Title: Folie 1
1Politisches System Schweiz Vorlesung am
Institut für Öffentliches Recht der Universität
Bern 5. Föderalismus Prof. Dr. Andreas
Ladner IDHEAP Lausanne Frühjahrssemester 2013
2Bedeutung
- Glieder eines Gesamtstaates haben bedeutende
rechtliche und politische Autonomie und
bedeutsamen Einfluss auf die Entscheidungen des
Gesamtstaates
3(No Transcript)
4(No Transcript)
5(No Transcript)
6Das Ende des Föderalismus?
7(No Transcript)
8Mörgeli Keine EU-Schilder
- SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli reichte
bereits eine Motion ein, mit der er den Bundesrat
beauftragen will, auf den Nummernschildern das
Schweizer Wappen und die Kantonswappen zu
belassen. Ein Verzicht würde für den Zürcher
Nationalrat eine Angleichung an EU-Verhältnisse
bedeuten. Mit der EU hat dies jedoch nichts zu
tun Auch bei einem allfälligen EU-Beitritt
könnte die Schweiz Autoschilder mit Kantonswappen
verwenden. Es gibt diesbezüglich keine
Vorschriften in der EU.
9WEBSITE http//www.kantonsimage.ch/
10Aktuellere (politische) Fragen
- Pittbullverbot
- Kooperative Steuerung des Hochschulsystems,
Bildungswesen - Spitzenmedizin
- Kinderzulagen
- Steuerwettbewerb
11Föderalismus
- Kantönligeist 26 Bildungssysteme, Baugesetze
usw. - Gratwanderung zwischen grösstmöglicher Autonomie
der Gliedstaaten und zentraler Steuerung unter
den Aspekten der Wirtschaftlichkeit, Gleichheit
und Gerechtigkeit.
12Föderalismus
-
- Der Föderalismus ist - zusammen mit der
direkten Demokratie - eine der tragenden Säulen
des schweizerischen Bundesstaates. - Er kann als eine Form der Dezentralisierung des
Staates gesehen werden, die in erster Linie dazu
dient, die Vielfalt in der Einheit zu erhalten
und den Staat dem Bürger anzunähern. - Er ist dauernd in Bewegung und steht heute vor
neuen Herausforderungen wie beispielsweise dem
neuen Finanzausgleich, der Europäischen
Integration oder der wachsenden Bedeutung von
Städten und Agglomerationen. -
-
13CH Anti-etatistische Prägung
- Bürgerliche bemühen den Föderalismus, wenn es
darum geht, den Sozialstaat abzuwenden oder gegen
die Bevormundung der Kantone anzukämpfen. - Die politische Linke bemüht ihn z.B. im Kampf
gegen den Polizeistaat.
Linder 1999 136
14Fédération ? confédération
- Dun point de vue juridique, une confédération
dÉtats repose sur un traité international, alors
quune fédération repose sur une constitution. - La confédération suisse nest pas une
confédération.
15Die Bedeutung der verschiedenen Ebenen in der
Schweiz
Source Size and Local Democracy Pourcentages de
réponses grande influence
16www.federalism.ch / www.forumfed.org
17Links
- Int. Föderalismusforum http//www.forumfed.org/de
fault.asp?langen - Bundesamt für Justiz http//www.ofj.admin.ch/them
en/foederalismus/intro-d.htm - Föderalismusinstitut Uni Fribourg
http//www.federalism.ch/
18Föderalismus Theoretische Vorstellung und ein
internationaler Vergleich
19Föderalismustheorien alt
- Die traditionellen Föderalismustheorien der
Aufklärung und des 19. Jh. gehen von der Existenz
ursprünglich unabhängiger Regionen mit
unterschiedlichen kulturellen, ökonomischen und
ethnischen Ausprägungen aus und stellen primär
die Integration heterogener Gesellschaften durch
eine föderative Ordnung in den Mittelpunkt.
20Föderalismustheorien neu
- Die neueren Theorien setzen den demokratischen
Gesamtstaat schon voraus und rücken die
Machtaufgliederung durch vertikale
Gewaltenteilung mittels föderalistischer
Institutionen und den Minoritätenschutz mittels
möglichst weitgehender territorialer
Eigenständigkeit ins Zentrum.
21The Federalist Papers
85 Essays geschrieben in den Jahren 1787/88 mit
dem Ziel, Unterstützung für die US-Verfassung zu
gewinnen.
22No. 51
- In a single republic, all the power surrendered
by the people is submitted to the administration
of a single government and the usurpations are
guarded against by a division of the government
into distinct and separate departments. - In the compound republic of America, the power
surrendered by the people is first divided
between two distinct governments, and then the
portion allotted to each subdivided among
distinct and separate departments. - Hence a double security arises to the rights of
the people. The different governments will
control each other, at the same time that each
will be controlled by itself.
23Wichtigste Funktionen
- Verstärkte Machtkontrolle in demokratischen
Regierungssystemen - Erhöhte Partizipationsmöglichkeiten der
Bevölkerung - Erleichterte Durchsetzungschancen dezentral
organisierter Interessen - Entlastung zentraler Entscheidungsinstanzen
- Verstärkter Schutz von Minderheiten
- Erleichterung von Experimenten und Sonderlösungen
im lokalen Raum
24Unterschiedliche Schwerpunktsetzungen je nach
Disziplin
- Staatsrechtlich Politische Systeme sind dann
föderalistisch organisiert, wenn die
entscheidenden Elemente des Staates (Legislative,
Exekutive, Judikative) sowohl im Gesamtstaat wie
auch in den Gliedstaaten vorhanden sind, ihre
Existenz verfassungsrechtlich geschützt ist und
durch Eingriffe der anderen Ebene nicht beseitigt
werden können.
25- Sozialphilosophisch Der Föderalismus ist ein
dem Subsidiaritätsprinzip und der
Genossenschaftsidee verwandtes gesellschaftliches
Organisationsmodell, das auf weitgehende
Autonomie kleiner Gruppen und dezentraler
Einheiten beruht.
26- Ökonomischer Föderalismus Hier steht die
optimale Allokation von aufgabenspezifischen
Entscheidungskompetenzen auf die verschiedenen
Staatsebenen im Vordergrund. Ausgangspunkt bilden
das Dezentralisierungstheorem und die fiskalische
Äquivalenz.
27Vorteile der Dezentralisierung aus ökonomischer
Sicht
- Über die Bereitstellung eines öffentlichen Gutes
wird in den Teilgebieten entschieden -gt
Präferenzen der Stimmbürgerschaft werden besser
berücksichtigt - Das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz kann
besser berücksichtigt werden - Die Gebietskörperschaften stehen in einem
Wettbewerb, produzieren billiger und sind
innovativer - Planungs- und Entscheidungskosten sind geringer,
da die Präferenzen der Stimmbürgerschaft besser
bekannt sind
28Vorteile der Zentralisierung aus ökonomischer
Sicht
- Gewisse Leistungen können wegen Unteilbarkeiten
nicht unter einer kritischen Grösse erbracht
werden. - Nutzenstreuungen sind geringer. Bei grösseren
Gebietskörperschaften streut der Nutzen weniger
über das Territorium hinaus (weniger Spill
overs). - Koordinationszwang wenige und grössere
Gebietseinheiten weisen geringere
Entscheidungskosten aus. - Sinkende Durchschnittskosten Leistungen können
für das Gesamtgebiet günstiger erstellt werden
(Economies of scales).
29- Politikwissenschaftliche Perspektive
Beurteilung der Leistungsfähigkeit des
Föderalismus sowohl unter dem Aspekt der
Willensbildung und der Legitimation, wie auch
unter dem Aspekt der Effizienz und der
Effektivität.
Welche Sichtweise findet sich in unserer
Verfassung?
30Föderalistische Staaten
31Ca. 25 Staaten
32Saint Kitts and Nevis
33India
34La Belgique
35Kanada
36Importance of Federalism
- 40 per cent of the worlds population
- almost all democracies with large areas and/or
populations are federal - democratization brings along federalism
(Argentina, Brazil, Mexico) - with Belgium, Ethiopia and Spain formerly unitary
countries become federalist - federalism has been adopted in post-conflict
democracies (Bosnia, Democratic republic of
Congo, Iraq, Sudan, South Africa) - the EU has a number of federal characteristics
Anderson (20081ff)
37 Common characteristics
- At least two orders of government, one for the
whole country and one for the regions with
different elections - A written constitution with some parts which
cannot be amended by the federal government alone - A constitution that formally allocates
legislative and fiscal powers to the two orders
of government ensuring some genuine autonomy for
each order - Usually some special arrangements in the upper
houses for the representation of the constituents
units giving to smaller units greater weight than
they would merit - An umpire procedure to rule on constitutional
disputes between governments - A set of processes and institutions for
facilitating or conducting relations between
governments
Anderson (20083ff.)
38Names of the Constituent Units
- States Australia, Brazil, Ethiopia, India,
Malaysia, Mexico, Nigeria, US - Provices Argentina, Canada, Pakistan, South
Africa - Länder Austria, Germany
- Cantons Switzerland
- Regions, communities Belgium
- Autonomous communities Spain
- Regions, republics, autonomous areas,
territories, cities Russia
39Zentrale Unterscheidungsmerkmale
- Gebietseinteilung, bevölkerungsmässige und
wirtschaftliche Disparitäten - Aufgabenteilung
- Einnahmen- und Ausgabenaufteilung
- Steuerhoheit und Steuersysteme, materielle und
formelle Harmonisierung - Regelung der Mitwirkung der Gliedstaaten an der
Willensbildung auf Bundesebene - Finanzielle Disparitäten zwischen den
Gliedstaaten und Ausgleichsinstrumente - G. Geplante Reformbestrebungen
Stalder 1999 3
40The Constituent Units
- From 2 (St. Kitts and Nevis, Bosnia-Herzegowina)
to 50 (USA) or 86 (Russia) - The largest unit may be bigger than many
countries (Uttar Pradesh in India 160 million
people, California 34 million) - Some units may be very tiny Nevis has only
12,000 people, AI has 15,000. - In some countries one or two units encompass the
majority of the population (St. Kitts 75 ,
Flanders 58 , Punjab in Pakistan 56 ) - In other countries the largest unit constitute a
small part of the population (California 12 ,
Moscow 7 , Zurich 17.3 )
Anderson (200814ff.)
41Weitere Begriffe
- Symmetrischer Föderalismus
- Die föderalen Einheiten (Kantone) haben im
Prinzip dieselben Aufgaben, Kompetenzen und
Ressourcen - Asymmetrischer Föderalismus
- Die föderalen Einheiten sind nicht zuletzt auch
betreffend ihrer Autonomie unterschiedlich
(Kanada Québec, Provinzen und Territories
Washington DC)
42Kongruenter und inkongruenter Föderalismus
- Kongruent Die föderalistischen Einheiten sind
ethnisch und kulturell das genaue Abbild des
Staates. - Inkongruent Die föderalistischen Einheiten
unterscheiden sich stark voneinander. Für sich
selbst sind sie jedoch homogener als der
Gesamtstaat.
43Examples
- Argentina, Austria, Australia, Brazil, Germany,
Mexico, the United States have a clearly dominant
language and relatively low levels of religious
or ethnic diversity - In Switzerland, India, Canada, Ethiopia, Spain,
Belgium or Russia the diversity is reflected in
the composition of the constituent units.
Anderson (200817f.)
44Who Does What and How?
- Basically two different approaches
- Dualist Models Different jurisdictions are
assigned to each order of government, which then
delivers and administers its own programs
(Canada, Brazil, US). - Integrated Models Many shared competences and
the constituent-unit governments often administer
centrally legislated programs or laws (Germany,
Austria, South Africa, Spain). - India and Switzerland have strong features of
both. Australia is dualist in administrative
arrangements, but has many areas of concurrency.
Anderson (200821 ff.)
