Title: Grundz
1Die Schuldenkrise der EWU 2010
2 4.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
- Die Krise kann auf das Zusammenspiel zweier
Faktoren zurückgeführt werden - Ein Zinssatz für alle 17 Mitgliedsländer
- Wie in Makroökonomik, Kapitel 6.2.3. gesehen,
können sich die Geschäftsbanken aller
Mitgliedsländer bei der EZB zu einem Zinssatz
refinanzieren, der immer nahe beim
Mindestbietungssatz (Hauptrefinanzierungssatz)
liegt. - Eine Differenzierung des Hauptrefinanzierungssatze
s nach Ländern findet nicht statt. - Das hat zur Folge, dass die nominalen Zinssätze
für Bankkredite (insbes. Hypotheken- und
Unternehmens-kredite) in allen Mitgliedsländern
der EWU sich angeglichen haben
(interest-rate-pass-through).
3 4.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
- Unterschiedliche Inflationsraten in den 17
Mitgliedsländern
4 4.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
- Bei gleichen Nominalzinsen und unterschiedlichen
Inflationsraten divergieren die Realzinsen - gt Länder mit hohen Inflationsraten haben
niedrige Realzinsen! - Länder mit niedrigen Inflationsraten haben
hohe Realzinsen!
54.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
- Konvergenz der Nominalzinsen Divergenz der
Realzinsen am Beispiel der Zinssätze für
10jährige Staatsanleihen
64.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
- Divergenz der Realzinsen am Beispiel der
Zinssätze für 10jährige Staatsanleihen
74.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
- Divergenz der Realzinsen für Sparer
84.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
Gleichgewichtszinsniveau, wenn in allen Ländern
die gleiche Inflationsrate herrschen würde
- Welche Folgen haben die unterschiedlichen
Realzinsen für den Kapitalmarkt
r Realzins
r Realzins
S(Y)
S(Y)
Überschussangebot an Krediten
rL
r
rH
I(Y)
Überschussnachfrage nach Krediten
I(Y)
S, I
S, I
Hochinflationsland rH i- pH
Niedriginflationsland rL i- pL
94.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
Der EMU Gesamtkapitalmarkt ist im Gleichgewicht,
während in den Einzelländern ein Ungleichgewicht
herrscht! Der durchschnittliche Zinssatz
entspricht dem Gleichgewichtszins
(rL rH) /2 r
r Realzins
r Realzins
S(Y)
S(Y)
Überschussangebot an Krediten
rL
r
rH
I(Y)
Überschussnachfrage nach Krediten
I(Y)
S, I
S, I
Hochinflationsland rH i- pH
Niedriginflationsland rL i- pL
104.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
- Konsequenz der divergierenden Realzinsen
- Das Hochinflationsland erhält durch niedrigeren
Realzins einen Anreiz, sich bei dem
Niedriginflationsland zu verschulden. - Das Niedriginflationsland erhält durch den
höheren Realzins einen Anreiz, Kredite an das
Hochinflationsland zu vergeben. - Wenn diese Konstellation über mehrere Jahre
anhält, verschuldet sich das Hochinflationsland
immer stärker bei dem Niedriginflationsland. - Dass ein solcher Mechanismus in der EWU über
lange Zeit so gewirkt hat, zeigt das folgende
Schaubild
114.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
Je niedriger der Realzins, desto höher die
aufgelaufene Nettoauslandsverschuldung
124.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
Je höher die Inflationsrate (desto niedriger der
Realzins), desto höher die aufgelaufene
Nettoauslandsverschuldung
134.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
Die Zunahme der Verschuldung der
Hochinflationsländer ging mit dem Aufbau einer
Gläubigerposition in den Niedriginflationsländern
einher.
