Title: KRISENTELEFON gegen ZWANGSHEIRAT
1KRISENTELEFON gegen ZWANGSHEIRAT
2 AUFGABENFELDER DES KRISENTELEFONS
- Telefonische multilinguale und interkulturelle
Erstberatung - Beratungsgespräche in deutsch, türkisch ,
arabisch und persisch - Aufbau der landesweiten Vernetzungstrukturen
- Mitwirkung der Umsetzung des Handlungskonzepts
3 ZIELGRUPPEN
- von Zwangsheirat betroffene Kinder (ab 14 Jahren)
- Weibliche und männliche Jugendliche
- in Zwangsehen lebende Frauen
- Dritte ( FreundInnen, Nachbarn, Jobcenter,
Ausländerbehörden, Beratungsstellen, Jugendämter
etc.)
4 ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
- Infoveranstaltungen und Vorträge
- Internetdarstellung www.kargah.de/zwangsheirat
- Projekt Mein neues Leben- Yeni Hayatim
- Wanderausstellung Starke Mädchen
- Infokoffer
5Zahlen in NIEDERSACHSEN 2009
Geschlechter der Betroffenen im Jahre 2009
6Aufenthaltsstatus der Betroffenen 2009
7Zahlen in NIEDERSACHSENAlter der Ratsuchende
2009
8 MENSCHENRECHTE ERKLÄRUNG
- "Die Ehe darf nur bei freier und
uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen
Ehegatten geschlossen werden. (16)
9 DEFINITION
- Zwangsheirat wird immer gegen den Willen eines
oder beider Ehepartner durchgeführt. - Bei der Arrangierten Ehe werden die Eltern des/r
Heiratskandidaten/In die Bedingungen, wie z.B.
den Zeitpunkt, das Brautgeld vereinbaren. Es
wird davon ausgegangen, dass die Eheschließung
dem freien Willen der Eheleute entspricht.
10ZWANGSHEIRATSGRÜNDE
- durch eine schnelle und ausgewählte Heirat auf
den richtigen Weg bringen - Familienzusammenführung
- Urlaubsehen
- Aufenthaltsehen
11WER SIND DIE BETROFFENEN?
- Mädchen und junge Frauen
- Jungen und junge Männer
- Unterschied besteht bei den Konsequenzen für die
Betroffenen - Zwangsverheiratung kommt besonders in stark
patriarchal strukturierten Gesellschaften vor - Mädchen und Frauen sind nach der Heirat , von
beispielsweise Gewalt in der Ehe oder
Vergewaltigung betroffen - Männer können sich nach der Heirat in der Regel
freier bewegen, auch außerhalb der Ehe - Die Rolle der Frau nach der Ehe ändert sich,
indem gesellschaftlich/familiär vorgegebene
Pflichten als Hausfrau, Ehefrau und Mutter
erfüllt werden müssen
12SITUATION DER BETROFFENEN
- Die betroffenen oder bedrohten Mädchen und Frauen
befinden sich in einer sehr schwierigen und
ambivalenten Situation. - Die Gefährdung oder der Zwang geht von der
Familie und dem engeren sozialen Umfeld aus, die
damit eigentlich nahestehenden Personen sind
zeitgleich auch eine Bedrohung - Sie müssen sich häufig zwischen ihrer Familie und
den eigenen Bedürfnissen entscheiden. Dieser
Prozess ist oft sehr langwierig - Sie wehren sich gegen eine Zwangsheirat erst sehr
spät, da sie einerseits oft von der Familie
emotional unter Druck gesetzt werden und sich dem
nicht zu widersetzen trauen und andererseits auch
Angst vor Racheakten oder Gewalt seitens der
Familie haben. - Dies erschwert aber die Situation zusätzlich und
führt zu einer verschärften Konfliktlage, da die
Heiratspläne der Familie dann häufig schon
fortgeschritten und in die Öffentlichkeit