45Aufgabenerbringung
- Kooperativer Föderalismus
- Verschiedene Ebenen arbeiten zusammen, um gewisse
Aufgaben zu erfüllen - Dualer Föderalismus
- Klare Kompetenzabgrenzung zwischen den
beiden/verschiedenen Ebenen (Zweipolare
Verfassungsordnung)
46Kompetenzstruktur
Nach Stalder 1999
47Patterns of distribution of power in different
policy area
- Defence always federal sometimes constituent
units (CU) - Treaty ratification almost always federal,
sometimes CU - Major physical infrastructure usually federal,
sometimes concurrent, joint or shared or CU - Primary and secondary school usually CU,
occasionally concurrent, rarely federal - Post secondary education and research no clear
pattern - Pensions either concurrent, joint, shared or
federal - Health care usually CU, sometimes concurrent,
joint or shared - Police usually shared, occasionally concurrent
or joint, rarely federal or CUjoint to orders
make decisions toghether concurrent both make
laws in defined areas shared different legal
powers, decisions are made independently
48Residual Power
- In bottom-up federations residual power is in the
hands of the constituent units - In federations that emerged from previously
unitary regimes, residual power is in the hands
of the federal state
49Verhältnis zwischen den föderalen Einheiten
- Konkurrenzieller Föderalismus
- Die föderalen Einheiten stehen zueinander in
Konkurrenz zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger
(exit) - Solidarischer Föderalismus
- Ausgleich der Bedingungen unter den verschiedenen
föderalen Einheiten mit Finanzausgleich,
Zusammenarbeit usw.
50Competition
- Many economist argue that a federation should
minimize the extent to which constituent units
use tax competition to influence companies and
individuals to locate in a particular area
(limited control over mobile taxpayers). Danger
downward spiral of tax rates, loss of revenues,
focus on other taxes. - Some economist favour fairly extensive tax
competition because they believe it can promote
better services (Anderson 2008 31).
51Different revenue and spending arrangements
- In some countries, the central government
dominates the levying and collection of revenues
as well as the delivery of programs. - In other countries, the constituent units play a
more important role in the collection of revenues
and their expenditures are larger.
52Revenues Central-government revenues relative to
total government revenues
53Spending Central-government direct spending
relative to total government spending
54http//www.economics.uni-linz.ac.at/Schneider/Komp
endiumf.PDF
55Transfers to constituent units
- In all countries central government raises more
revenue than it spends for its own needs. - Some transfers are unconditional, others are
conditional (and for example promote the
achievement of national purposes or standards).
56Central transfer relative to constituent-unit
spending
57Tax systems
- Income tax and value added tax
- Which shares go to the different tiers?
- Who decides on the tax rate?
58Einkommenssteuer
Schweiz Kanada USA Deutschland Österreich
Einkommenssteuer (Lohnsteuer)
Einziehende Stelle Bund, Kantone, Gemeinden Bund, Provinzen Bund, Staaten Steuerverbund (Gemein-schaftssteuer) Bund
Anteil Bund 28.8 63.0 81.5 42.5 69.0
Anteil Gliedstaaten ca. 43 37.0 18.5 42.5 16.5
Anteil lokale Ebene ca. 28 15.0 14.5
Steuerföderalis-mus Bund regelt Steuerbasis und Progression, über die Höhe entscheiden Provinzen Steuerföderalis-mus harmonisiert (Verteil-schlüssel) harmonisiert (Verteil-schlüssel)
Nach Stalder 1999, eigene Ergänzungen
59Warenumsatzsteuer
Schweiz Kanada USA Deutschland Österreich
Wahrenumsatz-steuer
Anteil Bund 100.0 46.2 50.0 69.5
Anteil Gliedstaaten 53.8 100.0 48.0 18.7
Anteil lokale Ebene Spezialsteuern Weitere Umsatzsteuern 2.0 11.8
Verteilung Verteilschlüssel Verteilschlüssel
Nach Stalder 1999, eigene Ergänzungen
60Vertical Relations
- In federations the two houses the parliament
- are constituted on different representative
principles, with one chamber (usually the upper
house) using a formula based on constituent units
whereas the system for the lower house is closer
to the representation by population - are elected or namend in different ways
- can have quite similar or distinct powers
61Bundesrat (Germany)
- Probably the most distinct Upper House
- Länder delegates are not elected but named by
their governments and officially led by their
minister-presidents - Legislation that affects the Länder must be
approved by the Bundesrat
62Representation in the Upper House
- Equal number of members from each full
constituent units Argentina, Australia, Brazil,
Nigeria, Mexico, Russia, South Africa,
Switzerland - Unequal number with weight given to population
Austria, Belgium, Canada, Ethiopia, Germany,
India
63Power of the Upper House
- US Senate has all power of the House of
Representatives, but it alone approves key
appointments, declarations of war and treaties. - Argentina, Australia, Brazil, Switzerland
absolute veto power - Germany Veto over matters affecting Länder and
suspensive veto over other matters - India, Nigeria veto of the Upper House can be
overridden in a joint sitting of the two Houses - Austria, Malaysia, Spain Suspensive veto only
- Canada extensive legal powers but only uses them
to revise and delay - Belgium Veto on all matters that can affect the
federal system.
