Title: Repertorium zur Vorlesung Musikgeschichte von der fr
1Repertorium zur VorlesungMusikgeschichte von der
frühen Neuzeitbis zur AufklärungOper und
Oratoriumvonca. 1600 bis 1800
2- Von Jacopo Peri
- zu
- Claudio Monteverdi
3Wiederholung
4- Sprechtheater und Musiktheater
-
- Kongruenzen und Differenzen
5Sprechtheater vs. Musiktheater
- Kongruenzen
- Handlung/Plot ist nötig
- Dramatischer Aufbau
- Personaggi
- Teilung in Akte und Szenen
- Personenführung
- Dramatische Momente / Effektszenen
- Beide Dramenformen bauen auf der Sprache auf
6Sprechtheater vs. Musiktheater
- Differenzen
- musikal. Textvortrag benötigt mehr Zeit
- Textwiederholungen sind im Gesang üblich
- -gt Kürzere, komprimierter Text in der Oper
- keine gesungenen Diskurse
- Retardierendes Moment der Arie bzw. der
Instrumentalteile (was macht in der Zwischenzeit
die/der SängerIn?) - Musik als weitere affekthafte / dramaturgische
Komponente sui generis
7Sprechtheater vs. Musiktheater
- Fazit Das Musiktheater benötigt eine eigene
Dramaturgie. - Der Librettist ist genauso wichtig für das
Gelingen der Oper als Kunstwerk wie der Komponist!
8Peri - Euridice
- Schwächen der Konzeption bei Peri/Rinuccini
- Es wird zu viel berichtet, zu wenig dargestellt
- Damit werden wichtige dramatische Szenen
verschenkt - Tod Euridices, Klage des Orfeo, Gesang vor Caron
etc. - Ingesamt zu wenig Handlung -gt Statik
- Der Handlung fehlt eine klare Wendung und ein
packendes Ende
9Euridice Szenenfolge
- Scena I Hirten und Nymphen bekränzen
- Euridice
- Scena II Unglücksnachricht der Dafne
- Scena III Arcetro berichtet über Orpheus
- Klage
- Scena IV Orpheus in der Unterwelt vor
- Pluto und Proserpina
- Scena V Bericht vom glücklichen Ausgang
- Orpheus und Euridice treten auf
10Bau/Vertonung des Botenberichts
- Kontrast Freude Schrecken
- Beginn im Stil der Scena I
- Strophenarie d. Tirsi Blockflöten
- Dann Einsatz der Botin Dafne mit
- b-Molle Lassa ach in T. 214
- Wechsel des harmonischen Genus
- Seufzer-Gestik
- Verminderte Intervalle b-e (T. 229, 401), b-h
(T. 389), cis-f (T. 411) - Vorhalte es-f (T. 329f, 376f)
- Querstand g-gis T. 355f
11Bau/Vertonung des Botenberichts
- Dramaturgische Schwächen
- Die Botschaft Dafnes bleibt zunächst völlig
unbestimmt - Sehr langer Bericht, bis Dafne auf den Punkt
kommt - Vom ersten Lassa bis zum Abschluss der
Nachricht benötigt Dafne beinahe 200 Takte! - Dem Bericht fehlt so das Zupackende
12Bau/Vertonung des Botenberichts
- Auch dieser Abschnitt wird durch einen Chor
beendet. - Entsprechend dem Inhalt der Scena findet sich
Seufzer-Gestik (Monodie), b-Molle und gerades
Metrum.
13Orpheus in der Unterwelt
14Orpheus in der Unterwelt
- Orpheus beginnt erst in der Unterwelt wirklich zu
singen - Die musikalischen Mittel bleiben im Wesentlichen
dieselben Verminderte Intervalle, unaufgelöster
Vorhalt (T. 119f), Chromatik (T. 240) - Pluto und Proserpina zeichnen sich durch
langsamere Deklamation aus
15- Claudio Monteverdi
- lOrfeo
- Von der Fabel zur Oper
16- Claudio
- Monteverdi
- Bild v. Bernardo
- Strozzi (158-1644)
17Claudio Monteverdi
- getauft 15. Mai 1567 in Cremona
- gest. 29. November 1643 in Venedig
- Unterricht bei Marcantonio Ingenieri
- 1582 Sacrae Cantiunculae a 3 voci
- 1590-1612 am Hofe der Gonzaga in
- Mantua, ab 1601 Kapellmeister
- Ab 1613 Kapellmeister an S. Marco in Venedig
18- Frontispiz
- des Erst-
- drucks von
- 1609
19Monteverdi lOrfeo
- Libretto Allessandro Striggio (1573-1630)
- Uraufführung 24. Februar 1607
- Zum 21. Geburtstag des Herzogs
- Francesco IV. Gonzaga im herzoglichen
- Palast zu Mantua.
- Die Aufführung wurde von der Accademia
- degli Invaghiti (Akademie der Vernarr-
- ten oder Verliebten) initiiert.
20Monteverdi lOrfeo
- Palazzo
- Ducale,
- Mantua,
- 14. bis
- 17. Jh.
21Monteverdi lOrfeo
- Prolog - Die Musica besingt ihre Macht
- Atto I - OrfeoEuridice, Hirten, Nymphen
- im Hochzeitsjubel
- Atto II - Todesnachricht Euridices
- Atto III - Orfeo in der Unterwelt. Mit seinem
- Gesang schläfert er Caronte ein.
- Atto IV - Orfeo kann Euridice befreien.
- Katastrophe Orfeo dreht sich um
- und verliert Euridice endgültig.
- Atto V - Os Lamento. Er sagt aller Frauen-
- liebe ab. Apoll erhebt ihn i. d. Himmel
22Peri Euridice Szenenfolge
- Scena I Hirten und Nymphen bekränzen
- Euridice
- Scena II Unglücksnachricht der Dafne
- Scena III Arcetro berichtet über Orpheus
- Klage
- Scena IV Orpheus in der Unterwelt vor
- Pluto und Proserpina
- Scena V Bericht vom glücklichen Ausgang
- Orpheus und Euridice treten auf
23Monteverdi lOrfeo
- Das Libretto von A. Striggio ist dramaturgisch
- überzeugender als dasjenige Rinuccinis
- die Todesnachricht bricht mitten ins Geschehen
ein - Atto III bildet eine Peripetie Orfeo ist das
Unmögliche gelungen in der Unterwelt anzukommen - Atto IV bietet Befreiung und Katastrophe zugleich
gt dramatische Verdichtung - Atto V ideales und damit angemessenes Ende.
24Monteverdi lOrfeo Personaggi
- La Musica allegorische Person des Prologs
- Orpheus sagenhafter thrakischer Sänger
- Euridice Bergnymphe, Frau des Orpheus
- Coro di Ninfe, e Pastori
- Speranza Hoffnung, allegorische Figur
- Caronte Fährmann über den Acheron (Styx)
- Proserpina Göttin der Unterwelt
- Pluto Gott der Unterwelt
- Apolloe Gott der Musen, des Lichts, der
- Mäßigung usw.
25Monteverdi lOrfeo - Stromenti
- Duoi Grauicembani
- Duoi contrabassi de Viola
- Dieci Viole da brazzo
- Un Arpa doppia
- Duoi Violini piccoli alla Francese
- Duoi Chitaroni
- Duoi Organi di legno
- Tre bassi da gamba
26Chitaronne
Viola da gamba
Arpa doppia
27Monteverdi lOrfeo - Toccata
- Fünfstimmiger Blechbläsersatz
- Clarinstimme Quintus, Altus, Vulgano, Bassus
und Pauken - In der Regel wurde dieser Satz von den Spielern
frei improvisiert - Verwendung fand er als Herrscher-Fanfare gt
Öffentlichkeit - Das Neue und Ungewöhnliche ist, dass Monteverdi
die Fanfare überhaupt notiert. - Wiederverwendung in der Marienvesper 1610
28Monteverdi lOrfeo - Prolog
- Der Text des Prologs
- 1. Musica kommt vom Parnass, dem
- Apollon geweiht, Berg der Musen
- 2. Die Macht der Musik Wecken der
- Affekte im Menschen
- 3. Musica humana musica caelestis
- 4. Orpheus als Thema der Oper
- 5. Alles ge-horcht der Musica
29Monteverdi lOrfeo - Prolog
- Die Vertonung des Prologs
- Ritornell für 5stg. Streichersatz
- Monteverdi komponiert kein Strophenlied,
sondern vertont jede Strophe individuell - Die Singstimme ist dabei ganz vom Textinhalt her
gestaltet und - Am Sprachgestus orientiert.
