Title: Institutionalisierung von Nachhaltigkeit
1Institutionalisierung von Nachhaltigkeit
Eine vergleichende Untersuchung der
organisationalen Bedürfnisfelder Bauen Wohnen,
Mobilität und Information Kommunikation
- Thomas BeschornerTorsten Behrens
2Problemstellung (1)
- Institutionalisierungsprozesse einer nachhaltigen
Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft - inwieweit und wodurch ist die regulative Idee
einer nachhaltigen Entwicklung handlungspraktisch
wirksam geworden? - wie kann die Verankerung von Nachhaltigkeit
entwickelt oder gestärkt werden?
3Spezifizierung der Problemstellung (1)
- Spezifizierung 1 (Problemstellung)
- Nachhaltigkeit ? ökologische Nachhaltigkeit ?
Klimaschutz - Spezifizierung 2 (theoretisches Design)
- Organisationen als hoch relevante Elemente der
Moderne die Gesellschaft als Organisationsgesell
schaft - Zusammenspiel von (verschiedenen) Organisationen
und damit verbundene Institutionalisierungsprozess
e - Institutionentheorien
- ökonomischer Institutionalismus Anreize
- politikwissenschaftlicher Institutionalismus
Macht - soziologischer Neo-Institutionalismus Symbole
und Legitimation
4Spezifizierung der Problemstellung (2)
- Spezifizierung 3 (empirisches Design)
- klimarelevante Bereiche
- Bauen Wohnen
- Mobilität
- Information Kommunikation
- Bedürfnisfelder versus Branchen
- organisationale Bedürfnisfelder
5Spezifizierung der Problemstellung (3)
Nachhaltigkeit
soziales Problem
ökologische N.
Institutionen
- - Anreize- Macht- Symbole
Symbole
Klimaschutz
soziologischer Neo-Inst.
Bedürfnisfelder
- Bauen Wohnen
- Mobilität
- Information Kommunikation
Organisationen
Organisationale Felder
Mechanismen der Institutionalisierung
? organisationale Bedürfnisfelder
? Institutionalisierung von Nachhaltigkeit
6Institutionenbegriff
- Was sind Institutionen?
- Institutionen
- sind handlungsrelevant.
- strukturieren den Handlungskontext der
Individuen. - reduzieren Unsicherheit.
- bestimmen Verhaltenserwartungen anderer Ind.
- sind formale oder informale Regeln.
- Institutionen verwandeln Kontingenz in
Notwendigkeit (Rehberg)
7Meilensteine des soziologischen
Neo-Institutionalismus
- Meyer/ Rowan (1977)
- Organisationsstrukturen spiegeln
Legitimationsanforderungen (Mythen) aus der
organisationalen Umwelt wider und sind nicht das
Ergebnis rationaler Entscheidungen - DiMaggio/ Powell (1983)
- organisationale Umwelt als organisationales Feld
netzwerkartige Figuration von (unterschiedlichen)
Organisationen - Organisationen in einem organisationalen Feld
werden sich im Zeitverlauf immer ähnlicher
(Isomorphismus-These) - Zucker (1977)
- Institutionalisierung als originäre
Handlungslogik (jenseits von zweckrationalen und
normenorientierten Handlungstheorien) - verschiedene Grade der Institutionalisierung
8- organisationale Felder (DiMaggio/ Powell) als
organisationale Bedürfnisfelder
- organisationale Felder als eine Gruppe von
Organisationen - Interaktionsströme und zu bewältigende
Informationslasten zwischen den
Organisationen - interorganisationale Verbindungsmuster
- Spezifizierung über die gewählte Problemstellung
des Beobachters hier Nachhaltigkeit - organisationale Bedürfnisfelder B W, M, I K
- Grade der Institutionalisiertheit (Zucker 1977)
Anwendung auf interorganisationale Aspekte - (Prozess der) Institutionalisierung (Meyer/
Rowan DiMaggio/ Powell et al.)
9Grade der Institutionalisiertheit (1)
- dreistufiges Phasenmodell (Tolbert /Zucker 1996)
- Institutionen generieren Handlungssinne
- Situation als soziale Tatsache
- soziale Situationen werden objektiviert
- wie kommt es zu einer Objektivierung?
- wie verfestigt sich Objektivierung weiter?
- Phasenmodell
Habitualisierung ? Objektivierung ? Sedimentierung
10 ? Bauen Wohnen ? Mobilität
- Information Kommunikation
11Institutionen
Akteure
- Fremdbindung über Gesetze und Verordnungen
- Selbstbindung über Selbstver-pflichtungen, z.B.