64Disparities between constituent units
- The wealth of constituent units within federation
differs greatly, affecting their ability to raise
own-source revenue. - Most federations have provisions for dealing with
these differences through transfers. - There is a great variety in the design and the
underlying principles for these transfers.
65Different redistribution systems
- Usually there are transfers from central
government to the constituent units. In
Switzerland and Germany there also transfers from
richer to poorer constituent units. - What is the aim of the equalization minimal
standards, same level, within a range,
super-equalization? - The importance of unconditional transfers in
equalization programs varies. - Conditional transfers can also include
equalization considerations. - Central government spending (investments) in
specific areas can also have a equalizing effect.
66Föderalismus und Dezentralisation (Lijphart 1999)
- Federal and decentralized Australia, Canada,
Germany, Switzerland, United States, Belgium - Federal and centralized Venezuela, Austria,
India - Semi-federal Israel, Netherlands, Papua New
Guinea, Spain, Belgium (before 1993) - Unitary and decentralized Denmark, Finland,
Japan, Norway, Sweden - Unitary and centralized Bahamas, Barbados,
Botwwana, Colombia, Costa Rica, Greece, Iceland,
Ireland, Jamaica, Luxembourg, Malta, Mauritius,
New Zealand, Portugal, United Kingdom, France,
(Italy), Trinidad.
67Federalist and unitary countries compared
68Quelle D. Freiburghaus, MPA-Unterlagen
69Und heute?
- Auf dem Weg vom kooperativen Föderalismus zu
multi-level Governance! (Beispiel Tripartite
Agglomerationskonferenz)
702. Der Schweizer Föderalismus
2.1 Herausbildung
71Vom Staatenbund zum Bundesstaat
- Mit der Bundesverfassung von 1848 wurde aus dem
Staatenbund ein Bundesstaat. Es entsteht ein
souveräner Staat, basierend auf einer Verfassung.
Die Kantone sind nicht mehr Vertragspartner,
sondern unterstehen einem gemeinsamen,
übergeordneten Gesetz, der Verfassung. Die
Verfassung räumt den Kantonen allerdings eine
wichtige Rolle ein.
72Und weiter
- Die Totalrevision von 1874 ändert nichts am
Status der Kantone. - Und auch in der Folge wird wenig verändert,
einzig die Aufgaben des Bundes werden
kontinuierlich ausgebaut.
73Vom Referendum zur Konkordanz
- Zwischen 1874 und 1891 werden 2/3 der 19 Vorlagen
abgelehnt. - Dabei handelte es sich vor allem Vorlagen, die
unter den Begriffen Modernisierung,
Zentralisierung und Säkularisierung
zusammengefasst werden können. - Allerdings sind in dieser Zeit auch 140 Vorlagen
durchgekommen, ohne dass sie dem Volk unterstellt
wurden.