30Monteverdi lOrfeo - Prolog
- Momente der Textausdeutung
- absteigende Linie a voi ne vegno
- dolci accenti b-molle
- tranquillo Pause
- turbato core Punktierung
- posso infiammar durch Überlänge und Punktierung
betont
31Monteverdi lOrfeo - Prolog
- le più gelate menti dargestellt durch
Tonrepetition und cis h - Stillstand der letzten Strophe bei augellin,
né soda etc. durch von Pausen durchbrochene
Stimme dargestellt - sarresti - stillestehn durch Halteton und
fehlende Finalis der Kadenz
32Monteverdi lOrfeo - Prolog
- Dennoch gelingt Monteverdi, durch das
harmonische Modell der ersten Takte d a g(b)
Halbschluss bzw. d in der Singstimme und
Abstieg zum a über eine a-mi-Kadenz etc., eine
musikalisch formale Einheit zu gestalten. - Nur die II. Strophe weicht ab.
33Raffael (1483-1520), der Parnass 1510/11
34Monteverdi lOrfeo Atto I
- Gegenüber Peri wesentlich beweglichere
Stimmführung - -gt deutlich rezitativisch
- Der Chor wird nicht wie bei Peri ans Ende der
Scena versetzt (vgl. att. Tragödie), sondern
steht mit den Solisten gewissermaßen im Dialog - Auflockerung der Szene
- Einbeziehung d. Hochzeitsgesellschaft auf der
Szene
35Monteverdi lOrfeo Atto II
- Dramaturgie und Affekt
- Die Schreckensbotschaft
36Monteverdi lOrfeo Atto II
- Grundsätzliches
- Wie bei Peri wird der Tod Euridices berichtet
- Die Schreckensbotschaft bricht in die Idylle ein
(dramaturgische Begründung für den Bericht) - Monteverdi gelingt eine Szene von wesentlich
höherer Dramatik
37Monteverdi lOrfeo Atto II
- Konkretes
- Die Botin benötigt bei Monteverdi 39 Takte der
Edition, um den Tod Euridices mitzuteilen, bei
Peri 200. - Sie setzt mit einem Schreckensruf auf dem Hochton
e ein (bei Peri b) - T. 136 acerbo (bitter) frei einsetzendes gis
gegen A im Bass, T. 138 d gegen Gis
38Monteverdi lOrfeo Atto II
- sehr bewegter Sprachgestus
- T. 138 völlig aus dem Rhythmus
- -gt Entsetzen der Botin
- direkte Anrede d. Botin an Hirten/Orfeo
- lasciate il canto a te ne vengo Orfeo
- (bei Peri sehr viel allgemeiner)
- eigentlicher Bericht in acht Takten, unterbrochen
von Reaktionen Orfeos - T. 167f b gegen !