Branchen-vereinbarungen
- staatliche Organisationen
- Unternehmen
- Unternehmensverbände
- NGOs
- Medien
Zwang
- best practices
- Forschungs- und Praxispreise
- Standardisierungen (Sozial- und Umweltstandards,
Produkt-standards, standardisierte Ethik- oder
Wertemanagementsysteme - labels
- ethische Beratungsleistungen
- Unternehmen
- Forschungsinstitute und Universitäten
- Stiftungen
- NGOs
- Beratungsunternehmen
Institutionalisierung durch
Mimetik
- Schulen, Hochschulen
- Unternehmen
- Professionsvereinigungen
- Lehr- und Lerninhalte
- Personalselektion durch Assessment-Centers
- Habitus von Professionen
Normativität
12Institutionalisierung von Nachhaltigkeit in
denorganisationalen Bedürfnisfeldern
- Bauen Wohnen, Mobilität, Information
Kommunikation
Grade der Institutionalisiertheit
Vorstufe der Institutionalisiertheit
Annähernde Institutionalisiertheit
Vollständige Institutionalisiertheit
Indikatoren
Indikatoren
Indikatoren
Hypothesen zur Institutionalisierung
- Isomorphismus
- Legitimität
- institutionelle Entrepreneurs
- institutionelle Settings
13Studie in den Bedürfnisfeldern
14Empirisches Vorgehen
- Ziel Möglichst breites Spektrum von Perspektiven
und Einschätzungen zur Institutionalisierung von
Nachhaltigkeit einfangen - Experten/innen aus den unterschiedlichen
gesellschaftlichen Akteursbereichen herangezogen - Die qualitative Untersuchung basiert auf
insgesamt 32 Interviews unter Verwendung eines
Interviewleitfadens - Durchführung der Studie im Frühjahr 2003
- Die Interviews wurden vollständig transkribiert
und mit dem Computer-Programm Maxqda ausgewertet - Ergänzend wurden Literaturstudien durchgeführt
15Institutionalisiertheit von Nachhaltigkeit (1)
Bauen und Wohnen
IK
Vorstufe der Institutionalisiertheit
Annähernde Institutionalisiertheit
Vollständige Institutionalisiertheit
Mobilität
16Institutionalisiertheit von Nachhaltigkeit (2)
- Diskurse
- In BW und Mobilität problemlösend z.B.
Null-Energiehaus, Altbausanierung,
Brennstoffzelle, Multimodalität etc - In IK problemwahrnehmend z.B.
Gesundheitsschäden durch Handybenutzung
problemlösend elementar z.B. Abschaffung von
Standbyschaltungen - Gesetzliche Regelungen, Selbstverpflichtungen
- In BW breit reguliert, z.B. EnEV
- In Mobilität stark reguliert (z.B.
Luftschadstoffemissionen) aber nicht zum
Klimaschutz, Selbstverpflichtung (nicht
eingehalten) - IK z.B. Elektroschrott und Gefahrenstoffe, zum
Klimaschutz weitgehend unreguliert
17Institutionalisiertheit von Nachhaltigkeit (3)
- Innovationstätigkeit
- BW vgl. hoch, insbesondere technischer Bereich,
Energieeffizienz, Altbausanierung, Solartechnik
etc.Nischendasein Passivhaus, Diskussion von
neuen Wohnformen, Autoloses Wohnen, Stadt der
kurzen Wege etc. - Mobilität technische Innovationen in
Antriebstechnik,, 3-Liter-Auto (bereits
eingestellt) 1- und 2-Liter-Autos als Studien,
Energieeffizienz (meistens durch Gewichtszunahme
kompensiert)Nischendasein Car-Sharing, Inter-
und Multimodale Konzepte - IK vereinzelt, z.B. Green Product Line
18Institutionalisiertheit von Nachhaltigkeit (4)
- Akteurstruktur
- BW sämtliche Akteure direkt oder indirekt von
Nachhaltigkeit, insb. Klimaschutz betroffen
(Architekten /Ingenieure, Handwerker, Kunden
etc.), in erster Linie über EnEV und
Effizienzbestrebungen (Energie ist Geld) - Mobilität Ebenfalls großes Thema, die eigentlich
wichtigen Akteure reagieren vor allem mit
symbolischen Taten (3 Liter-Auto als Alibi,
Teilnahme an Diskursen und Konzepten zur
nachhaltigen Mobilität bisher ohne
Handlungskonsequenz) - In IK ist Klimaschutz bisher ein Nischenthema
ausgewiesener Experten. Bei den Konsumenten bspw.
noch gar nicht angekommen.