getragen sind (Gesichtsverlust)
13UNTERSTÜTZUNG DER BETROFFENNEN
- Es ist für eine möglichst friedliche Lösung
des Konfliktes entscheidend, dass das Mädchen
seine Weigerung frühzeitig und klar zum Ausdruck
bringt. Bei den Mädchen steht aber meist die
(nicht unbegründete) Angst dahinter, ihre Familie
und manchmal auch ihr gesamtes soziales Netzwerk
zu verlieren. - Erst einmal muss den beratenden Organisationen
klar sein, was das Ziel der Unterstützung sein
soll. Es geht hier darum, betroffenen Mädchen bei
der Entscheidungsfindung zu helfen und sie dabei
zu bestärken. - In vielen Fällen muss ihr erst einmal aus der
konkreten Gefährdungslage heraus geholfen und für
eine sichere Unterbringung gesorgt werden. - In vielen Fällen spielt die konkrete
Strafverfolgung oder eine Anzeige der Täter keine
Rolle. Die Betroffenen sind meist daran
interessiert , sich eine Zukunft aufzubauen,
sprich eine Ausbildung/Studium zu finden oder die
Schule zu beenden und sicher in einer eigenen
Wohnung oder einer Wohngemeinschaft
unterzukommen.
14 Wer ist wie in der Beratungsarbeit bei
Zwangsheirat beteiligt?
- Beratungsstellen für Betroffene leisten konkrete
Beratungsarbeit und kümmern sich gegebenenfalls
um Unterbringungen - Frauenhäuser, Mädchenhäuser, Kriseneinrichtungen
und Beratungsstellen mit Unterbringungsmöglichkeit
en - Adressen unter http//www.frauenrechte.de/tdf/pdf/
ehrgewalt/Hilfsleitfaden.pdf - Jugendämter kümmern sich um eine sichere
Unterbringung, haben Kontakt zu Eltern, nehmen
Kontakt zum Familiengericht auf - Jugendzentren Präventionsarbeit, erster Kontakt,
Weitervermittlung an Beratungsstellen - SchulsozialarbeiterInnen und LehrerInnen erster
Kontakt, evtl. Kontakt zu den Eltern,
Weitervermittlung an Beratungsstellen - ÄrztInnen erster Kontakt, Weitervermittlung an
Beratungsstellen - Ausländerbehörden zuständig für z.B.
Wohnsitzauflagen etc. - Kontaktaufnahme zu den Eltern bzw. der Familie
nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Betroffenen
und nicht ohne einen Schutzplan. Die Betroffene
dabei als Expertin einbeziehen!
15Wesentliche Aspekte zur Beratung
- Die Krisenintervention und weiterführende Hilfe
ist von einer wertschätzenden und
ressourcenorientierten humanistischen
Grundhaltung geprägt und findet auf einer Basis
von Freiwilligkeit und Parteilichkeit für die
Betroffene statt. - Alle Beteiligten sind zur Verschwiegenheit
verpflichtet. Der Datenschutz sollte offensiv
angesprochen werden, d.h. auf besondere
Achtsamkeit ist hinzuweisen. - Auf geschützte Räumlichkeiten ist zu achten
- Bei Bedarf Dolmetscher/-innen Vermittlung
- Kenntnisse über aufenthalts- und asylrechtliche
Grundlagen
16Wesentliche Aspekte zur Beratung
-
- Gefahrenanalyse und Erstkontakt Was ist ihr
angedroht worden? Aus welchem Kontext kommt das
Mädchen/die junge Frau? Wie schätzt sie die
Bedrohung selbst ein? Wer weiß von ihrer
Gefährdungssituation? Was sagen, sehen oder
befürchten andere? Welche Form von Hilfe wünscht
sich die Betroffene? Welche Maßnahmen hat sie
bereits unternommen? Mit welchen Ergebnissen?