Vgl. Kölz (2004 633)
74Obstruktionspolitik
75Entwicklung der Bundesaufgaben
- Die Verfassung von 1848 gestand dem Bund nur
minimale Kompetenzen im Bereich des Geld-, Zoll-
und Postwesens zu. - Mit der Totalrevision von 1874 wird der Bund zum
Hauptgaranten der Grundrechte (politische Rechte,
Niederlassungs-, Vereins- und Versammlungsfreiheit
). Dazu kommt die Handels- und Gewerbefreiheit,
welche eine wirtschaftliche Wettbewerbsordnung
garantiert. - In den Bereich der nationalen Infrastrukturpolitik
fällt im 19. Jahrhundert die Einrichtung der
nationalen Hochschulen und die Übernahme der
Bundesbahnen (1891).
76Kompetenzverschiebungen zugunsten des Bundes
- Sozialversicherung
- Kranken- und Unfallversicherung (1890)
- Alters- und Invalidenversicherung (1890)
- Mutterschaftsversicherung (1945)
- Arbeitslosenversicherung (1945/1947)
- Raumordnung und Umweltschutz
- Forstwesen (1897)
- Gewässerschutz und Wassernutzung (1908/1953/1975)
- Raumplanung (1969)
- Umweltschutz (1971)
77- Verkehrswesen
- Bundesbahnen (1891)
- Schifffahrt (1919)
- Automobilverkehr (1921)
- Nationalstrassenbau (1958)
- Bau der Alpentransversale (1992)
- Energiepolitik
- Wasserkraft (1914)
- Rohrleitungen (1961)
- Atomkraft (1958)
- Energiepolitik (1990)
78- Wirtschaftspolitik
- Banknotenausgabe (1891)
- Errichtung Nationalbank (1905)
- Wirtschaftsartikel, Konjunkturpolitik (1947,
1978) - Konsumentenschutz (1981)
- Mieterschutz (1986)
- Vereinheitlichung des Zivil- und Strafrechts
(1898) - Abgaben
- Stempelabgaben (1917)
- Verrechnungssteuer (1958)
- direkte Bundessteuer (1958)
- Warenumsatzsteuer/Mehrwertsteuer (1958/1993)
792.2 Grundprinzipien, Institutionen und Prozesse
80Die Grundprinzipien des schweizerischen
Föderalismus
- Die Existenz der Kantone ist garantiert
- Den Kantonen steht es frei, wie sie sich im
Inneren organisieren - Die Kantone wählen ihre Organe selbständig
- Die Kantone besitzen ausgedehnte Kompetenzen
- Die Kantone verfügen über eigene finanzielle
Ressourcen - Die Kantone unterliegen keiner politischen
Kontrolle - Die Kantone beteiligen sich gleichberechtigt am
Willensbildungsprozess auf Bundesebene
Vgl. z.B. Vatter 2002 82 ff.
81Institutionen des schweizerischen Föderalismus
- Vertikal Mitwirkung der Kantone an den
Entscheidungen des Bundes - Horizontal Kooperation zwischen den Kantonen
Neidhart 1975
82Horizontale Institutionen
- Interkantonale Vereinbarungen (Konkordate)
- Die kantonalen Direktoren- und Fachbeamtenkonferen
zen - Konferenz der Kantonsregierungen
- Regionale Regierungskonferenzen
83Kantonsregierungen und die EU
84Vertikale Institutionen
- Die Zweite Parlamentskammer (Ständerat)
- Die Standesstimme für Verfassungsrevisionen
(Ständemehr) - Die Standesinitiative
- Das Kantonsreferendum
- Die ausserordentliche Einberufung der
Bundesversammlung - Die Kantone im vorparlamentarischen
Entscheidungsprozess (-gt Kantone) - Der Vollzug der Bundespolitik durch die Kantone
(-gt Kantone)
85Ständerat
86Ständerat Sitzverteilung 1975-2011
87Nationalrat
88Nationalrat Sitzverteilung 1919-2011
89Ständemehr vs. Volksmehr
90Ständerat und Ständemehr Die Gewichte haben sich
verschoben
- 1 Appenzeller 35 Zürcher
- Kleinste theoretische Sperrminorität 9 Prozent
- Reale Sperrminorität 20 25 Prozent
- Was gibt es für Reformmöglichkeiten und wo liegt
das Problem?
91Standesinitiative
NZZ, 19.3.2010
92Kantonsreferendum
- Nach der Schlussabstimmung muss die Vorlage
zunächst im Bundesblatt veröffentlicht werden.
Damit wird die 100tägige Referendumsfrist
ausgelöst (Art. 59 Bundesgesetz über die
politischen Rechte BPR), innerhalb derer das
Referendum von 50'000 Stimmberechtigten oder acht
Kantonen (Art. 141 Abs. 1 der Bundesverfassung
BV) ergriffen werden muss (Art. 59a BPR). Beim
Kantonsreferendum haben auch die ehemaligen
Halbkantone (OW, NW, BS, BL, AR und AI) jeweils
eine ganze Stimme.
93- Grundsätzlich wird die Kantonsstimme durch
Mehrheitsentscheid des Kantonsparlamentes
abgegeben doch darf das kantonale Recht etwas
anderes vorsehen (Art. 67 BPRl). Andere
Zuständigkeiten kennen nach unserem Wissen
indessen derzeit allein noch folgende
Kantonea. In SG ist statt des
Kantonsparlaments generell die Kantonsregierung
zur Ergreifung de Kantonsreferendums zuständig
(Art. 74 Abs. 3 Ziff. 2 der Kantonsverfassung).
Dasselbe gilt in GR (Art. 6, 24 und 36 der
Kantonsverfassung), soweit der Grosse Rat nicht
versammelt ist, und im Kanton GL (Art. 92 und 93
der Kantonsverfassung) kann das Kantonsparlament
diese Kompetenz der Kantonsregierung im
Einzelfall delegieren.b. De jure kann (muss
nicht) das Kantonsreferendum statt vom
Kantonsparlament auch aus dem Volk lanciert
werden im Kanton LU ( 38 der Kantonsverfassung
4'000 Unterschriften innert 40 Tagen 136 Bst.
c Luzerner Stimmrechtsgesetz). Kommt dieses
kantonale Volksbegehren auf Ergreifen des
Kantonsreferendums zustande, so muss eine
kantonale Volksabstimmung über die Kantonsstimme
entscheiden.c. Etwas verbreiteter ist die
Regelung, wonach das Kantonsparlament (oder eine
qualifizierte Minderheit davon) seinen Entscheid,
das Kantonsreferendum zu ergreifen, freiwillig
der Volksabstimmung unterstellen kann
(Plebiszitvorbehalt, so in UR, SO, GR, TG, VD,
JU, je leicht modifiziert auch ZH und BS).
9416.09.2003 -- Tages-Anzeiger Online
- Kantonsreferendum steht
- Das Kantonsreferendum gegen das Steuerpaket des
Bundes kommt zu Stande. Als achter Kanton ist
Waadt am Dienstag mit deutlicher Mehrheit auf das
Kantonsreferendum eingetreten. Zwar muss der
Waadtländer Grosse Rat das Dekret am kommenden
Dienstag noch in zweiter Lesung genehmigen. Mit
89 gegen 63 Stimmen bei 4 Enthaltungen fiel aber
der Eintretensentscheid so deutlich, dass kaum
mit einem Rückkommen auf das Referendum gerechnet
werden muss. - Damit dürfte erstmals in der Schweizer
Geschichte das nötige Quorum von acht Kantonen
erreicht werden, das für ein Kantonsreferendum
nötig ist. Grünes Licht erteilt hatten bereits
vorher die Kantone St. Gallen, Bern, Graubünden,
Solothurn, Wallis, Basel-Stadt und Obwalden. - Jene Kantone, die das Referendum beschlossen
haben, müssen dies der Bundeskanzlei bis 9.
Oktober mitteilen. Diese prüft, ob die
Bedingungen für das Referendum formell erfüllt
sind, bevor der Bundesrat einen Abstimmungstermin
festsetzen wird.
952.3 Aufgaben und Ausgaben
96Aufgabenkatalog der Bundesverfassung (Art. 54 ff.
BV)
- Beziehungen zum Ausland (Art. 54-56 BV)
- Sicherheit, Landesverteidigung, Zivilschutz (Art.