19Fazit - Institutionalisiertheit von Nachhaltigkeit
- In BW relativ wenig über Nachhaltigkeit und
Klimaschutz diskutiert, aber Fortschritte im
Klimaschutz - In Mobilität auf allen Akteursebenen viel über
Nachhaltigkeit und Klimaschutz geredet, die CO2-
Emissionen verringerten sich jedoch kaum,
relativer Anteil stieg beachtlich,
Selbstverpflichtung verfehlt - In IK spielt Nachhaltigkeit für die
verschiedenen Akteure weder über gesetzliche
Regelungen, noch über Effizienz- oder normative
Anforderungen eine bedeutende Rolle.
20Institutionalisierung von Nachhaltigkeit -
Isomorphismus
- BW Hohes Potenzial für Professionals und
Berater als Diffusionsagenten (Architekten,
Ingenieure, Handwerker). Z. Zt. aber nicht
genügend genutzt, durch mangelnde
Nachhaltigkeits-orientierung (Orientierung eher
am Standard der EnEV) - Mobilität Professionen schon bedeutsam (v.a.
Ingenieurs-vereinigungen), jedoch kaum
weitergehende Nachhaltig-keitsorientierung über
Antriebstechnik hinaus. ? Ausnahme Auto Uni von
Volkswagen?Rolle von Beratern in Richtung
Nachhaltigkeit gering - IK Weder durch Professionen noch durch Berater
erfolgt Institutionalisierung von Nachhaltigkeit
21Institutionalisierung von Nachhaltigkeit -
Legitimität
- BW Durch Branchenstruktur und Regelungsdichte
eher geringe Zuschreibung gesellschaftlicher
Verantwortung in Richtung Unternehmen - Mobilität durch Legitimitätsanforderungen geprägt
- Vor allem gegenüber Automobilherstellern, welche
durch Gegenmaßnahmen aus der Schusslinie
gesellschaftlicher Kontroversen der 80er/90er
Jahre gerieten, aber?hauptsächlich technische
und rhetorische Maßnahmen - IK Bisher weitgehend von Legitimationsanforderun
gen verschont
22Institutionalisierung von Nachhaltigkeit -
Institutionelle Entrepreneurs
- BW eher untergeordnete Bedeutung hauptsächlich
aufgrund der klein- und mittelständisch geprägten
Branchenstruktur - geringe Machtpotenziale - Mobilität Großunternehmen haben das Potenzial
zum institutionellen Entrepreneur - agieren aber
noch nicht in Richtung Nachhaltigkeit grobe
Anzeichen - Die multimodalen Angebote der Deutschen Bahn
- Zusammenarbeit verschiedener Automobilhersteller
an verkehrsträgerverknüpfenden Konzepten
23Institutionalisierung von Nachhaltigkeit -
Institutionelle Settings
- BW Settings stehen nachhaltiger Entwicklung
entgegen - Ungebrochene Trends zum Eigenheim auf der grünen
Wiese, zur Größe, zu Einpersonenhaushalten - Mobilität Dito
- symbolischer Aufgeladenheit von Mobilität - es
kommt nicht darauf an, ob man sein Ziel erreicht,
sondern womit! - Freiheit, Flexibilität, Bequemlichkeit
- Sicherheit ? Gewichtszunahme ? kompensiert
Effizienzzuwachs - IK tendenziell ebenfalls
- Technikverliebtheit, Halbwertszeiten der
Produkte - Teufelskreis der Hardware-Software-Entwicklung
24Quo vadis Nachhaltigkeit?
- Wo befinden sich geeignete Stellschrauben?
- BW vor allem über Gesetzgebung und die
Potenziale der Berater und Professionals - Mobilität
- Legitimitätsanforderungen bisher als
entscheidender Faktor ? Einforderung von Taten! - Selbstverpflichtungen werden verpatzt - wer
merkts? und wo bleiben die Konsequenzen? ?
gesetzliche Regulierungen als Antwort? - Politische Stärkung von Institutionellen
Entrepreneuren - Was kann das Bedürfnisfeld IK aus den
Erfahrungen im Bereich Bauen Wohnen und
Mobilität lernen?
25- Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit