Title: Vortrag Carsten
1Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das lukanische Doppelwerk I Zur
Zusammengehörigkeit von LkEv und Apg
- Das LkEv hat unter den Evangelien insofern eine
Sonderstellung, als es das erste Buch eines
zweiteiligen Werkes ist Die Apg stammt
zweifelsfrei vom selben Autor. gt - Dass der Verfasser sein Werk von vornherein in
zwei Teilen konzipiert hat, kann man durch zwei
Beobachtungen begründen
- Lk hat bei der Abfassung des Evangeliums sein
zweites Werk bereits im Auge. Im Prozess gegen
Jesus lässt er das Tempelwort Mk 14,58 aus, weil
er es in der Stephanus-Tradition verwendet. Das
Streitgespräch über rein und unrein (Mk 7,1-23)
übergeht er mit Rücksicht auf die Erzählung in
Apg 10, wo Petrus in einer himmlischen Vision
erfährt, dass es keine unreinen Speisen gebe
(angewandt auf die Frage der Heidenmission). - Das Vorwort des LkEv hat wahrscheinlich bereits
die Apg mit im Blick. Die Diener des Wortes
beziehen sich auf die urkirchlichen Verkündiger,
von deren Wirken die Apg erzählt. Mit den
Ereignissen, die sich unter uns erfüllt haben,
ist auch auf die Zeit der Kirche angespielt, die
für Lk ebenfalls Erfüllungszeit ist. Er nimmt
hier nicht speziell auf das Wirken Jesu Bezug. gt
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2Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das lukanische Doppelwerk II Aufbau des LkEv
- Vorwort (1,1-4)
- Vorgeschichte Kindheitsgeschichte und
Vorbereitung des Wirkens Jesu (1,5-4,13) - 1,5-2,52 Empfängnis und Geburt Johannes des
Täufers und Jesu - 3,1-4,13 Vorbereitung des Wirkens Jesu
Auftreten des Täufers, Taufe Jesu, Stammbaum,
Versuchung Jesu - 1. Hauptteil Das Wirken Jesu in Galiläa
(4,14-9,50) - 4,14-5,16 Beginn des Wirkens Jesu
- 5,17-6,11 Galiläische Streitgespräche
- 6,12-9,50 Weitere Verkündigung Jesu in Wort und
Tat - 2. Hauptteil Jesus auf dem Weg nach Jerusalem
(9,51-19,27) - 9,51-13,21 Erster Abschnitt
- 13,22-17,10 Zweiter Abschnitt (Jerusalem in
13,22) - 17,11-19,27 Dritter Abschnitt (Jerusalem in
17,11) - 3. Hauptteil Jesu Wirken, Leiden und Tod sowie
Auferweckungsverkündigung, Erscheinungen und
Himmelfahrt in Jerusalem (19,28-24,53) - 19,28-21,38 Das Wirken Jesu in Jerusalem
- 22,1-23,56 Jesu Passion
- 24,1-53 Auferweckungsverkündigung,
Erscheinungen und Himmelfahrt
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3Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das lukanische Doppelwerk III Verfasser und
Adressaten
- Nach der altkirchlichen Tradition stammen LkEv
und Apg von Lukas, der Gefolgsmann des Paulus
(Irenäus) vgl. Phlm 24 Kol 4,14 (Lukas, der
Arzt) 2Tim 4,11. - Diese Tradition lässt sich aus dem Werk nicht
bestätigen. Ein spezifisch ärztliches Interesse
oder eine ärztliche Fachsprache ist nicht zu
belegen. - Gegen die Verfasserschaft durch einen
Paulusbegleiter spricht
- In der Apg wird Paulus nur in 14,4.14 der Titel
Apostel zugesprochen. Ansonsten ist der Begriff
reserviert für die Zwölf. Dies würde überraschen
bei einem Paulusbegleiter, der den Kampf des
Paulus um seinen Apostolat erlebt hat. - Die Darstellung des paulinischen Wirkens in der
Apg entspricht nicht dem Bild, das wir aus den
Paulusbriefen erhalten. Es gibt auch unvereinbare
Widersprüche zwischen Paulusbriefen und der Apg
(vgl. Gal 1f Apg 9-15).
- Warum kam die altkirchliche Tradition gerade auf
Lukas als Verfasser?
- Das Ende der Apg erweckt den Eindruck, noch vor
dem Tod des Paulus geschrieben zu sein. - Der 2Tim ist als Testament des Paulus kurz vor
seinem Tod gestaltet. Nach 2Tim 4,11 ist allein
Lukas noch bei mir. - Der Name Lukas erscheint nicht in den
Wir-Passagen der Apg zur Bezeichnung von
Personen, die Paulus begleiten.
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4Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
- Das Werk verrät eine hellenistische Perspektive
(s. z.B. Vorwort keine genaue Kenntnis der
Geographie Palästinas Judäa für ganz
Palästina). - Lukas hatte zwar einerseits Kontakt zu
judenchristlichen Traditionen (LXX-Sprache Rolle
von Jerusalem judenchristlich geprägte
Sondertraditionen). Andererseits gibt es starke
Einwände gegen ein spezifisch judenchristliches
Milieu, v.a. die Formulierungen Apg 10,9-15
15,10 und die fehlerhafte Wiedergabe jüdischer
Reinigungsriten Lk 2,22. gt - Lukas und seine Adressaten sind also
Heidenchristen. Es gibt keine aktuelle
Auseinandersetzung mehr um spezifisch
judenchristliche Belange. Die Kirche aus Juden
und Heiden ist selbstverständlich, und die Frage,
wie die Judenchristen damit zurechtkommen,
schlägt in der Darstellung nicht durch.
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5Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das lukanische Doppelwerk IV Zeit und Ort der
Abfassung
- Die Redaktion der Endzeitrede durch Lk bestätigt
die Einschätzung, die sich durch die Quellenlage
ergibt Das LkEv ist nach 70 entstanden (v.a.
21,10-24/Mk 13,14-20 s.a. 19,43f). gt - Die Obergrenze ist schwieriger zu bestimmen. Da
Lukas keine Kenntnis des MtEv verrät, dieses sich
also noch nicht verbreitet hat, kann man für das
LkEv mit einer ähnlichen Abfassungszeit rechnen
(um 90). Die Apg ist etwas später entstanden wie
viel später, ist aber kaum genauer zu ermitteln. - Zum Abfassungsort werden viele verschiedene
Vorschläge gemacht (Caesarea, Dekapolis,
Antiochien, Ephesus, Rom u.a.m.). Dies zeigt die
Ungenauigkeit der möglichen Anhaltspunkte. Am
meisten spricht, wenn man die Zuordnung zum
hellenistischen Christentum präzisieren will,
wohl für Ephesus.
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6Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das lukanische Doppelwerk V Literarischer
Charakter des LkEv
- Übernahme und Erweiterung des Mk-Fadens
- Lk hat den Mk-Aufriss übernommen, ihn aber auch
entscheidend umgestaltet durch die Einfügung des
Reiseberichts (9,51-19,27). - So ergibt sich eine klarere Dreiteilung des
Werkes als im Fall des MkEv. Vorgeschaltet werden
die Kindheitsgeschichten angefügt die
Erscheinungen das nicht aus Mk stammende
Material wird in zwei Einschaltungen eingebracht
(6,20-8,3 9,51-18,14). - Der Evangelist als Schriftsteller und Historiker
- Mit dem Vorwort erhebt Lk literarischen Anspruch
und führt sein Werk nach Art hellenistischer
Historiker ein. Dennoch war Lk mehr Theologe als
Historiker im Sinne seiner Zeit. Er ordnet das
Material nach seinem theologischen Konzept (s.
v.a. Lk 4,14-30 Apg 10f). - Trotzdem kann man zeigen, dass sich Lukas auch an
Vorbildern aus der zeitgenössischen
Geschichtsschreibung orientierte
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7Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
- Vorwort Lk 1,1-4
- Bezüge der Geschichte Jesu auf die Weltgeschichte
(Lk 2,1 3,1f) - Historisierungen Darstellung, die von
konkreten Geschehnissen geprägt ist (Mk 1,7f/Lk
3,15f Lk 7,21 7,18-23/Mt 11,2-6). - Lk erweckt den Eindruck eines fortlaufenden
Geschehens, indem er den bei Mk nur lose
verbundenen Stoff stärker verknüpft (z.B. Lk
5,33/Mk 2,18 Lk 8,40/Mk 5,21) und den Stoff
durch Vor- und Rückverweise verklammert (z.B. Lk
1,80-3,1 2,51-4,16).
- Lk nimmt sachliche Korrekturen vor und ist auf
genaueren Ausdruck bedacht (Herodes Antipas als
Tetrarch Lk 3,1.19 9,7 See Genezareth Lk
5,1f 8,22f). Bisweilen kürzt Lk mk Geschichten,
doch für Mt ist dieser Zug wesentlich
charakteristischer. - Lk verbessert Mk sprachlich und schreibt unter
den Evangelisten das beste Griechisch. Trotzdem
kennt er Semitismen (Ausdrucksweise, die sich dem
Hebräischen oder Aramäischen verdankt). Denn er
orientiert sich sprachlich an der Septuaginta
(LXX), der griechischen Übersetzung des
hebräischen Bibel, und ahmt deren Stil und
Ausdrucksweise nach.
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8Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das lukanische Doppelwerk VI Heilsgeschichte
- Das Stichwort erfüllen erhält einen besonderen
Stellenwert. - Der Reisebericht steht unter der Überschrift der
Erfüllung (Lk 9,51). - Die Gemeinde ist in die Erfüllung eingeschlossen
(Lk 1,1 Apg 2,1). - Christusereignis und Geistausgießung an Pfingsten
erscheinen als Erfüllung von Schriftworten (z.B.
Apg 2,17-21.25-28.30f 3,22f 4,11). - Verheißungszeit vor der Erfüllung (Lk 16,16 Apg
7,2-52 13,17-22). - Apg 13,32f bezeugt direkt das Bezugspaar
Verheißung Erfüllung. gt - Die Epochen der Heilsgeschichte
- Verheißungs- und Erfüllungszeit lassen sich
deutlich voneinander absetzen (Lk 16,16 Schema
der Missionsreden in der Apg Erfüllung). - Die Erfüllungszeit kann man in zwei Abschnitte
unterteilen Zeit Jesu Zeit der Kirche (zwei
Bücher deutlicher Anfang der Kirche
Jesus-Geschichte als Grundgeschichte).
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9Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
- (3) Lukas stellt die Kontinuität der einen
Heilsgeschichte dar - Zusammenhang zwischen der Verheißungs- und
Erfüllungszeit - Jerusalem Ort der Erscheinungen Ausgang der
Christusbotschaft. - Anlehnung an die Sprache der LXX.
- Zusammenhang zwischen der Zeit Jesu und der
Kirche - Kriterium bei der Nachwahl des Matthias (Apg
1,21f). - Unterweisung der Apostel über das Reich Gottes
zwischen Ostern und Himmelfahrt (Apg 1,3) Reich
Gottes als Inhalt der urkirchlichen Botschaft
(Apg 19,8 20,25 vgl. auch Apg 8,12 28,23.30).
gt - Zusammenhang innerhalb der Zeit der Kirche
- enge Anbindung des Paulus an die Urgemeinde (Apg
9,27). - Heidenmission wird durch Petrus legitimiert (Apg
10,1-11,18).