- Tod Generalpause
39Monteverdi lOrfeo Atto II
- Auch der eigentlich Bericht des Vorgangs ist
kürzer und konzentrierter als bei Peri/Rinuccini - Bemerkenswert ist die Darstellung von Euridices
Tod - Hervorheben ihres Orfeo-Rufs ()
- Dann absteigende Linie (b! g-cis) über eine
Oktave - teilw. chromatisch (T. 195)
- ed io rimasi bewegungslos auf d
40Monteverdi lOrfeo Atto II
- Zusammenfassung
- Monteverdi und Striggio gelingt ein drama-
- turgisch wesentlich besseres Stück
- konzentrierte Handlung
- actio und re-actio der handelnden Personen auch
im Bericht - beweglicheres, sprachnaheres Rezitativ
- Intensiverer musikalischer Ausdruck
41Monteverdi lOrfeo Atto III
42Monteverdi lOrfeo Atto III
- Monteverdi/Striggio nutzen das Zusammentreffen
von Orfeo und Caron, um die Macht der Musik dar-
zustellen - Monteverdi gibt eine detaillierte
Instrumentierung vor - Bereits der Abstieg des Orfeo am Ende des Atto II
wird durch eine Unterwelts- - sinfonia markiert
43Monteverdi lOrfeo Atto III
- Gegenüberstellung der Sphären in der
Instrumentierung - Hades Cornetti (Zinken), Posaunen, Regal (Orgel
mit Schnarrregister) - Musica/Orfeo Violinen, Arpa doppia, Chitaronne,
Orgel
44Monteverdi lOrfeo Atto III
- Monteverdi nimmt damit Traditionen auf
- Posaunen sind klassische Instrumente der
Sakralmusik, auch bes. des Requiems - Violine, Harfe bzw. Chitaronne sind Orpheus
zugeordnet
45Monteverdi lOrfeo Atto III
- Monteverdi nutzt den kompletten dritten Akt, um
die Macht der Musik darzustellen, indem Orfeo mit
seinem sowohl instrumental als auch vokal
virtuosen Gesang Caron letztlich zum Einschlafen
bringt und der Weg in den Hades somit frei ist. -
46Monteverdi lOrfeo Atto III
- Dies ist dramaturgisch günstiger als bei Peri,
wo Orfeo faktisch auf keine Hindernisse stößt.
47Monteverdi lOrfeo Atto IV
48Monteverdi lOrfeo Atto IV
- Aufgrund der Fürsprache Proserpinas und der
soavemente lamentarsi den ergreifenden Klagen
erhält Orfeo Euridice zurück - Unter der bekannten Bedingung Er darf sich nicht
umdrehen. - Striggio und Monteverdi ergreifen die
Gelegenheit, auch den Rückweg und damit die
Katastrophe zu schildern.
49Monteverdi lOrfeo Atto IV
- Der Rückweg wird mit einer heiteren Arie bzw.
Strophenlied eröffnet - Orfeo singt drei gereimte Strophen in
regelmäßigen Achtsilbern - Die Ritornelle der Violinen unterstreichen den
heiteren Affekt - Der laufende Bass in Vierteln evoziert das Bild
des zur Oberwelt eilenden Orfeo mit Euridice im
Rücken - -gt Bewegungsmoment der Musik
50Monteverdi lOrfeo Atto IV
- Als Orfeo zweifelt ab Schluss T. 101 bleibt
der laufende Bassus liegen - Die Musik evoziert, was das Libretto nicht sagt
Orfeo ist stehen geblieben - T. 119 Ausdruck des Furors durch die
Deklamation in 16teln - Als sich Orfeo umblickt, spielt nur noch die
Orgel - io pur seh ich es zu früh als unvor-
- bereitete Dissonanz gegen d der Orgel
51Monteverdi lOrfeo Atto IV
- Dann Pausen des Erschreckens
- Reaktion Euridices
- Falsche Relationen T. 126 e in b-molle
- Chromatik es-e ebd.
- T. 128 fis gegen G, nicht korrekt aufgelöst,
Dissonanz bleibt in der Pause hängen - T. 127 a-es T. 129f d-gis, dieses gegen f im
Generalbass
52Monteverdi lOrfeo
- Zusammenfassung
- nur sieben Jahre nach der Euridice von
Peri/Rinuccini gelingt Monteverdi und Striggio
mit dem Orfeo ein Werk von höchster
dramaturgischer Qualität - Das Libretto dramaturgisch besser aufgebaut
- Die Szenen knapper und komprimierter
- Die Musik affekthafter, dramatischer
53Monteverdi lOrfeo
- Damit ist es sicher nicht zuviel gesagt,
- wenn man behauptet, dass Monteverdi
- mit dem Orfeo das erste Musiktheater
- im eminenten Sinn gelungen ist.
54(No Transcript)