Title: Ringvorlesung:
1Ringvorlesung
Einführung in die Methoden der Empirischen
Sozialforschung
Teil Forschungslogik IV
2Gliederung des Teils Forschungslogik
- Einführendes Organisatorisches, Grundgedanken
und Geschichte von Sozialforschung - Forschung Aufgaben von Wissenschaft, hierzu
geeignete Methoden und der Forschungsprozess - Grundlagen Wissenschaft und Wahrheit,
wissenschaftliche Aussagen und die ihnen zugrunde
liegenden Erkenntnisprozesse - Denkwerkzeug Begriffe, Aussagen, Theorien und
Modelle - Theorie und Wirklichkeit Theoriebildung und
Theorieprüfung Ratschläge zu typischen
Forschungsstilen und Interpretationsfehlern - Ergebnissicherung Merkmalsräume, Typologien und
Klassifikationen - In der Regel aus Zeitgründen nicht in der
Vorlesung behandelt
TU Dresden Institut für Politikwissenschaft
Prof. Dr. Werner J. Patzelt
3Konsequenzen aus dem Kategorienmodell der
Erkenntnis
auch Begriffe / Theorien doch vor allem
Voraussetzung jeglicher Wahrnehmung!
Kategorien
erkennendesSubjekt S
zu erkennendes Objekt O
Operationswirklichkeit
Perzeptionswirklichkeit
S erkennt O nur anhand von Kategorien, die aller
seiner Wirklichkeitserfahrung vorgegeben sind.
Also erkennt S niemals O an sich, sondern nur
so, wie seine Wahrnehmungs- und
Deutungskategorien ihm O erscheinen lassen.
- Information über einen Forschungsgegenstand ist
immer durch Begriffe (vor-) strukturiert - Also ist es sinnvoll, sich die Eigenarten von
Begriffen vor Augen zu führen und obendrein die
Fähigkeit zu erwerben, Begriffe so zu schaffen /
zu wählen, dass eine für die zu beantwortende
Fragestellung bestmögliche Erfassung des
Forschungsgegenstandes gelingt. - Genau dafür zu befähigen, ist die Aufgabe der
Begriffslehre (? Info). - Auf den von der Begriffslehre vermittelten
Einsichten baut die Aussagenlehre auf (? Info). - Auf den von der Aussagenlehre vermittelten
Einsichten baut die Theorielehre auf (? Info).
jetzt zu behandelnder Stoff
4Wirklichkeit und Begriff
Dieser Vorstellungsinhalt wird ausgelöst durch
ein vereinbartes (definiertes) Wort
(Begriffswort). Dieses Wort ist nicht mit dem
Begriff selbst identisch!
Begriff ein Vorstellungsinhalt, der einen
bestimmten Wirklichkeits-ausschnitt von anderen
Wirklichkeits-ausschnitten abhebt, und zwar
das, was ein Begriff bezeichnet (d.h. sein
Designat)
Designans
- hinsichtlich jener inhaltlichen Merkmale, die
ein Wirklichkeits- ausschnitt aufweisen muss,
wenn er unter einen bestimmten Begriff fallen
soll ? Intension des Begriffs
Was muss ich mir genau vorstellen, um das zu
sehen?
ein Ausschnitt aus der Wirklichkeit
- hinsichtlich der Menge oder des Umfangs jener
Wirklichkeitselemente, die aufgrund ihrer
inhaltlichen Beschaffenheit unter einen
bestimmten Begriff fallen ? Extension des
Begriffs
Name empirischer Referent , d.h. dasjenige
in der Wirklichkeit, worauf sich ein bestimmter
Vorstellungsinhalt richtet
Was alles dergleichen fällt überhaupt unter
meinen Begriff?
5Intension und Extension I
- Die Intension legt fest, in welcher Perspektive
man auf diesen Wirklichkeitsausschnitt blicken
soll, wenn der Begriff benutzt wird. - Die Intension fixiert die Theorieperspektive.
- Die Extension ihrerseits geprägt durch die
Intension legt fest, an welchen Ausschnitt der
Operationswirklichkeit man denken soll, wenn ein
Begriff benutzt wird. - Die Extension fixiert den empirischen Referenten
- Beides ist unmittelbar folgenreich für
- die Aussagen, welche man durch Verknüpfung von
Begriffen formuliert. - die Theorien, welche man aus Aussagen schafft.
Achtung Begriffe sind ebenso wie Wertmaßstäbe
NICHT wahrheitsfähig, sehr wohl aber je nach
Frage- oder Problemstellung unterschiedlich
nützlich!
6verschiedene Begriffsintensionen bei gleicher
Begriffsextension
Achtung Ein Begriff kann ebenso wenig wie ein
Wertmaßstab wahr oder falsch sein er rastet
einfach eine bestimmte Betrachtungs- bzw.
Bewertungsperspektive ein!
- Welche ganz unterschiedlichen Dinge fallen einem
auf, wenn man ... - den Gegenstandsbereich des 218 StGB auffasst
als ... - Schwangerschaftsunterbrechung
- Tötung ungeborener Menschen?
- unsere Gesellschaft auffasst als ...
- (post-) industrielle Gesellschaft
- Spätkapitalismus?
- die Reformen im Gesundheits-, Renten- und
sozialen Sicherungssystem auffasst als ... - Abbau des Sozialstaates
- Anpassung des Sozialstaates an veränderte
demographische und wettbewerbliche
Rahmenbedingungen? - die sozialwissenschaftliche Fachsprache auffasst
als ... - akademischen Jargon
- Vielzahl von Begriffen, die neue Perspektiven auf
bislang aus ganz anderem Blickwinkel betrachtete
Sachverhalte erlauben?
Perspektive / Scheinwerfer A
- verantwortlich für die Wahl der Perspektive
man selbst! - Entscheidungsverfahren dimensionale
Analyse!