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10Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
- (4) Die Naherwartung tritt zurück
- Die Unkenntnis über Zeiten und Fristen kommt
ausdrücklich zur Sprache (Apg 1,7). - Im Verhör vor dem Hohen Rat sagt Jesus nicht,
dass der Menschensohn komme (Lk 22,69 diff Mk
14,62). - Die Rede von der Nähe des Endes wird ausdrücklich
als falsch gekennzeichnet (Lk 21,8 diff Mk 13,6
19,11). gt - (5) Die heilsgeschichtliche Rolle Israels wird
nicht durch die Ablehnung Jesu bestimmt. - Israel bleibt Adressat der Predigt (Apg 2,14ff
Bild des pln Wirkens). - Juden nehmen den Glauben an Christus an, vor
allem in der Zeit der Jerusalemer Verkündigung
(Apg 2,41.47 u.ö.), später mit abnehmender
Tendenz und zunehmend feindlicher Reaktion. - Einerseits hängt die Adressierung des Evangeliums
an die Heiden mit der Ablehnung durch die Juden
zusammen (z.B. Apg 13,46) andererseits ist sie
unmittelbar im Willen Gottes begründet (z.B. Apg
10). Die Spannung wird nicht aufgelöst.
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11Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das lukanische Doppelwerk VII Jesusbild
- Das Jesusbild des dritten Evangelisten hat zwei
Seiten Er betont die hoheitsvollen Züge (Lk
7,11-17 Hoheitstitel Herr auch in erzählenden
Partien), aber auch die menschlichen (z.B. Lk
4,18 6,20f 7,36-50 14,12-14). Im Lk 7,11-17
hat er beides miteinander verbunden (V.13 der
Herr bekam Mitleid). - Häufig wird Jesus betend gezeigt (z.B. Lk 5,16
6,12 9,18 3,21 22,42 22,43f 23,34
textlich unsicher). - Die Passion Jesu zeichnet Lk als das Leiden des
zu Unrecht Verfolgten die Unschuld Jesu wird
herausgestellt (s. Pilatus 23,4.14.20.22
Herodes 23,6-12.15 Hauptmann unter dem Kreuz
23,47). Der Beitrag der jüdischen Obrigkeit
wird stärker akzentuiert, um das Christentum vom
Verdacht politischen Aufrührertums befreien. - Im Blick auf die Deutung des Todes Jesu drängt
Lukas den Sühnegedanken zurück (nur Lk 22,19f
Apg 20,28). Jesus stirbt als der unschuldige
Gerechte, in Übereinstimmung mit dem Willen
Gottes Heil entsteht aus dem ganzen Weg Jesu.
Anteil an dem von Jesus gewirkten Heil kann man
gewinnen, wenn man der Botschaft des Evangeliums
glaubt und den Weg Jesu im eigenen Leben mitgeht
(A. Weiser).
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12Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das lukanische Doppelwerk VIII Die Jünger und
die Kirche
- Die Jünger Jesu werden an vielen Stellen
gegenüber dem MkEv geschont (vgl. Petrus Mk
8,31-33/Lk 9,22 Mk 14,71/Lk 22,60 s.a. 22,31f
22,61 außerdem Mk 4,13/Lk 8,11 Mk 10,26/Lk
18,26). - Über die Jünger ist auch die Kirche der späteren
Zeit mit dem Ursprung verbunden, mit der
Geschichte Jesu und der Ursprungszeit der Kirche.
Diese Zeit wird der eigenen Gegenwart als Ideal
vorgestellt. - Die Verbindung mit dem Ursprung hat die Dimension
des Geistes. - Jesus verdankt seine Existenz dem Wirken des
Geistes (1,35) und ist Geistträger (Lk 4,1.14
s.a. 4,18 Apg 10,38). - Die urkirchliche Verkündigung wird vom Geist
initiiert (Lk 24,49 Apg 1,8 2,1ff) und geleitet
(Apg 4,8 6,10 10,19f 16,6 u.ö.). - Der Geist eröffnet auch den Blick in die Zukunft.
Die späteren Amtsträger sind eingesetzt vom
heiligen Geist (Apg 20,28).
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13Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das lukanische Doppelwerk IX Anlass und Zweck
- Der Autor selbst gibt in seinem Vorwort Auskunft
über seine Absicht. Er sei allem sorgfältig
nachgegangen, damit sich Theophilus überzeugen
kann von der Zuverlässigkeit der Lehre, in der er
unterwiesen wurde. - Was Theophilus durch LkEv und Apg gesagt wird,
gilt einem weiteren Kreis es zeigt letztlich das
Problem der dritten christlichen Generation am
Ende des 1. Jh. Sie muss eine Antwort finden auf
das Ausbleiben der Wiederkunft Christi und sie
steht vor der Frage, wie sie die Kontinuität zum
Anfang und damit ihre Identität wahren kann. Auf
diese Herausforderung antwortet Lukas mit seinem
Doppelwerk.
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14Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das lukanische Doppelwerk X Aufbau der Apg
Einleitung Die Vorbereitung des Zeugnisses von
Christus (1,1-26) 1,1-11 Belehrung durch den
Auferstandenen Himmelfahrt 1,12-26 In der
Erwartung des Geistes Nachwahl des Matthias 1.