57-61 BV) - Bildung, Forschung und Kultur (Art. 62-72 BV)
- Umwelt und Raumplanung (Art. 73-80 BV)
- Öffentliche Werke und Verkehr (Art. 81-88 BV)
- Energie und Kommunikation (Art. 89-93 BV)
- Wirtschaft (Art. 94-107 BV)
- Wohnen, Arbeit, soziale Sicherheit und Gesundheit
(Art. 108-120 BV) - Aufenthalt u. Niederlassung von Ausländerinnen u.
Ausländern (Art. 121 BV) - Zivilrecht, Strafrecht, Messwesen (Art. 122-125
BV)
97Aufgabenkatalog der Verfassung des Kantons Bern
- Umwelt-, Landschafts- und Heimatschutz
- Raum- und Bauordnung
- Verkehr, Wasser, Energie und Abfälle
- Öffentliche Ordnung und Sicherheit
- Soziale Sicherheit
- Gesundheitswesen
- Bildung und Forschung
- Medien
- Sonntagsruhe, Kultur und Freizeit
- Wirtschaft
- Internationale Zusammenarbeit und Hilfe
98Typische Gemeindeaufgaben
- Verleihung des Gemeindebürgerrechts
- Eigene Gemeindeorganisation (Bestellung der
Gemeindebehörden und -beamte - Einzug der kantonalen und kommunalen Steuern
(Steuerhoheit) - Öffentliche Sicherheit, Ortspolizei im weitesten
Sinne (Ordnung und Sicherheit, Verkehrs-, Feuer-,
Gewerbe- und Baupolizei, Einwohnerkontrolle),
Zivilschutz - Schulwesen (Primarschule, Sekundarstufe I)
- Sozialwesen (Armenpflege, Fürsorge,
Sozialversicherung) - Durchführung Eidgenössischer und kantonaler
Wahlen und Abstimmungen - Raum-/Bauordnung, Kulturgüter, Ortsplanung
- Errichtung und Betrieb von Verkehrsmitteln
- Energie- und Wasserversorgung, Entsorgungseinricht
ungen - Umweltschutz, Natur
- Integration von Ausländern und Ausländerinnen
- Wirtschaft und Arbeit
- Wohnen und Gesundheit, Kultur, Erholung und Sport
99Ausgaben des Bundes 2006 (52 Mrd.)
www.efv.admin.ch Bundesfinanzen in Kürze,
Rechnung 2006
100Ausgaben des Bundes 1960 (2.7 Mrd).
101Einnahmen des Bundes (Voranschlag 2006 52 Mrd.)
102Ausgaben von Bund, Kantonen und Gemeinden 2004
ohne Doppelzählungen
Quelle Öffentliche Finanzen der Schweiz
103(No Transcript)
1042.4 Probleme und Reformen
105 Konkrete Probleme
- Kleinheit und ungleiche Grösse -gt Kantonsfusionen
und Reform Ständemehr - Politikverflechtung (Kooperativer Föderalismus)
Keine klare Trennung der Zuständigkeiten. Mehrer
Ebenen sind für die Lösung derselben politischen
Aufgabe zuständig (z.B. AHV) -gt Aufgabenteilung,
fiskalische Äquivalenz - Grosse Unterschiede zwischen den Kantonen -gt
Föderalismus als Politik des regionalen
Ausgleich, Setzung von Minimalstandards,
dezentrale Standortförderung, Förderungsprogramme,
Finanzausgleich - Regionale Interessenpolitik erhöht die Wahlchance
-gt Entkantonalisierung der Wahlen - Mehrheitsfindung verursacht hohe Nebenkosten (Log
rolling und Packet-Lösungen) -gt Konstruktives
Referendum
106Die aktuelle Föderalismusreform Der Neue
Finanzausgleich (NFA)
- http//www.efd.admin.ch/d/aktuell/geschaefte/nfa/
10764.4 Ja und 35.6 Nein, annehmende Stände 18
5/2, ablehnende Stände 2 ½ (ZG, SZ und NW)