144.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
- Wie war es möglich, dass dieser
Verschuldungsprozess über 10 Jahre
angehalten hat? - Der beschriebene Verschuldungsprozess kann zu
einer sich selbst verstärkenden
Verschuldungsspirale (positiver
Rückkopplungseffekt) führen - Aus dem Niedriginflationsland fließen Kredite in
das Hochinflationsland. - Im Hochinflationsland werden diese Kredite für
den Kauf von Gütern verwendet. Die Nachfrage nach
Gütern im Hochinflationsland steigt also über das
Produktionspotential dieses Landes. - Wenn die nachgefragten Güter dann nicht handelbar
sind - was z.B. bei Immobilien oder bei vielen
Dienstleistungen der Fall ist entsteht
Überschussnachfrage nach Gütern im
Hochinflationsland. - Diese Überschussnachfrage erzeugt dann wiederum
Inflation!
154.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
- Im Niedriginflationsland kommt es durch die
Kreditvergabe zu einem Kaufkraftabfluss in das
Hochinflationsland. - Wenn es dann nicht in Höhe des Kreditvolumens zu
einer Exportnachfrage aus dem Hochinflationsland
kommt, resultiert im Niedriginflationsland
Überschussangebot. - Dieses Überschussangebot führt dann wiederum zu
einer niedrigeren Inflationsrate im
Niedriginflationsland. - Wenn also, die mit den Krediten im
Hochinflationsland nachgefragten Güter nicht
perfekt handelbar sind, kommt es zum Fortbestand
der Inflationsdifferenzen! - Die folgende Kreislaufdarstellung verdeutlicht
nochmals den Zusammenhang
164.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
- Sich selbst verstärkende Verschuldungsspirale
Niedriger (hoher) Realzins im HIL (NIL).
Verschuldung (Ersparnis-bildung) im HIL (NIL).
Hohe (niedrige) Inflation im HIL (NIL).
Nachfrageanstieg nach nichthandel-baren Gütern
steigt im HIL.
Nachfrage nach Gütern sinkt im NIL.
174.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
- Wann kommt die Verschuldungsspirale zu
Stillstand? - Mit der steigenden Verschuldung des
Hochinflationslandes kommt es zu einer steigenden
Wahrscheinlichkeit von Kreditausfällen. - Sobald die Kapitalmärkte sich dessen bewusst
werden, steigen die Risikoprämien und damit die
Realzinsen, die das Hochinflationsland zahlen
muss. - Dann resultiert also eine Anreiz für das
Hochinflationsland, seine Verschuldung
zurückzufahren. - Wie die Erfahrungen in der EWU mit Griechenland,
Portugal, Irland und Spanien zeigen, kann es aber
sehr lange dauern, bis die Kapitalmärkte in
dieser Form auf die steigenden Ausfallrisiken
reagieren.
184.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
- Die Schuldenkrise der EWU ist also nicht primär
eine Staatsverschuldungskrise sondern eine
Verschuldungs-krise des privaten Sektors der
betroffenen Länder. - Das machen auch die folgenden Schaubilder
deutlich
194.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
204.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
214.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
224.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
234.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
244.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.2.
Auswege aus der Krise
- Kurzfristig Welche Maßnahmen zur Überwindung der
Krise sind möglich? - Die Regierungen der überschuldeten Länder haben
die durch Forderungsausfälle überschuldeten
Banken übernommen. Dadurch ist die Staatsschuld
der Länder gestiegen. - Schuldenschnitt (HaircutTeilbankrott) gt
Problem Forderungsausfall bei kreditgewährenden
Banken gefährdet Finanzsektor (Lehman
Brothers-Effekt) - Haushaltssanierung mit ESM-Krediten unter
Führung der "Troika" aus EZB, EU, IWFgt Können
Länder wie Griechenland und Portugal mitten in
der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte
Austeritätspolitik verkraften oder wird dadurch
die politische Stabilität gefährdet? - Die nachfolgenden Schaubilder zeigen, dass die
bisherige fiskalpolitische Austeritätspolitik
bisher nicht die erhoffte Wirkung hatte Alle
Krisenländer haben die Staatsausgaben reduziert.
Die Steuereinnahmen sind wegen des rückläufigen
BIPs insgesamt stärker gesunken.
254.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
264.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
274.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
284.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
294.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
304.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.2.
Auswege aus der Krise
- Das Ergebnis dieser Entwicklung ist ein
steigender staatlicher Schuldenstand und ein
sinkendes BIP, das mit entsprechend steigenden
Arbeitslosenquoten einhergeht
314.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
324.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
334.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
344.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
354.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.1.
Die Ursachen der Krise
364.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.2.
Auswege aus der Krise
- Aktuell
- Seit Ausbruch der Krise sind nun 4 Jahre
vergangen. Die beiden "Rettungsschirme"
EFSF und ESM sowie die Ankündigung eines
"Fiskalpaktes" hat die Finanzmärkte nicht
beruhigt. - Eine Trendwende hat erst die Rede des Präsidenten
der EZB, Mario Draghi, bei der Global Investment
Conference in London am 26 Juli 2012 gebracht
Within our mandate, the ECB is ready to do
whatever it takes to preserve the euro. And
believe me, it will be enough () These premia
have to do, as I said, with default, with
liquidity, but they also have to do more and more
with convertibility, with the risk of
convertibility. Now to the extent that these
premia do not have to do with factors inherent to
my counterparty - they come into our mandate.,
wie das folgende Schaubild zeigt
374.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.2.
Auswege aus der Krise
384.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.2.
Auswege aus der Krise
- Aktuell
- Es ist wichtig, dass die dabei angekündigten OMT
(Outright Monetary Transactions Aufkäufe von
Staatsschulden der Krisenländer) bislang noch
nicht aktiviert worden sind Den Märkten genügte
die bloße Ankündigung! - Es sah lange Zeit so aus, als ob die Finanzmärkte
die Schuldenkrise der EWU abgehakt hätten. - Im Moment steigt allerdings wieder die
Nervosität. - Seit Anfang September ist die Zinsdifferenz der
griechischen Anleihen von 4,7 auf 7,6 um fast
3 angestiegen. - Die Märkte preisen also wieder eine erhöhte
Wahrscheinlich-keit eines weiteren
Schuldenschnitts oder gar eines Austritts
Griechenlands ein.
394.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.2.
Auswege aus der Krise
404.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.2.
Auswege aus der Krise
- Aktuell
- Ursache kann nicht die vergangene Woche vom
griechischen Premier Samaras angekündigte
Präsidentenwahl am 17. Dezember und die damit
verbundene Gefahr von Neuwahlen sein den der
Zinsanstieg begann ja schon viel früher. - Es dürften auch Zweifel am Bankenstresstest der
EZB dahinter stehen. - Der EZB-Bankenstresstest hat ergeben, dass 25 der
130 überprüften Banken mehr Eigenkapital in Höhe
von 25 Mrd. Euro brauchen. Unabhängige
Untersuchungen haben aber einen sehr viel höheren
Kapitalbedarf ermittelt - Eine Auswertung von Bloomberg-Bilanzdaten einer
repräsentativen Stich-probe des Instituts der
Deutschen Wirtschaft ergab, dass die Banken für
das Jahr 2012 ein Volumen von 876,4 Milliarden
Euro an notleidenden Krediten in den Büchern
haben.
414.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.2.
Auswege aus der Krise
1 aller Banken ( 99 Quantil) hat einen Anteil
von 38 aller notleidender Kredite in den Büchern
876,4 Mrd.38 333 Mrd. Euro und kann nicht
ohne Probleme abgewickelt werden.
424.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.2.
Auswege aus der Krise
- Langfristig braucht die EWU einen Mechanismus,
der Verschuldungsspiralen verhindert. - Für das Entstehen von Verschuldungsspiralen sind
Inflationsdifferenzen verantwortlich. Wie können
diese innerhalb einer Währungsunion verhindert
werden? - Makrokoordination der Wirtschaftspolitik,
Europäische Wirtschaftsregierung,
Leistungsbilanzquoten? - Länderspezifische Geldpolitik der EZB
Unterschiedliche Refinanzierungssätze (Banken in
HIL zahlen mehr für EZB-Kredite)?,
unterschiedliche Mindestreservesätze (Banken in
HIL müssen höhere Reserven halten)?,
Unterschiedliche Eigenkapitalforderungen,
Besteuerung der nationalen Kreditvergabe durch
die EZB?
- 42 -
Prof. Dr. Rainer Maure
434.2.6. Die Schuldenkrise der EWU 20104.2.6.2.
Auswege aus der Krise