freien Güteraustausch
zu erreichen. - Löhne in Land A (B) steigen (sinken) gegenüber
dem Autarkiezustand, d. h. Lohndifferenzen werden
abgebaut.
11Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- Annahmen Produktionsfunktionen und
Nachfrage- strukturen gleich - Ohlin Faktorpreisausgleich unvollkommen
- Samuelson Faktorpreisausgleich vollkommen, wenn
keine Zölle und Transportkosten - Stolper-Samuelson-Theorem
- Zoll kann Einkommensverteilung zugunsten des
knappen Faktors verändern - (z. B. Kornzölle im Interesse der Bodenbesitzer)
12Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- Leontief-Paradox
- Arbeitsgehalt der US-Exporte war größer als der
der US-Importe, obwohl USA das am reichlichsten
mit Kapital ausgestattete Land ist. - Heterogenität der Arbeit!
- (Vergleich mit Vintage-Modellen Heterogenität
des Kapitals) - US-Exporte sind skill intensive (Flugzeuge,
wissen-schaftliche Instrumente, Software, etc.) - US-Importe sind weit weniger skill intensive
(Textilien, Spielzeug, etc.)
13Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- Werden Eure Löhne in Peking (Warschau) gesetzt?
(Freeman 1995, Brücker 2001) - Wirkungen der Globalisierung bzw.
EU-Osterweiterung - Sinkende Nachfrage nach gering qualifizierten
Arbeits-kräften in USA/Westeuropa in den 1980er
und 1990er Jahren (? wachsende Ungleichheit/Lohnsp
reizung in den USA, höhere Arbeitslosigkeit in D).
14Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- Die Verelendung der Geringqualifizierten kann
gemäß Freeman nicht allein auf den Außenhandel/
die Globa-lisierung zurückgeführt werden, da die
entsprechende Arbeitsnachfrage auch in Sektoren
mit non-tradables zurückgegangen sei. - Betonung der Bedeutung arbeitsparender neuer
Technologien - Trade matters, but it is neither all that
matters nor the primary cause of observed
changes. (S. 30) - Problematik des Was wäre gewesen wenn (nicht)
bei sogenannten Factor Content-Studien.
15Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- Außerhalb der Heckscher-Ohlin-Theorie lassen sich
zusätzliche Mecha-nismen aufzeigen, über die der
Handel mit Entwicklungsländern den
Qualifikationsbonus anhebt. Wood (1994) etwa
argumentiert zu-gunsten einer weitaus größeren
Bedeutung des Handels auf Grundlage zweier
zentraler Annahmen. Die erste Annahme ist, dass
die Import-konkurrenz viele Aktivitäten, die
wenig qualifizierte Arbeitskraft ent-halten, und
die sonst in den fortgeschrittenen Ländern
angesiedelt geblieben wären, vom Markt verdrängt
hat. Berechnungen des impli-zierten Faktorinhalts
des Handels, die nur die bestehenden
Faktor-proportionen in den verbliebenen, mit
Importen konkurrierenden Aktivitäten betrachten,
unterschätzen daher den Rückgang der Nachfrage
nach unqualifizierter Arbeitskraft als Folge des
internationalen Handels. Zweitens nimmt Wood an,
dass die Import-konkurrenz aus dem Süden den
arbeitssparenden technischen Wandel im Norden
vorangetrieben hat. Zumindest einige der
technischen Innovationen, die viele Ökonomen für
den Qualifikations-bonus verantwortlich gemacht
haben, könnten vom internationalen Handel selbst
ausgelöst worden sein. - (Rodrik, Grenzen der Globalisierung (2000), S.
23f.)
16Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- Die meisten Arbeiter in der Fertigung dauerhafter
Güter sind Schulab-brecher oder Absolventen einer
normalen Schulausbildung. Diese Arbeiter haben in
der Regel einen Anteil an den Renten ihrer
Industrie in der Form von Lohnaufschlägen
Arbeiter in Industrien mit höheren Renten
beziehen höhere Lohnaufschläge. Wenn ausländische
Unter-nehmen in den (heimischen oder
ausländischen) Markt eindringen, auf dem die
heimischen Firmen über substantielle Marktmacht
verfügen, eignen sie sich Renten an, die
anderweitig an die heimische Industrie gehen
würden. Dieser Markteintritt erhöht die relativen
Löhne der Hochschulabsolventen in zweierlei
Weise. Weil die Renten der heimischen Firmen
gesunken sind, sinkt erstens der Lohnaufschlag
der Arbeiter, die in diesen Industrien verblieben
sind. In dem Maße, in dem die ausländische
Konkurrenz zweitens die Beschäftigung in den
konzen-trierten Industrien verringert, müssen
viele Arbeiter in schlechter ent-lohnte
Tätigkeiten des Konkurrenzsektors der
Volkswirtschaft abwan-dern. Insgesamt fällt der
Lohn der schlechter ausgebildeten Arbeiter im
Vergleich zu dem der Hochschulabsolventen. - Borjas, Ramey (1995)
17Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte)
Gewinner und Verlierer der Globalisierung
- Langfristig (Vorteilhaftigkeit) versus
kurzfristig (z. T. Verlierer) - USA/Westeuropa versus Schwellen/Beitrittsländer
- Druck der Globalisierung
- Niedrigere Löhne, Armutsprobleme (USA, GB)
- Beschäftigungsprobleme (D)
- Die Globalisierung verstärkt auch den Druck zur
Umverteilung der Steuerlast von den mobilen zu
den immobilen Faktoren eines Standorts. - Hoch versus gering Qualifizierte
- Lebenslanges Lernen, Humankapitalbildung
einige immer unten auf der Qualifikationsleiter
18Globalisierung Beschäftigungs- und
Verteilungseffekte
- Regionale Unterschiede
- z. B. auch in EU-Beitrittsländern
- Prag, Budapest, Warschau versus ländliche
Regionen, westliche versus östliche Regionen - Westpolen versus Ostdeutschland
- Nordmexiko versus Südmexiko
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- Globalisation is political, technological and
cultural as well as economic. - A. Giddens (2002), Runaway world How
globalisation is reshaping our lives, S. 10