Perspektive / Scheinwerfer B
7verschiedene Begriffsextensionen bei stufenweise
präzisierter Begriffsintension
- politisches System
- Staat
- Staat mit parlamentarischer Demokratie
- Staat mit demokratischem parlamentarischem
Regierungssystem
- alle halbwegs stabilen Formen politischer Ordnung
- politische Ordnung mit stabiler Einheit von
Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt - ein Staat, der ein demokratisch zustande
gekommenes Parlament hat - ein Staat, dessen demokratisch zustande
gekommenes Parlament die Staatsregierung
absetzen, ggf. sogar ins Amt bringen kann
8Intension und Extension II
Faustregeln für eine gründliche Behandlung
des Themas zu simpel!
z.B. parlamentarisches Regierungssystem statt
parlamentarische Demokratie
- Je spezifischer ein Begriff gefasst wird (d.h.
je detaillierter seine Intension bestimmt wird),
. - um so mehr sagt er über einen ganz bestimmten
empirischen Referenten (Grenzfall
idiographischer Begriff wie NS-Diktatur,
Name wie Adolf Hitler) - um so schlechter passt er auf zusätzliche
empirische Referenten (d.h. um so geringer ist
meist seine Extension). - Je allgemeiner (abstrakter) ein Begriff gefasst
wird, - auf um so mehr empirische Referenten passt er
(d.h. um so größer ist meist seine
Extension) - um so weniger erfasst er von jedem einzelnen
seiner empirischen Referenten - Wann immer man (etwa bei Vergleichsunter-suchungen
) mehrere Fälle anhand gleicher Begriffe
untersuchen muss, steht man darum vor einem
Optimierungsproblem ohne eindeutige Lösung.
z.B. parlamentarisches Regierungssystem auf
Frankreich oder gar die USA
z.B. politisches System
z.B. auf das fränkische Reich des
Frühmittelalters oder auf das politische System
Dschingis Khans
? Modell der Abstraktionsleiter
9Die Abstraktionsleiter
Forschungsfrage
abstrakter, recht unspezifischer Begriff, unter
den viele Fälle fallen
Begriff A
Begriff mittlerer Reichweite mit mittlerem
Extensionsumfang
Begriff B
vom theoretischen Begriff zum Beobachtungsbegriff
sehr spezifischer, anschaulicher Begriff, unter
den vielleicht nur sehr wenige Fälle fallen
Begriff C
Untersuchungsfälle
10Alltagsbegriffe und (sozial-) wissenschaftliche
Begriffe
- Alltagsbegriffe rasten die Perspektive des
Alltagsdenkens ein. - Anhand ihrer verstehen normale Menschen
(kompetente Mitglieder einer Ethnie) ihre
Lebenswelt und verständigen sich über sie. - Alltagsbegriffe muss verstehen, wer in der
Perspektive der Beforschten auf deren
Alltagswirklichkeit blicken will. - Die von Alltagsbegriffen eingerastete Perspektive
muss nicht für jede Frage- oder Problemstellung
die allein oder überwiegend nützliche sein. - (Sozial-) wissenschaftliche Begriffe rasten eine
andere Betrachtungsperspektive ein als die des
Alltagsdenkens. - Diese Perspektive einzunehmen, kann mühevolle
Denkarbeit oder Hermeneutik verlangen. - Diese Perspektive kommt den kompetenten
Mitgliedern der betrachteten Ethnie oft sehr
abstrakt, lebensweltfern und sonderbar vor. - Die von (sozial-) wissenschaftlichen Begriffen
eingerastete Perspektive kann (aber muss nicht!)
für viele Frage- oder Problemstellungen sehr
nützlich sein. - Folglich
- konkurrieren Alltagsbegriffe und (sozial-)
wissenschaftliche Begriffe - können (sozial-) wissenschaftliche Begriffe ins
Alltagsdenken absinken und dort eines Tages
selbstverständlich werden.
primäre Typifikationen
sekundäre Typifikationen
Konkurrenz / Diffusion
11Definieren
- heißt die Intension und Extension eines
Begriffes werden für alle praktischen
Verständigungszwecke ausreichend klar bestimmt. - Wenn wir von X sprechen, wollen wir uns
Folgendes vorstellen - verlangt die Festlegung eines Wortes oder einer
Wortgruppe, mit welchem/r der zu definierende
Begriff ( Vorstellungsinhalt) ausgelöst
werden soll (Begriffswort) - Diesen Vorstellungsinhalt wollen wir immer dann
benutzen, wenn wir von X sprechen. Statt X kann
man auch Y sagen in der Sprache A würde man in
diesem Zusammenhang das Wort Z verwenden. - ist etwas ganz anderes als das Formulieren einer
Aussage anhand des definierten Begriffs - Definition Unter einer Demokratie wollen wir
uns vorstellen - Aussage Max Weber versteht unter einer
Demokratie folgendes , bzw. Das Land X
besitzt eine Demokratie!
Achtung Definitionen legen das Denkwerkzeug zur
geistigen Erfassung eines empirischen Referenten
bereit, treffen aber noch keinerlei inhaltliche
oder Wahrheitsgehalt beanspruchende Aussagen über
diesen empirischen Referenten!
12Arten von Definitionen
von Aussagegefügen, die oft Definition
genannt werden
- Bedeutungsanalyse
- Es wird geklärt, welche Bedeutung in einer
Diskursgemeinschaft mit einem Wort verbunden
wird. - Tatsächlich liegt hier keine Definition, sondern
eine (Anzahl von) empirische(n) Aussage(n) vor! - explizite Definition
- vollständige und ausdrückliche Erläuterung von
Intension und Extension Festlegung eines
Begriffswortes - implizite Definition
- Von einem Begriffswort ausgehend werden Hinweise
darauf gegeben, was ungefähr man sich nach
Intension und Extension unter dem Begriff
vorstellen soll - partielle Definition
- unvollständige Erläuterung von Intension und
Extension eines Begriffs - operationale Definition
- Es wird gezeigt, wie und in welchen Schritten ein
theoretischer Begriffmit Beobachtungsbegriffen
zu verknüpfen ist (? Info) - Realdefinition
- vergleichsweise unproblematisch In der äußeren
Form einer Definition wird eine empirische
Aussage formuliert (z.B. Ein Parlament ist ) - sehr problematisch Das Ideenmodell der
Erkenntnis oder eine substantialistische
Wahrheitstheorie für zutreffend haltend, wird
versucht, durch eine Definition das wahre Wesen
eines Dinges offenzulegen (z.B. Gerechtigkeit
ist letztlich )
Nominaldefinitionen typische Weise
wissenschaftlichen Definierens
Kerngeschäft theoriegeleiteter empirischer
Forschung
KEINE tauglichen Definitionen!
13theoretischer Begriff und Beobachtungsbegriffe
es gibt KEINE theoriefreien oder
unperspektivischen Beobachtungsbegriffe!
theoretischer Begriff
teilweise empirisch interpretierbare Begriffe
empirischer Referent
Beobachtungsbegriffe
Eingehen auf herangetragene politische Positionen
Politikresponsivität
Responsivität(eines Abgeordneten)
Verhalten von Abgeordneten bei der
Wahlkreisarbeit
Erbringen von Dienstleistungen für Bürger
Serviceresponsivität
Bemühen um Zuweisung öffentlicher Finanzmittel an
Kommunen usw.
Allokationsresponsivität
Achtung Jeder Begriff dieser Kette einer
operationalen Definition muss auch seinerseits
nach Intension, Extension und Begriffswort
definiert werden !
von links nach rechts Festlegung, über welche
Begriffsketten ein theoretischer Begriff auf
einen empirischen Referenten bezogen werden soll
OPERATIONALISIERUNG (eines Begriffs)
von rechts nach links Feststellung, auf welche
Aspekte eines empirischen Referenten der Blick
ausdrücklich gerichtet werden sollte
DIMENSIONALE ANALYSE (eines empirischen
Referenten)
Validität einer Beobachtung oder Messung Es
wird genau der empirische Referent eines
(theoretischen) Begriffs beobachtet oder gemessen
14Arten von Begriffen
Statistik ist IMMER möglich auch bei
Verwendung von qualitativen Begriffen und
qualitativen Daten!
- Beobachtungsbegriffe vs. theoretische Begriffe
- Beispiele Schlag vs. Gewalt
- Herausforderung valide Operationalisierung!
- Dispositionsbegriffe
- Beispiele Zerbrechlichkeit, Gefährlichkeit
- Achtung Dispositionsbegriffe sind besonders
komplex und theoriehaltig. Sie brauchen sehr gut
überlegte und valide operationale Definitionen! - qualitative vs. quantitative Begriffe
- Beispiele Musikalität vs. Vortragsnote
- Schnittstelle zur Statistik! (? Info)
Achtung Messen beginnt bereits auf der Ebene
von Begriffen!
15Qualitative und quantitative Begriffe
ALLEN Begriffen kann man statt Begriffswortenauch
Ziffern zuordnen! ( messen)
- klassifikatorische Begriffe
- ordnen einen Gegenstandsbereich so, dass
Wirklichkeitselemente nach ihren inhaltlichen
Merkmalen in verschiedene Klassen gruppiert
werden. - Beispiele Vater-Mutter-Kind Eiche-Buche-Linde
Violine-Oboe-Cembalo - komparative Begriffe
- leisten alles, was klassifikatorische Begriffe
leisten - obendrein ordnen Wirklichkeitsmerkmale
hinsichtlich einer vom Betrachter festgelegten
Dimension nach mehr oder weniger - Beispiele schön-schöner-am schönsten
Gefreiter-Unteroffizier-Leutnant-General
Hiwi-Assistent-Professor - metrische Begriffe
- leisten alles, was komparative Begriffe leisten
- obendrein erlauben es, das Mehr oder Weniger
geordneter Wirklichkeitsmerkmale anhand von für
das jeweilige Wirklichkeitsmerkmal einschlägigen
Maßzahlen zu quantifizieren - Beispiele a Meter, ß Kilogramm, ? Grad Celsius,
d Volt, Nichtwähleranteil e , Zuwachsrate ?
Begriffe der Alltagssprache
qualitative Begriffe
quantitative Begriffe
Achtung Welche Begriffe man verwenden sollte,
hängt ausschließlich ab von der Fragestellung,
vom Gegenstand und vom Forschungsstand!
16Messen und Messniveaus
messen heißt Wirklichkeitsmerkmalen Zahlen
zuordnen (statt nur Begriffsworte)
Diese Zahlen unterscheiden sich nach der Menge
der Information, die sie ausdrücken und darum
nach den Rechenoperationen, die man mit ihnen
sinnvollerweise durchführen kann!
- Nominalskala (vereinbarte) Ziffern als
Variablenwerte drücken nur die Verschiedenheit
von Fällen aus. - Variable Geschlecht 1 männlich, 2 weiblich
- Ordinalskala (Rangskala) (vereinbarte) Ziffern
als Variablenwerte drücken auch eine Rangordnung
unter den Fällen aus. - Variable politischer Aktivitätsgrad 1
keinerlei Aktivität, 2 nur Interesse an
Aktivität, 3 sporadische Aktivität, 4
dauerhafte Aktivität - Intervallskala (vereinbarte) Ziffern als
Variablenwerte drücken auch die Abstände in der
Rangordnung der Fälle aus. - Variable politische Grundorientierung
ausgedrückt durch Ziffern zwischen1 ganz
links, 11 ganz rechts - Abstand zwischen 1 und 3 ist derselbe wie
zwischen 9 und 11 10 ist nicht doppelt so
viel wie 5 - Verhältnisskala (Ratioskala) Ziffern als
Variablenwerte drücken auch Proportionen zwischen
den Fällen aus. - Variable Dienstzeit in einem politischen Amt
ausgedrückt durch Ziffern zwischen 1 Jahr und 50
Jahre (? 20 Jahre ist doppelt so lang wie 10
Jahre)
?klassifikatorische Begriffe
?komparative Begriffe
?metrische Begriffe
Welche Rechenoperationen sind also zulässig?
Jene, für die der Informationsgehalt der zugrunde
liegenden Begriffe ausreicht!
? Statistische Modelle sind verfügbar und
anzuwenden je nach dem Messniveau
(Skalenniveau) der erhobenen Daten !
17Variablen
also gibt es sowohl qualitative als auch
quantitative Variablen und ALLE kann man
messen, zumindest auf dem Niveau der Nominalskala!