Hauptteil Das Zeugnis von Christus in Jerusalem
(2,1-8,3) 2,1-47 Pfingstereignis
Pfingstpredigt Gemeindebildung 3,1-6,7 Das
Zeugnis der Apostel in Wort und Tat
Gemeindeleben 6,8-8,3 Das Zeugnis des Stephanus
2. Hauptteil Das Zeugnis von Christus in
Samaria, Judäa, Antiochia und Kleinasien
(8,4-15,35) 8,4-40 Mission in Samaria und Taufe
des Äthiopiers 9,1-31 Bekehrung des Paulus
Flucht aus Damaskus 9,32-43 Petrus in Lydda und
Joppe 10,1-11,18 Petrus und Kornelius Heiden
können in die Gemeinde aufgenommen
werden 11,19-14,28Die Gemeinden von Antiochia
und Jerusalem Mission des Paulus und Barnabas
von Antiochia aus 15,1-35 Das Apostelkonzil
in Jerusalem 3. Hauptteil Das Zeugnis von
Christus bis an die Grenzen der Erde
(15,36-28,31) 15,36-19,20 Die Mission des
Paulus in Kleinasien und Griechenland 19,21-21,17
Paulus auf dem Weg nach Jerusalem 21,18-23,22
Paulus in Jerusalem Verhaftung und
Verhör 23,23-26,32 Paulus in Caesarea Haft und
Verhöre 27,1-28,31 Paulus auf dem Weg nach
Rom Verkündigung in Rom
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15Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das lukanische Doppelwerk XI Literarischer
Charakter der Apg
- Die Quellen der Apg
- Da das LkEv nachweislich durch Quellenbenutzung
entstanden ist, kann man ein ähnliches Verfahren
auch für die Apg erwarten. Das Vorwort in Lk
1,1-4, auf beide Werke bezogen, bestätigt diese
Vermutung ebenso wie die Existenz paralleler
Überlieferungen in einigen Fällen. - Adolf von Harnack hat für Apg 1-15 drei
Quellenstränge unterschieden - historisch zuverlässige Quelle zu Ereignissen
in Jerusalem und Caesarea - legendarische Quelle zum Pfingstereignis und
dem Geschick der Apostel in Jerusalem - Quelle mit Traditionen aus der Gemeinde von
Antiochia. - ? Während die Annahme einer antiochenischen
Quelle bis heute Zustimmung findet, wird die
Existenz von zusammenhängenden Quellensammlungen
für die Stoffe von Kap. 1-12 meist abgelehnt. - Zu dem Material, das Lk in Apg 13-28 verarbeitet
hat, werden vor allem vier Fragen diskutiert - (1) Wie sind die Wir-Passagen (Apg 16,10-17
20,5-15 21,1-18 27,1-28,16) quellenkritisch
zu beurteilen? - Geben diese Passagen den Teil der
Paulusreisen wieder, an denen der Verfasser
der Apg teilgenommen hat?
101
16Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Aber Auch wenn man die Augenzeugenschaft auf
jene Ausschnitte begrenzt, bleibt die
Annahme schwierig, dass die Apg einen Augenzeugen
des Wirkens des Paulus zum Verfasser hat.
Außerdem hätte der Autor seine Augenzeugensch
aft sehr unbetont eingebracht. Übernimmt Lk
die Formulierung einer vorgegebenen Quelle oder
bringt er selbst die Wir-Form ein? ? Das
erste lässt sich zwar nicht ausschließen,
wahrscheinlicher aber ist die redaktionelle
Lösung. Er bringt so Reise-Erfahrung ins Spiel
und hat die Wir-Form wohl in der
Seefahrts-Erzählung vorgefunden, die er in Kap.
27f verarbeitet hat. (2) Hat Lk ein
Itinerar (Verzeichnis mit Reisestationen)
benutzt? Für eine bejahende Antwort sprechen
zwei Beobachtungen Die Gestalt der Kap.
16-21 erklärt sich am besten, wenn Lk in ein
vorgegebenes Gerüst Einzeltraditionen und
redaktionelle Abschnitte eingefügt hat. Da
Lk die Paulusbriefe nicht erkennbar benutzt hat,
ist die Übereinstimmung der Reisestationen
durch Quellenbenutzung zu erklären. ? Dass es
keine antiken Gattungsparallelen zu einem solchen
Itinerar gibt, ist zwar ein bedenkenswerter
Einwand, entkräftet die vorgetragenen Argumente
aber nicht.
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17Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
(3) Hatte Lk für die Erzählung von Inhaftierung
und Prozess gegen Paulus eine zusammenhängende
Quelle? ? Positive Hinweise dafür sind eher
dürftig. Jacob Jervell führt die Beobachtung an,
dass der Bericht zusammenhängend und
ungewöhnlich breit sei. Dies lässt sich auch
der schriftstellerischen Leistung des Lk
zuschreiben. Der Verfasser hatte wohl nur
einzelne Nachrichten zur Verfügung und hat diese
selbst in einen Erzählzusammenhang gebracht.
(4) Gab es für die Reden in der Apg Vorgaben
oder sind sie als Schöpfung des Autors zu
werten? Die zweite Annahme ist eindeutig
besser zu begründen Ausgestaltete Reden
sind nicht überlieferbar. Die Reden
enthalten vor allem lk Theologie und zeigen kein
Profil des jeweiligen Redners. Dass der
Autor selbst die Reden der auftretenden Personen
gestaltet, entspricht den Gattungsgepflogenhei
ten. Die Verteilung der Reden in der Apg
erweist sie in kompositioneller Hinsicht als
Werk des Autors.
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18Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
- Die Gattung der Apg
- Der Titel des Werkes (Taten der Apostel) ist
nicht ursprünglich und entspricht auch nicht dem
tatsächlichen Inhalt. - Unter den formgebenden Elementen ist vor allem
der dramatische Episodenstil hervorzuheben, der
einer bestimmten Art der antiken Historiographie
zugehört der tragisch-pathetischen
Geschichtsschreibung. Wegen ihres thematisch
beschränkten Gegenstandes wird die Apg zumeist
als historische Monographie bezeichnet. - Trotz solcher Gattungszuordnung behält die Apg
auch ihre literarischen Eigenheiten. Konsequenter
als antike Historiker hat Lukas seine Darstellung
vom Gegenwartsbezug bestimmen lassen. Außerdem
zeigt sich in der neueren Forschung ein Trend,
demzufolge die Gattungsgrenzen in der Antike
nicht scharf gezogen werden können.
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19Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
- Der Geschichtswert der Apg
- Die Apg selbst gibt bisweilen durch Widersprüche
Anlass, an ihrer historischen Zuverlässigkeit zu
zweifeln. - In den Passagen, die mit anderen Quellen
vergleichbar sind, wird die Darstellung der Apg
zum Teil bestätigt, zum Teil ergeben sich
Widersprüche. - Gut informiert scheint Lukas über die politischen
und rechtlichen Zusammenhänge beim Prozess gegen
Paulus ebenso über die verschiedenen Titel
städtischer und kaiserlicher Beamter (s.a. die
Erwähnung Gallios in Apg 18,2). - Falsch ordnet Lukas das Auftreten des Theudas ein
(Apg 5,36f) die italische Kohorte dürfte erst
zur Zeit des Lukas in Syrien stationiert und für
Caesarea abrufbar gewesen sein (s. Apg 10,1). - Zum Wirken des Paulus ergeben sich Widersprüche
(s.o. zur Verfasserfrage), aber auch
Übereinstimmungen (vgl. 2Kor 11,32/Apg 9,24f
Streitpunkt des Apostelkonzils und grundsätzliche
Lösung Route der 2. Missionsreise Namen von
Paulusbegleitern). - Eine Reihe von Angaben aus der Paulus-Vita, die
als historisch angenommen werden können, sind nur
durch die Apg bezeugt (z.B. Herkunft aus Tarsus
Saulus-Paulus). - ?Weder blindes historisches Zutrauen noch
grundsätzliche Skepsis.
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20Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das Johannesevangelium I Vergleich mit den
synoptischen Evangelien
- Gemeinsamkeiten
- Joh betreibt, wie die Synoptiker,
Christusverkündigung als Erzählen der Geschichte
Jesu. Näherhin zeigt sich eine Übereinstimmung in
der Struktur vom Auftreten Johannes des Täufers
über das Wirken in Galiläa und Judäa/Jerusalem
bis zur Passion. - Inhaltliche Gemeinsamkeiten
- gemeinsame Worte (z.B. Jes 40,3 in Joh 1,23 Joh
2,19/Mk 14,58) - vergleichbare Erzählungen (Tempelreinigung,
Heilung des Sohnes eines königlichen Beamten,
Speisung der Fünftausend, Seewandel Jesu, Salbung
in Bethanien, Einzug in Jerusalem,
Passionsgeschichte). - ähnliche Erzählmotive (Bekenntnis des Petrus Joh
6,68 vgl. Mk 8,29 Erscheinung vor Maria von
Magdala vgl. Mt 28,8-10 u.a.m.).
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21Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
- Unterschiede
- Topographische und chronologische Struktur
- Im JohEv wirkt Jesus in Jerusalem und Galiläa
(Schwerpunkt eher Jerusalem). - Die Dauer des Wirkens Jesu beträgt nach dem JohEv
mindestens zwei Jahre (drei Pascha-Feste sind
erwähnt). - Der Todestag Jesu ist nach Joh der Rüsttag zum
Pascha. - Nur wenige Wundererzählungen sind vergleichbar
(Speisung der 5000 Seewandel Heilung des Sohnes
eines königlichen Beamten). - Vier Geschichten haben keine Entsprechung bei den
Synoptikern (Hochzeit zu Kana 2,1-11 Heilung
eines Gelähmten am Teich Bethesda 5,1-9 Heilung
eines Blindgeborenen 9,1-7 Auferweckung des
Lazarus, 11,1-45). - Das JohEv kennt keine Exorzismen und
Aussätzigenheilungen. - Der Redestoff ist bei Joh in Form großer
Offenbarungsreden und Dialoge gestaltet, nicht
mehr in relativ knappen aneinandergereihten
Logien. - Der Inhalt der Botschaft Jesu wird im JohEv
konsequent christologisch gefasst. Jesus
verkündet nicht das Reich Gottes, sondern sich
selbst. - ?Joh hat wahrscheinlich eines oder mehrere der
synoptischen Evangelien gekannt, er hat sie aber
nicht als Quelle benutzt. Eine literarische
Abhängigkeit im eigentlichen Sinn besteht nicht.
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22Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das Johannesevangelium II Aufbau
Prolog Der Logos-Hymnus (1,1-18) 1.
Hauptteil Die Offenbarung des Sohnes vor der
Welt (1,19-12,50) 1,19-51 Das Zeugnis des Täufers
und die ersten Jünger 2,1-3,36 Der Beginn des
Wirkens Jesu in Galiläa und Jerusalem 2,1-22 Hochz
eit von Kana, Tempelreinigung 2,23-3,21 Nikodemus
3,22-36 Noch einmal Zeugnis des Johannes
4,1-6,71 Rückkehr nach Galiläa (ohne Kap.
5) 4,1-42 Jesus in Samaria 4,43-54 In Galiläa
Heilung des Sohnes des Königlichen
6,1-71 Speisung der 5000, Seewandel, Brotrede
Abfall von Jüngern 5,1-7,24 Wirken und Botschaft
in Jerusalem (ohne Kap. 6 7,1-14) 5,1-47
7,15-24 Heilung eines Gelähmten und
Offenbarungsrede 7,1-11,54 Aufenthalt in Galiläa
und Rückkehr nach Jerusalem 7,1-14.25-8,59 Auseina
ndersetzungen beim Laubhüttenfest 9,1-41 Heilung
des Blindgeborenen 10,1-21 Rede vom guten Hirten
10,22-42 Konflikt mit den Juden 11,1-45 Auferwe
ckung des Lazarus 11,46-54 Der Todesbeschluss
gegen Jesus
108
23Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
11,55-12,50 Rückzug und Rückkehr nach
Jerusalem 11,55-12,11 Suche nach Jesus in
Jerusalem Salbung in Bethanien 12,12-19 Einzug
in Jerusalem 12,20-36 Die Hellenenrede 12,37-50
Abschließende Kommentare 2. Hauptteil Die
Offenbarung des Sohness vor den Seinen
(13,1-20,31) 13,1-17,26 Das letzte Mahl mit den
Jüngern 13,1-30 Fußwaschung und Ansage des
Verrates 13,31-14,31 Abschiedsrede
I 15,1-16,33 Abschiedsrede II 17,1-26 Das Gebet
Jesu für die Seinen 18,1-20,31 Passion und
Ostern 18,1-19,42 Die Passion Jesu 20,1-29 Die
Erscheinungen des Auferstandenen 20,30f Ursprüngli
cher Buchschluss Nachtrag Erscheinung in
Galiläa Buchschluss (21,1-25)
109
24Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das Johannesevangelium III Verfasser
- Die altkirchliche Tradition hält Johannes, den
Bruder des Jakobus, zugleich der Jünger, den
Jesus liebte, für den Verfasser des JohEv. - Diese Tradition lässt sich am Werk selbst nicht
erweisen - Dass der Lieblingsjünger das Evangelium
geschrieben hat, wird erst im Nachtragskapitel
gesagt (21,24), nicht im ursprünglichen Text. - Dieser Jünger wird im JohEv nicht identifiziert.
Die Gleichsetzung mit dem Zebedaiden Johannes
beruht auf einer harmonisierenden Kombination mit
Angaben aus den synoptischen Evangelien. - Gegen diese Tradition spricht auch der Vergleich
mit den Synoptikern. Wenn aus diesen die
Botschaft Jesu zu rekonstruieren ist, kann man
den anderen Inhalt und die andere Sprache der
Predigt des joh Jesus nicht auf einen Augenzeugen
der Geschichte Jesu zurückführen.
110
25Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das Johannesevangelium IV Adressaten
- Die Sonderstellung der joh Literatur lässt sich
am besten mit der Annahme erklären, dass das
JohEv und die drei Joh-Briefe aus einem relativ
selbstständigen Gemeindeverband stammen. - Ursprünglich kommen diese Gemeinden aus dem
Judenchristentum. Die früher bestehende
Verbindung zur Synagoge wurde durch den
Ausschluss gekappt (Joh 9,22 12,42 16,2). Zu
Täufergruppen scheint eine Rivalität bestanden zu
haben. - Hinter 6,60-66 8,31ff könnte ein kritisches
Ereignis aus der joh Gemeindegeschichte stehen
das Abwandern von Gemeindemitgliedern, vielleicht
nach dem Synagogenbann. - Aus den Joh-Briefen lässt sich das Wirken von
Gegnern erschließen. Deren genauere
Rekonstruktion ist strittig es wird auch
grundsätzlich Kritik an solchen Versuchen geübt.
Überwiegend aber rechnet man wohl mit einem
konkreten Konflikt und sieht diesen in einer
gnostisierenden Interpretation der joh
Christologie begründet (zur Gnosis s.u.).
111
26Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das Johannesevangelium V Einheitlichkeit
- Hinweise auf nachträgliche Bearbeitung
- Kap. 21 erweist sich recht deutlich als Nachtrag
Die Formulierung in 20,30f kann nicht anders denn
als Schluss des Evangeliums gedacht gewesen sein
das erneute Einsetzen mit Erscheinungstradition
wirkt deplatziert. Die Aussage in 21,24 stammt
nicht vom Autor des Werkes. - Als späterer Zusatz können auch die Kapp. 15-17
gewertet werden. 18,1 schließt nämlich
unmittelbar an 14,31 an, dagegen befremdet die
Fortsetzung der Abschiedsrede nach 14,31 (steht
auf, lasst uns von hier fortgehen) in 15,1 (Ich
bin der wahre Weinstock). - ? Einwand der Redaktor hätte durch die Einfügung
vor 14,30 alle Schwierigkeiten umgehen können
(U. Schnelle). - ? Aber Der Redaktor wollte die Abschiedsreden
mit dem Gebet Jesu beschließen und vom
vorgegebenen Textbestand nichts wegnehmen.
Wäre der Text von Anfang an auf das Gebet Jesu
ausgerichtet gewesen, dann hätte 14,30f anders
gelautet. - Als weitere Einschübe werden diskutiert 3,31-36
5,28f 6,51b-58 10,1-18 u.a. - Die Redaktion dürfte im Rahmen der joh Gemeinde
erfolgt und nicht als Korrektur des Evangeliums
verstanden worden sein.
112
27Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
- Die Reihenfolge von Kap. 5-7
- Mehrere Beobachtungen legen den Schluss nahe,
dass die überlieferte Reihenfolge der Kapp. 5-7
nicht ursprünglich ist gt - Die Aussage von Joh 6,1 passt schlecht als
Fortsetzung von 5,47. - Kap. 7 folgt besser auf Kap. 5 als auf Kap. 6.
- Innerhalb von Kap. 7 sind VV.15-24 besser vor
7,1-14 zu lesen. Kap. 4 folgt Kap. 6, dann Kap. 5
und 7,15-24.1-14.25ff. - Die Blattvertauschungshypothese rechnet mit einem
Versehen beim Originalkodex (daher in allen
Handschriften die schlecht passende Reihenfolge)
und hat dies durch die durchschnittliche
Buchstabenmenge auf einem Papyrusblatt zu
begründen versucht. Eine bessere Erklärung des
Befundes ist nicht in Sicht. - 7,53-8,11 (Jesus und die Ehebrecherin) ist in den
besten Handschriften nicht bezeugt, also aus
textkritischen Gründen unsicher. Meist gilt die
Geschichte als sekundär, doch wird auch ihre
Ursprünglichkeit vertreten die nachgiebige
Haltung zum Ehebruch sei später anstößig gewesen
und habe zur Tilgung geführt.
113
28Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das Johannesevangelium VI Religionsgeschichtlic
her Hintergrund
Die Eigenart des JohEv in Sprache und Theologie
provoziert die Frage nach besonderen
religionsgeschichtlichen Einflüssen.
- Judentum
- Vertrautheit mit jüdischen Verhältnissen zeigt
Joh in der Kenntnis der jüdischen Feste, der
Ortskenntnis in Jerusalem, der Bezugnahme auf
pharisäisch-rabbinische Tradition (Sabbat
Messiaserwartung Synagogenbann) und
weisheitliche Überlieferung (1,1-18). - Strittig ist die Frage, ob der joh Dualismus auf
die jüdische Apokalyptik im Allgemeinen oder
Qumran im Besonderen zurückzuführen ist. Zu
beiden Größen gibt es neben Übereinstimmungen
auch Unterschiede. - Das JohEv betont, anders als die Apokalyptik,
dass das Heil im Glauben an Jesus Christus
bereits in der Gegenwart zugänglich ist. - In Qumran steht der Dualismus nicht in
Zusammenhang mit der Messiaserwartung, sondern
dem rechten Verständnis der Tora. - Das JohEv ist judenchristlich geprägt, doch
bleibt fraglich, ob seine Besonderheit allein aus
dieser Prägung erklärt werden kann.
114
29Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
- Gnosis
- Mit Gnosis ( Erkenntnis) wird eine religiöse
Strömung bezeichnet, deren charakteristisches
Merkmal Erlösung durch Erkenntnis ist. Der Mensch
muss (durch Offenbarung) erkennen, dass er ein
aus der oberen Lichtwelt gefallener Lichtfunke
ist, gefangen in der materiellen Welt, bestimmt
zur Rückkehr in die Lichtwelt. - Das JohEv ist in einigen Punkten mit dem Denken
der Gnosis vergleichbar (v.a. der individuellen
Ausrichtung der Erlösung), dennoch bleiben
Unterschiede - Der Dualismus der Gnosis ist ohne Einschränkung
durchgeführt das JohEv sieht die Schöpfung nicht
negativ. - Die Menschheit Jesu und die Bedeutung seines
geschichtlichen Wirkens, auch der Wundertaten,
wird von Joh nicht in Zweifel gezogen. - Für den inneren Zusammenhang mit der Gnosis
spricht die Rezeption des JohEv bei Gnostikern.
Dagegen lässt sich nicht die Tatsache anführen,
dass literarische Zeugnisse der Gnosis erst aus
dem 2. Jh. stammen. - Das JohEv ist im Milieu einer beginnenden Gnosis
entstanden. Es übernimmt manche Denkstrukturen,
aber nicht das ganze System.
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30Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das Johannesevangelium VII Theologie Der
Gesandte
- Der Motivkreis von senden, kommen, zurückkehren
- Jesus wird im JohEv wesentlich dadurch bestimmt,
dass er der vom Vater gesandte Sohn ist (z.B.
13,3 16,5.28). Er ist also nicht als Gestalt
dieser Welt zu sehen. Die Bedeutung dieses
Motivkreises zeigt sich - in der Häufigkeit der entsprechenden Aussagen,
- in der Tatsache, dass die Sendung Gegenstand des
Glaubens sein kann (z.B. 11,42 17,8 s.a. das
negative Gegenstück 8,14), - darin, dass Gott durch die Sendung Jesu bestimmt
wird (5,24.30 u.ö.). - Die Sendung des Sohnes ist Ausdruck der Liebe
Gottes zur Welt die Welt soll gerettet, nicht
gerichtet werden (3,16f). - In der Sendung des Sohnes ereignet sich das
endzeitliche Gericht, in der Stellung zu Jesus
entscheidet sich Heil und Unheil (3,18). gt
116
31Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
- Die Ich-bin-Worte
- Nur im JohEv wird die Bedeutung Jesu ausgedrückt
durch Ich-bin-Worte, die um ein Bild erweitert
sind Brot des Lebens (6,35) Licht der Welt
(8,12) Tür (10,9) guter Hirt (10,11)
Auferstehung und Leben (11,25f) Weg, Wahrheit
und Leben (14,6) (wahrer) Weinstock (15,1.5). - Die Bilder und Begriffe sind durchweg als
Heilsbegriffe geprägt. - Die Ich-bin-Worte bringen zum Ausdruck, dass
Jesus in seiner Person das Heil ist. Geber und
Gabe des Heils sind identisch (deshalb hat Jesus
im JohEv nichts anderes zu verkünden als sich
selbst). - Christologische Titel
- Der wichtigste Titel ist das absolut gebrauchte
der Sohn. Er steht in Korrespondenz zur Rede vom
Vater oder meinem Vater. - Die Sohn-Christologie wird zum einen im Blick auf
die Sendung zur Welt entfaltet (s.o.), zum andern
im Blick auf das Verhältnis Jesu zu Gott. Dabei
steht der Gedanke der Einheit von Vater und Sohn
im Vordergrund. Die Einheit zeigt sich als - Einheit des Wirkens (z.B. 5,19.30 s.a.
8,29.38.40 12,50) - Einheit des Seins (z.B. 10,30), nicht gedacht
als innertrinitarische Spekulation. Es geht um
die Eröffnung des Wegs zu Gott (14,9). So sind
die Glaubenden in die Einheit einbezogen (14,20)
doch bleibt dies geöffnet auf die Welt und ihre
Rettung hin (17,21.23).
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32Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das Johannesevangelium VIII Theologie Weg und
Wirken des Gesandten
- Die Zeichen
- Im JohEv begegnet die Rede von Zeichen nicht nur
im negativen Horizont der Zeichenforderung (vgl.
Mk 8,11-13). Der Begriff ist positiv besetzt und
bezeichnet die Wundertaten Jesu, die in einzelnen
Geschichten erzählt oder summarisch erwähnt
werden (z.B. 2,23 6,2). - Joh bevorzugt den Begriff Zeichen, weil er so
den Verweis-Charakter des Geschehens deutlich
machen kann Die Wundertaten verweisen auf Jesus
selbst. Deshalb ist die angemessene Reaktion der
Glaube an Jesus. - Der symbolische Sinn der Wunder kann durch
Jesusworte eigens geklärt werden (Brotrede 9,5
11,25f). - Als Teil der Geschichte Jesu sind die Zeichen
Vergangenheit, gebunden an die Fleischwerdung
des Logos. Insofern aber in den Zeichen die
Bedeutung Jesu grundsätzlich aufscheint, ist die
Dimension des Vergangenen auch überstiegen und
eine Botschaft entfaltet, die in die Gegenwart
der Glaubenden reicht.
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33Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
- Die Passion Jesu
- Der Beginn der Passionsgeschichte ist nicht
eindeutig zu bestimmen. In einem weiteren Sinn
kann man an 13,1 denken (letztes Mahl), in einem
engeren Sinn an 18,1 (Verhaftung Jesu). - Joh beschreibt die Passion als Siegeszug, als den
von Jesus selbst bestimmten Hingang zum Vater.
Die gegen Jesus antretenden Mächte haben keine
wirkliche Gewalt über ihn. Dieses Verständnis von
Jesu Leiden wird - vorbereitet durch entsprechende Hinweise im
Evangelium (7,30.44 8,20 10,18) - ausdrücklich gesagt im Verhör vor Pilatus
(19,11) - inszeniert in den einzelnen Abschnitten.
Beispiele - die Gefangennahme geschieht auf die Initiative
Jesu hin - im Verhör vor Pilatus bleibt Jesus souverän,
während der Gerichtsherr ängstlich ist, schwankt
und schließlich auf Druck der Ankläger hin das
Urteil fällt - Jesus scheint den Zeitpunkt seines Todes selbst
zu bestimmen.
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34Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
Das Johannesevangelium IX Theologie Glauben
und Leben
- Die Bedeutung des Glaubens
- Das Thema des Glaubens spielt bei Joh eine viel
größere Rolle als in den übrigen Evangelien (98
Belege 34 bei allen Synoptikern zusammen). - Inhaltlich ist der Glaube christologisch
bestimmt. Im Glauben wird Jesu Anspruch
anerkannt, endgültiger Offenbarer Gottes und
Heilbringer zu sein (an Jesus glauben). Das
Moment des Vertrauens ist nicht betont. - Der Glaube ist außerdem soteriologisch bestimmt.
Im Glauben ist die Rettung des Menschen
begründet, der Glaube führt zum Leben (z.B.
3,14f 5,24 11,25 20,31). Dieser Grundzug des
Glaubens ergibt sich aus der Einheit von Geber
und Gabe des Heils, die für Joh kennzeichnend
ist. Indem sich der Glaube auf Jesus richtet, hat
er das Leben.
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35Einleitung in das Neue Testament II Evangelien
und Apostelgeschichte
- Johanneische Eschatologie
- Eine apokalyptische Endzeitrede wie Mk 13parr
fehlt im JohEv. Ansatzpunkte für solche
Vorstellungen (wie 5,28f oder 14,2f) könnten
Zusatz sein oder werden im JohEv in einen neuen
Verständnis-Rahmen gestellt. - Die Eschatologie des JohEv ist individuell
ausgerichtet. Im Zusammenhang mit dem Aufruf zum
Glauben, der an Einzelne ergeht, ist vom
Lebensgewinn die Rede (z.B. 11,25 mit Blick auf
den je eigenen Tod). - Die Eschatologie des JohEv ist präsentisch
ausgerichtet. Im Glauben gewinnt man das Leben
Wer glaubt, hat das ewige Leben (5,24). Eine
futurische Dimension des Heils folgt zwar aus der
individuellen Lebensspanne bis zum Tod. Der
Akzent liegt aber ganz darauf, dass man im
Glauben jetzt das Leben gewinnt, um im Tod nicht
zu vergehen. - Angesichts dieser starken Akzente sind die
Bezüge auf die Auferweckung am letzten Tag
rätselhaft (in Joh 6 12,48). Alle Notizen stehen
am Ende von Sätzen, zumindest einige sind
schlecht in den Zusammenhang eingebunden so
kann man an sekundäre Zusätze denken. Ginge es
darum, jetzt im Glauben das Leben haben, um am
letzten Tag auferweckt zu werden, stellt sich die
Frage, was der Lebensgewinn in der Gegenwart
bedeuten soll. - Durch den Paraklet (der Herbeigerufene, auch der
Beistand im Gericht, Fürsprecher, Tröster), den
heiligen Geist, wird die Welt bleibend mit der
Jesus-Offenbarung konfrontiert. Der Aufruf zum
Glauben bleibt durch das Zeugnis der Jünger über
das Wirken des irdischen Jesus hinaus erhalten.
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