- Variablen sind Oberbegriffe Ihre Intension ist
so ausgestaltet, dass sie - in einer einheitlichen Theorieperspektive
- Gruppen von Wirklichkeitselementen
- sowohl unterscheiden
- als auch als zusammengehörig und wechselseitig
aufeinander bezogen - kennzeichnen können.
- Beispiele
- Variable Sportler Leichtathlet Skiläufer
Gewichtheber usw. - Variable Dienstgrad Gefreiter Unteroffizier
Leutnant usw. - Variable Einkommen 1000 2000 3000
usw. - Weil Variablen (Ober-) Begriffe sind, sind sie
genau wie Begriffe zu definierenund gliedern
sich in die gleichen Gruppenwie Begriffe im
allgemeinen!
metrische Variable
komparative Variable
klassifikatorische Variable
18diskrete vs. stetige Variablen
- diskret die Variable kann nur ganz bestimmte,
vorher festgelegte Werte annehmen - Beispiele
- Geschlecht Mann-Frau (dichotom)
- Familienrolle Vater-Mutter-Kind (trichotom)
- Partei CDU-SPD-FDP-Grüne-PDS (polytom)
- stetig die Variable kann innerhalb ihres
definierten Wertebereichs (Werteintervalls)
jeden beliebigen, vom Maßsystem abbildbaren Wert
annehmen - Beispiele
- Dienstalter von bis Jahre
- Einkommen von bis Euro
- Wähleranteil von bis Prozent
? folgenreich für die Aufbereitung von Daten zur
statistischen Analyse und die Auswahl geeigneter
Analysemodelle!
19manifeste vs. latente Variablen
? höchst folgenreich für die Konzeptualisierung
empirischer Studien, die auf theoretische
Einsichten ausgehen!
- manifest die Variablenwerte sind
Beobachtungsbegriffe, beziehen sich also auf
einen unmittelbar wahrnehmbaren empirischen
Referenten - Beispiele Wohnungsausstattung, Getränkekonsum,
Gehalt - latent die Variable ist ein theoretischer
(Ober-) Begriff, dessen Unterbegriffe (
Variablenausprägungen) erst durch
Operationalisierung auf Beobachtungsbegriffe
bezogen werden müssen. - Beispiele Gewaltbereitschaft, Religiosität,
Vaterlandsliebe - wichtige Anschlussbegriffe
- Indikator (einer latenten Variable) eine solche
manifeste Variable, auf die hin man die latente
Variable operationalisiert und über die man an
deren Statt Daten erhebt - Beispiele von Indikatoren für die latente
Variable Religiosität Häufigkeit der Ausübung
religiöser Praxen wie Gebet oder Kirchgang - Index eine aus mehreren quantitativen
Indikatoren (in der Regel durch Addition)
zusammengesetzte Variable, die als
Stellvertreter (Proxy) einer latenten
Variable dient - Beispiele Index der Lebenshaltungskosten
Bertelsmann-Transformationsindex (Wie weit wurde
ein autoritäres Regime zu einer Demokratie?) - Validität ein Indikator oder Index erfasst
tatsächlich den empirischen Referenten der
eigentlich interessierenden latenten Variablen - ?verschiedene Verfahren, um die Validität einer
Indikatorvariablen oder eines Index zu
überprüfen!
20Aussagen
Verknüpfung von Begriffen ? Aussagen
Verknüpfung von Aussagen ? Theorien
- entstehen dadurch, dass Begriffe miteinander
verknüpft und dabei Behauptungen über die
Beschaffenheit von Sachverhalten aller Art
aufgestellt werden. - werden sehr stark durch die Eigenart jener
Begriffe geprägt, die in ihnen verknüpft werden
und jene Perspektive einrasten, in der eine
Aussage ihren Referenten erfasst - können irgend etwas zwischen wahr und falsch
sein, und zwar ... - zwischen empirisch wahr falsch
- zwischen logisch wahr falsch
- lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunktengli
edern, - von denen einige besonders wichtig sind für
dieFrage, wie man den empirischen
Wahrheitsgehalt einer Aussage feststellen kann !
Aussagenlogik, Prädikatenlogik
Theoriehaltigkeit schon von Begriffen!
entscheidendes Merkmal von Aussagen
? Falsifizierbarkeit, Verifizierbarkeit
21Arten von Aussagen
diesmal nicht gegliedert nach ihrer Eigenart als
Produkt von Wissenschaft (Beschreibungen,
Wenn/Dann-Aussagen ... , sondern nach ihren
forschungslogischen Eigentümlichkeiten
- analytische vs. synthetische (empirische)
Aussagen - Existenzaussagen vs. Allaussagen
- empirische vs. normative Aussagen
- korrelative vs. kausale Aussagen
- Hypothesen vs. Gesetze
Diese Unterscheidungen sind höchst folgenreich
für die Möglichkeiten einer Über-prüfung des
Wahrheitsgehalts!
Empirie ? Empirie Theorie
? Phasen im Arbeitsprozess Man beginnt mit
reinen Hypothesen und endet mit bekräftigten
Hypothesen
22analytische vs. synthetische (empirische)
Aussagen
verwendet in sozialwissenschaftlich-mathematischer
Modellbildung Ziel solche Modelle bilden, die
mit den Daten übereinstimmen!
- Beispiele
- analytische Aussagen
- z.B. (ab)² a² 2ab b²
- Syllogismus(Hier sind alle Bären weiß)
(Das da ist ein Bär) (Dieser Bär ist weiß!) - synthetische Aussage Die Bundesrepublik
Deutschland besitzt ein parlamentarisches
Regierungssystem - offenkundiger Unterschied
- analytische Aussagen formulieren logische
Ableitungen innerhalb von Denksystemen. - Folge Den Wahrheitsgehalt analytischer Aussagen
kann man allein schon durch logische Analyse
feststellen - synthetische Aussagen formulieren Behauptungen
über einen empirischen Referenten - Folge Den Wahrheitsgehalt synthetischer Aussagen
kann man nur durch Erhebung von Informationen
über ihren empirischen Referenten feststellen. - Alles Wissen der empirischen Wissenschaften wird
in Gestalt möglichst wahrer synthetischer
Aussagen geschaffen.
Problem des Syllogismus Er wirkt wie eine
empirische Aussage, ohne wirklich eine zu sein!
(? Falle für unser Argumentieren)
synthetisch gemäß dem Kategorienmodell der
Erkenntnis zusammengesetzt aus Informationen
über einen empirischen Referenten und jenen aller
Erfahrung vorgängigen Kategorien, mittels welcher
dieser Informationen erworben und geistig
geordnet werden.
23Existenzaussagen vs. Allaussagen
? unterscheiden sich im Extensionsumfang
? unterscheiden sich im Informationsgehalt.
Dieser ist um so größer, je mehr Dinge eine
Aussage ausschließt (? je weniger
schwammig eine Aussage ist).
- reine Existenzaussagen
- Es gibt Gesellschaften ohne Machtausübung!
- raum-zeitlich abgegrenzte Existenzaussagen
- Im Kuba Fidel Castros bestand eine Gesellschaft
ohne Machtausübung! - raum-zeitlich abgegrenzte Allaussagen
- In Europas freiheitlichen Staaten führt
dieVerbindung von parlamentarischem
Regierungssystemund Verhältniswahlrecht zu
starken Parteien! - reine Allaussagen (streng allgemeine Aussagen)
- In allen freiheitlichen Staaten führt die
Verbindung von parlamentarischem Regierungssystem
und Verhältniswahlrecht zu starken Parteien!
... sagen nicht, wo und wann genau etwas der Fall
ist
sind die sozialwissenschaftlich nützlichsten
Aussagenklassen, denn ...
... erfassen höchst selten auch nicht-triviale
Merkmale sozialer Wirklichkeit
Achtung Es ist die Behauptung falsch,
Wissenschaft kennzeichne sich vor allem dadurch,
dass grundsätzlich nach streng allgemeinen
Aussagen gesucht werde!
24Wie prüft man den empirischen Wahrheitsgehalt von
Aussagen?
Weg 1 beweisen verifizieren
sind wissenschaftlich unergiebig und darum zu
vermeiden
?weniger informationshaltige Aussagen sind in
den informationshaltigeren Aussagen
eingeschlossen!
- reine Existenzaussagen
- Es gibt Gesellschaften ohne Machtausübung!
- raum-zeitlich abgegrenzte Existenzaussagen
- Im Kuba Fidel Castros bestand eine Gesellschaft
ohne Machtausübung! - raum-zeitlich abgegrenzte Allaussagen
- In Europas freiheitlichen Staaten führt
dieVerbindung von parlamentarischem
Regierungssystemund Verhältniswahlrecht zu
starken Parteien! - reine Allaussagen (streng allgemeine Aussagen)
- In allen Staaten führt die Verbindung von
parlamentarischem Regierungssystem und
Verhältniswahlrecht zu starken Parteien!
- können nicht widerlegt werden
- können nicht zielgerichtet bewiesen werden
Wo soll man nach dem emp.Ref. suchen?
- können dadurch bewiesen werden, dass man
zeigt, im genannten Fall verhalte es sich so - können dadurch widerlegt werden, dass man
nachweist, im genannten Fall verhalte es sich
anders
jene Aussagen, um die es in den
Sozialwis-senschaften sinnvollerweise meistens
geht
Regel 1 Überprüfung möglichst erleichtern!
- können dadurch bewiesen werden, dass man
zeigt, in allen genannten Fällen verhalte es
sich so (vollständige Induktion) - können dadurch widerlegt werden, dass man
nachweist, in einem einzigen genannten Fall
verhalte es sich anders
Regel 2 möglichst informationshaltige Aussagen
fornulieren!
- können nicht bewiesen werden
- können schon dadurch widerlegt werden, dass
man nachweist, wenigstens in einem einzigen
Fall verhalte es sich anders
? abnehmender Informationsgehalt ? abnehmende
Chancen, den Wahrheitsgehalt zielgerichtet zu
überprüfen
passen sehr oft nicht auf die Gegen-stände der
Sozialwissenschaften
Weg 2 widerlegen falsifizieren
25Kerngeschäft allen ForschensVerifikation und
Falsifikation
Begründer des Falsifikationismus Karl Popper
- durch Verifikation kann der Wahrheitsgehalt
folgender Klassen von Aussagen überprüft werden - raum-zeitlich abgegrenzte Existenzaussagen
- raum-zeitlich abgegrenzte Allaussagen
- durch Falsifikation kann der Wahrheitsgehalt
folgender Klassen von Aussagen überprüft werden - raum-zeitlich abgegrenzte Existenzaussagen
- raum-zeitlich abgegrenzte Allaussagen
- reine Allaussagen
- Leitgedanke der Wahrheitsüberprüfung durch
Falsifikation - man formuliert Aussagen möglichst so, dass sich
ihr mangelnder Wahrheitsgehalt sehr leicht zeigen
ließe, wenn sie falsch wären - man unterzieht diese Aussagen möglichst strengen
Überprüfungen - eine Aussage, die sich selbst bei sehr strengen
Überprüfungen nicht als falsch nachweisen ließ,
gilt als bekräftigt (Popper corroborated) - eine bekräftigte Aussage behandelt man solange
als eine wahre Aussage, wie nicht gezeigt wurde,
dass sie doch falsch ist. - Achtung Ob man den Wahrheitsgehalt von Aussagen
durch Verifikation oder Falsifikation überprüft,
hängt ausschließlich ab von - der Art der zu prüfenden Aussage
- von der Forschungsfrage
- von forschungspraktischen Erwägungen
? Sinn der Forderung nach klaren Begriffen und
klaren Aussagen in der Wissenschaft
keine Dogmatik!
26Prüfung des Wahrheitsgehalts von Aussagen
Begriffsklärungen
Überprüfung des Wahrheitsgehalts durch
Verifikation
Falsifikation
Die Aussage erwies sich dabei als
- wahre empirische Aussagen als Ziel von
Wissenschaft sind somit - verifikationistisch bestätigte Aussagen
- falsifikationistisch bekräftigte Aussagen
wahr
bestätigt
bekräftigt
falsch
widerlegt
widerlegt
... und im übrigen weiß man eben, was falsch ist
nämlich widerlegte Aussagen
27korrelative Aussagen vs. kausale Aussagen
- Korrelative Aussagen behaupten einen empirisch
fassbaren Zusammenhang zwischen zwei oder mehr
Sacherhalten - Arten korrelativer Aussagen
- deterministisch vs. probabilistisch
- Wenn A, dann gewiss auch B vs. Wenn A, dann
mit ? Wahrscheinlichkeit auch B! - synchron vs. diachron
- Wenn A, dann gleichzeitig auch B vs. Wenn A,
dann mit später auch B! - hinreichend vs. notwendig
- Es reicht, dass A vorliegt, damit es auch zu B
kommt! vs. Wenn es zu B kommen soll, muss
unbedingt auch A vorliegen, was freilich nicht
dafür ausreicht, dass es wirklich zu B kommt!(?
Beispiele) - Kausale Aussagen fügen einer korrelativen Aussage
auch noch eine Theorie (-skizze) hinzu, die
erklärt, warum der behauptete Zusammenhang
besteht. - typische Form Der Zusammenhang zwischen A und B
besteht, weil
28hinreichende und notwendige Faktoren
? sie nicht auseinanderzuhalten oder
durcheinander zu bringen, führt sehr leicht
sowohl zu Denkfehlern als auch zu empirisch
falschen Aussagen
- Eine hinreichender Faktor ist ein Faktor B, der
in jedem Fall dazu führt, dass das Ergebnis Z
zustande kommt. - Aber Es ist nicht notwendig, dass B vorliegt, um
Z zustande kommen zu lassen. Ebenso können die
Faktoren K und L das Ergebnis Z zustande kommen
lassen. - Beispiel Wenn man jemanden töten will (Z),
reicht es aus, ihn zu erwürgen (B). Man kann ihn
aber ebensogut erschießen (K) oder erdolchen (L). - Z B K L
- Eine notwendiger Faktor ist ein Faktor A, der
für das Zustandekommen des Ergebnisses Z
unbedingt vorliegen muss. - Aber Es reicht nicht aus, dass A vorliegt, um Z
zustande kommen zu lassen vielmehr muss auch
noch der Faktor X hinzutreten. - Beispiel Wer eine Villa mit Blick auf den Genfer
See kaufen will (Z), muss Geld dafür haben (A).
Doch alles Geld nutzt solange nichts, wie niemand
eine Villa mit Blick auf den Genfer See zum Kauf
anbietet (X). - Z AX
29Hypothesen vs. Gesetze
- Hypothesen
- sind Vermutungen / Aussagen, die man auf ihren
Wahrheitsgehalt hin überprüfen will - haben mehr oder minder großen Wahrheitsgehalt
- gliedern sich ganz wie alle Aussagen
- Gesetz
- meint in den empirischen Wissenschaften nichts
anderes als eine sehr gut bekräftigte (reine)
Allaussage - z.B Gesetz von der Erhaltung der Energie,
Fallgesetz, emc² Gesetz von den
wirklichkeitskonstruktiven Folgen der
Situationsdefinition ... - meint in rechtswissenschaftlichen oder religiösen
Zusammenhängen ganz andere Dinge als im Diskurs
der empirischen Wissenschaften - z.B. Grundgesetz, Abwasserwirtschaftsgesetz,
Jagdgesetz ... - z.B. Gottes Gesetze, offenbart im Alten
Testament oder im Koran - ist darum ein oft sehr irreführender Begriff, den
man in den Sozialwissenschaften besser vermeidet.
Im Übrigen ist die Vorstellung falsch,
Wissenschaft kennzeichne sich (allein) dadurch,
dass sienach Gesetzen sucht. Das tut sie zwar
auch doch nicht nur und nicht in allen
Disziplinen!
30empirische vs. normative Aussagen
Alle diese Aussagen können entlang
wissenschaftlicher Verfahrensregeln weniger
fehlerträchtig formuliert werden, als dies allein
mittels des gesunden Menschenverstandes möglich
wäre!
Ziel von Wissenschaft
- empirische Aussagen sind
- Beschreibungen
- Wahrheitsgehalt ist leicht verifikationistisch zu
überprüfen - Wenn/Dann-Aussagen
- Wahrheitsgehalt ist mehr oder minder leicht
verifikationistisch oder falsifikationistisch zu
überprüfen - Erklärungen
- Wahrheitsgehalt ist mitunter schwierig zu
überprüfen, doch wenn verif. / falsif. - Prognosen
- Wahrheitsgehalt ihrer Teilaussagen ist mitunter
schwierig zu überprüfen (verif./falsif.) - Wahrheitsgehalt insgesamt ist leicht zu
überprüfen, aber natürlich nur im Nachhinein und
nicht zu einem Zeitpunkt, da es wichtig wäre, den
Wahrheitsgehalt zu kennen - normative Aussagen sind
- Werturteile
- Nur der Wahrheitsgehalt der meisten Teilaussagen
ist mehr oder minder schwierig zu überprüfen als
ganze sind Werturteile nicht wahrheitsfähig - Handlungsanweisungen
- Nur der Wahrheitsgehalt der meisten Teilaussagen
(NICHT der ihnen zugrunde liegenden
Werturteile!) ist mehr oder minder schwierig zu
überprüfen als ganze sind Handlungsanweisungen
nicht wahrheitsfähig
31Theorien
? hermeneutischer Spiralprozess
Theorien sind sowohl das Ziel als auch
eineVoraussetzung empirischer Forschung!
- Theorien bestehen aus miteinander verknüpften
Aussagen, - die ihrerseits einen mehr oder minder großen
empirischen Wahrheitsgehalt haben - deren Verknüpfung mehr oder minder große logische
Fehler enthalten kann. - Die Verknüpfung dieser Aussagen sollte nur
logisch korrekt vorgenommen werden - zwingendes Erfordernis logischer Konsistenz, da
ansonsten kein Wahrheitstransfer von einzelnen
Aussagen dieser Theorie auf andere Aussagen
dieser Theorie möglich ist und darum die Theorie
insgesamt wenig nützen würde. - Werden
- empirische Aussagen miteinander verknüpft, so
entstehen empirische Theorien - normative Aussagen miteinander verknüpft, so
entstehen normative Theorien. - Aufgabe theoretischer Forschung
- möglichst logisch fehlerfreie Theorien mit einem
möglichst wichtigen und/oder möglichst großen
(empirischen) Referenten zu formulieren - verfügbare Theorien auf ihren logischen
Wahrheitsgehalt zu überprüfen und entsprechend zu
verbessern. - Aufgabe empirischer Forschung
- die in Theorien eingebetteten empirischen
Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen
und entsprechend zu verbessern - den empirischen Wahrheitsgehalt ganzer Theorien
zu überprüfen und zu verbessern.
Es gibt nichts Praktischeres als eine gute
Theorie!
32schulmäßiger Aufbau einer empirischen Theorie
wünschenswerte Emanzipation des
wissenschaftlichen theoretischen Denkens vom
zeitspezifischen Alltagsdenken
Theorie C
zeitspezifische Alltagstheorien
Theorie B
Paradigma
Theorie A
Theorem III
Theorem I
Theorem II
(empirische) Aussage I
(e.) Aussage II
Aussage III
Aussage IV
empirischer Referent
theoriespezifischer, selektiver Blickwinkel auf
den empirischen Referenten NICHT
wahrheitsfähig, sondern rein perspektivisch!
33Arten von (empirischen) Theorien
- gegenstandsspezifische Theorien (z.B. des
Aufstiegs der NPD) - decken mit großer Präzision und mit meistens sehr
gut operationalisierbaren Begriffen einen eng
umgrenzten Gegenstandsbereich ab (z.B. Theorien
des Wahlverhaltens) - brauchen meist andere Theorien als
Anschlusstheorien oder Rahmentheorien, um
auch die zu berücksichtigenden größeren
Zusammenhänge zu erfassen - Theorien mittlerer Reichweite (z.B. der
Funktionsweise von Wahlsystemen) - haben einen größeren Gegenstandsbereich als die
gegenstandsspezifischen Theorien (z.B. Theorien
der Funktionslogik demokratischer
Verfassungsstaaten) - eignen sich gut als Ergebnis- oder
Verständnisrahmen gegenstandsspezifischer
Theorien - allgemeine Theorien (z.B. Evolutorischer
Institutionalismus) - decken sehr große Wirklichkeitsbereiche mit oft
sehr abstrakten und mitunter nur in vielen
Schritten operationalisierbaren Begriffen ab
(z.B. Theorien des Gesellschaftswandels) - stellen allgemeine Rahmentheorien auch für
Theorien mittlerer Reichweite dar, erkaufen dies
aber mitunter dadurch, dass sie eher eine
geordnete Sammlung nützlicher analytischer
Oberbegriffe anbieten als empirisch gehaltvolle
Wenn/Dann-Aussagen (z.B. soziologische
Systemtheorie)
? taxonomische Theorien
34Modelle
Einzelheiten hier!
- Modelle sind sehr übersichtliche gehaltene
Darstellungsweisen von Theorien. - Üblicherweise verwendet man sie
- zur sehr präzisen Ausarbeitung und Darlegung von
gegenstandsspezifischen Theorien - zur eher grobkörnigen, doch klaren Darstellung
der zentralen Gedanken von Theorien mittlerer
Reichweite - zur Strukturierung persönlicher theoretischer
Überlegungen, sei es im Vorfeld oder als Ergebnis
empirischer Forschung. - Regelmäßig bestehen Modelle aus klar
spezifizierten Variablen und mehr oder weniger
klar spezifizierten Aussagen über die Beziehungen
zwischen den Variablen.
35forschungsanleitende Variablen
- abhängige Variable(n)
- unabhängige Variable(n)
- intervenierende Variable(n)
- Gruppierungsvariable(n), definiert /definieren
Vergleichsgruppen - Hintergrundvariable(n)
endogene Variablen
exogeneVariable(n)
übersichtlich zusammenstellen in einem
Pfeilmodell !
36abhängige Variable(n)
- Sie beziehen sich auf das, was verstanden bzw.
erklärt werden soll, also worauf sich die durch
die zu beantwortende Forschungsfrage richtet. - Beispiele
- Auftreten von Revolutionen
- Stabilisierung demokratischer Verfassungsstaaten
- Höhe der innerstaatlichen Bildungsausgaben
- Anteil der Nichtwähler unter den Wahlberechtigten
37Gruppierungsvariable
Klar Eine Gruppierungsvariable hat mindestens
zwei und ansonsten beliebig viele Ausprägungen !
- Sie legt bezogen auf die Forschungsfrage
Vergleichsfälle und gegebenenfalls deren
Einteilung in Gruppen von Vergleichsfällen fest. - d.h. Sie definiert die Vergleichsfälle und
Vergleichsgruppen bzw. Vergleichsschichten. - Beispiele
- Systemtyp totalitäre Diktatur vs. demokratischer
Verfassungsstaat - Typ des Regierungssystems parlamentarische
Regierungssysteme vs. präsidentielle
Regierungssysteme - Bildungsausgaben Staaten mit niedrigen
Bildungsausgaben pro Kopf der Bevölkerung vs.
Staaten mit hohen Bildungsausgaben pro Kopf der
Bevölkerung
38unabhängige Variable(n)
- Sie erfassen jene Sachverhalte, von denen
angenommen wird, sie übten Einfluss auf das
Auftreten oder die Ausprägung der abhängigen
Variablen aus. - d.h. Sie legen Vergleichskategorien fest.
- Beispiel Warum haben Abgeordnete
Parteiführungspositionen inne? - abhängige Variable Innehaben von
Parteiführungspositionen - unabhängige Variablen u.a.
- Wahlrecht bei Parlamentswahlen
- innerparteilichen Nominierungsbestimmungen
- Faktoren innerparteilichen Einflusses eines
Abgeordneten
39intervenierende Variable(n)
- Sie erfassen jene Sachverhalte, von denen man
vermutet, von ihrem Vorliegen oder von ihrer
Ausprägung hänge ab, wie sich der Zusammenhang
der unabhängigen Variablen mit der abhängigen
Variable im einzelnen gestaltet. - Beispiel Man kann vermuten, der Zusammenhang
zwischen periodischen Wahlen zu einer
Vertretungskörperschaft und deren Responsivität
hinsichtlich der Wähler hänge davon ab, ob es
sich um wirklich freie Wahlen handele die
intervenierende Variable wäre somit die Freiheit
der Wahl. - Die intervenierenden Variablen umsichtig
auszuwählen, ist wichtig vor allem für die
Überprüfung bedingter Hypothesen, also von
Aussagen folgender Art Wenn A, dann B aber
nur, wenn auch Z vorliegt! - Ist letzteres der zentrale Zweck einer
empirischen Studie, so werden die zu
berücksichtigenden intervenierenden Variablen
sogar ausschlaggebend für die Festlegung der
Gruppierungsvariablen sein, also für die Auswahl
der in die Studie einzubeziehenden Fälle (d.h.
für die Stichprobe). - In der Regel wird die zentrale intervenierende
Variable (etwa Staaten mit freien Wahlen vs.
Staaten mit Scheinwahlen) dann selbst zur
Gruppierungsvariable.
? Beispiel
40Was ist ein Erklärungsmodell?
Was soll erklärt werden? abhängige Variable
Wodurch soll erklärt werden? unabhängige
Variable(n)
A
Lohnkosten
D
B
Auftragslage
Arbeitslosigkeit
C
zu berücksichtigende Rahmenbedingungen
intervenierende Variable(n)
Wenn/Dann-Aussagen
Preis/Leistungsverhältnis der Mitbewerber
erfassen jene Bedingungen, unter denen eine
Wenn / Dann-Aussage mit den Tatsachen
übereinstimmt
41Hintergrundvariable(n)
- Sie beziehen sich auf Sachverhalte, die
- einen auch bei der gerade zu beantwortenden Frage
sinnvollerweise zu berücksichtigenden Einfluss
auf die Ausprägungen der unabhängigen (und
womöglich auch der abhängigen) Variablen haben
dürften, - ihrerseits aber nicht im Zentrum der um die
forschungsleitende Fragestellung gelagerten
theoretischen Aufmerksamkeit stehen. - Beispiel Staatenvergleich
- Ausdehnung der verglichenen Staaten
- Bevölkerungsanzahl der verglichenen Staaten
- geschichtliche Prägung der verglichenen Staaten
- Beispiel Vergleich politischer Kulturen
- Bildungsstand der Befragten
- Alter der Befragten
- Geschlecht der Befragten
42Struktur eines Pfeilmodells
Beispiel
endogene Variablen
Gruppierungsvariable? Fallgruppen
unabhäng. Variable 1
abhängigeVariable
Hintergrundvariablen
unabhäng. Variable 2
intervenierende Variablen
43Beispiel Pfeilmodell zur Erklärung von
Fraktionsdisziplin
Funktionslogik eines parlamentarischen
Regierungssystems mit starken Parteien, die von
Abgeordneten geführt werden
rationales bzw. zweckgeleitetes Handeln der
Abgeordneten
Fraktionsdisziplin
effektive, auf Erfahrungen beruhende Regeln und
Strukturen
mögliche Widersprüche !
gekonnte Führungspraktiken
Erwartungen der Öffentlichkeit, wie sie von
Abgeordneten und parlamentarischen Führern
wahrgenommen werden
44Richtung und Stärke von Zusammenhängen
unspezifizierte schwache, mittlere und starke
Zusammenhänge A oder B oder C beeinflussen Z
Variable A
Variable B
Variable C
Variable D
Variable E
.15
spezifizierte, nicht quantifizierte
Zusammenhänge Je mehr D, um so mehr Z, bzw.
Je mehr E, um so weniger Z
Variable F
-.60
Variable G
spezifizierte, quantifizierte Zusammenhänge (mit
intuitiven Zahlenangaben)
45Arten von Zusammenhängenin Pfeilmodellen
(einfache) Kausalkette
Hintergrund-variable A
unabh.Variable A
abhängige Variable
Wechselwirkung, Korrelation
Hintergrund-variable B
unabh.Variable B
rekursive Kausalkette
rekursive vermaschte Kausalkette
46Zweck von (Pfeil-) Modellen
nun auch Modelle der positive political theory
(? Rational choice-Modelle)
- Ordnung der eigenen Gedanken zur Bildung einer
Vortheorie, welche dann das empirische
Forschungsvorhaben anleitet bei der - Festlegung der Variablenstruktur
- Erstellung der Erhebungsinstrumente
- Auswahl der Modelle der Datenanalyse (vom
Pfeilmodell zum Pfadmodell, von der
Vier-Felder-Tafel zur Kreuztabelle) - Ergebnisinterpretation / Ergebnissicherung
- Verdichtung der forschungsleitenden Hypothesen in
einem Modell, welches - dann vorhersagt, was die Forschungsergebnisse
zeigen werden - und aufgrund der tatsächlich erzielten Ergebnisse
dann verifiziert, falsifiziert oder modifiziert
wird - Zusammenfassung verfügbarer Ergebnisse und
Theoreme, d.h. Theoriebildung, die den
Forschungsstand entweder (nur) überschaubar macht
oder gleich weiterentwickelt
47Beispiel für ein Pfadmodell
Anteil der durch das Modell erklärten Varianz
in der abhängigen Variablen
Pennings, Paul et al., Doing Research in
Political Science, London 1999, S. 235
Ein Pfadmodell sieht aus wie ein Pfeilmodell.
Die in ihm eingetragenen Ziffern zur
Quantifizierung von Richtung und Stärke eines
Zusammenhang sind aber keine hypothetischen
Schätzungen, sondern empirische Befunde, die
durch (partielle) Regressionsanalysen gewonnen
wurden.
48Damit sollte klar sein
- was Begriffe sind und wie man sie definiert
- wie man mit Begriffen umgeht und welche Rolle die
einzelnen Begriffsarten (vor allem Variablen)
für den Forschungsprozess spielen - wie das Verhältnis von qualitativen und
quantitativen Begriffen beschaffen ist und was
das Messen mit der Verwendung von Begriffen zu
tun hat - was Aussagen sind, welche Arten von Aussagen es
gibt und wie man sie auf ihren Wahrheitsgehalt
überprüfen kann - was Theorien sind und welche Struktur sie haben
- was Modelle sind, wie man sie baut und wozu sie
dienen
Noch Fragen? Bitte!
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