Steht sie alleine da? Gibt es FreundInnen,
Verwandte, LehrerInnen, die ihr stützend und
verlässlich zur Seite stehen? (Ressourceneinbezieh
ung) - Was kann ich anbieten? Evtl. Weiterempfehlung!
Keine Maßnahmen über den Kopf der Betroffenen
hinweg entscheiden und in die Wege leiten. Die
Betroffene entscheidet! Sie in ihrer
Entscheidungsfindung begleiten und Möglichkeiten
aufzeigen. Welche inneren Konflikte hat die
Betroffene und welche Bedeutung haben diese für
die aktuelle Bedrohungssituation Schutzmaßnahmen
und ihre Entscheidungsfindung. - Mögliche Fragestellungen hierfür Wie ist die
psychische Verfassung der Betroffenen?
Instabilität aufgrund der Bedrohungs- bzw.
Gewaltsituation? Gegebenenfalls Abklärung von
Suizidgefahr, psychiatrischer Auffälligkeit.
17Wesentliche Aspekte zur Beratung
-
- In der Beratung Perspektiven für das zukünftige
Leben entwickeln - Gemeinsam mit der Betroffenen neue Perspektiven
erarbeiten. Möglichst immer vielseitig denken.
Es gibt oft nicht nur einen Weg. Positive
Beispiele und Erfahrungen benennen. Die Hoffnung
auf Veränderung ist für das Mädchen/die junge
Frau nötig, um eigene Ideen zu entwickeln und
aktiv werden zu können - Für Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit aller
Beteiligten sorgen Wer ist wo und wofür zu
erreichen und verlässlich? Verbindlichkeit
offensiv ansprechen, d.h. das Gespräch als
BeraterIn leiten und mit den Beteiligten
besprechen, wer welchen Part übernimmt.
Beteiligte sind oft LehrerInnen,
SchulsozialarbeiterInnen, Allgemeiner
Sozialdienst, KollegInnen, ÄrztInnen und private
UnterstützerInnen. Koordiniertes Vorgehen ist
Voraussetzung für Schutz und Gelingen - Weiterführendes Angebot zur psychischen
Stabilisierung Ziel ist das Vertrauen in die
eigene Handlungsmöglichkeit zu stärken und
Perspektiven zu entwickeln. Bei Bedarf
Eltern-/Familiengespräche geschützt begleiten
bzw. vermitteln. Auch bei Rückkehr in die
Herkunftsfamilie Kontaktangebot aufrechterhalten.
Bei Bedarf Ablösungsprozess begleiten und
Therapie oder unterstützende Gruppenangebote
anbieten bzw. vermitteln - Auf Selbstschutz achten
18KRISENTELEFONGEGEN ZWANGSHEIRAT
Tel. 0800 0667 888
19 ANGEBOTE
- Bestärkungsarbeit
- Unterstützung der Mädchen bei Auseinandersetzungen
mit der Familie - Mögliche individuelle Wege und Lösungen mit den
Mädchen entwickeln - Zusammenarbeit mit den jeweiligen Jugendämtern,
LehrerInnen, ÄrtztInnen - Anregung, Begleitung und Bestärkung bei der
realen Kontaktaufnahme
20 ZIELE
- Ermöglichung ein Lebens in Sicherheit und ohne
Gewalt - Schaffung von Rahmenbedingungen
- Stärkung der Rechte der Betroffenen
- Koordiniertes Vorgehen aller an der Intervention
bei häuslicher Gewalt beteiligten Stellen - Gesellschaftliche Verachtung von Zwangsheirat
gegen Mädchen und junge Frauen - Entwicklung und Etablierung von präventiven
Ansätzen
21 MÖGLICHE ANLAUFSTELLEN
- ÄrztInnen
- LehrerInnen
- Polizei
- SchulsozialarbeiterInnen
- Ausländerbehörde
- Jungendämter
- Beratungsstellen
22FAZIT
- Nach unserer bisherigen Erfahrung stellte sich
ein erhöhter Bedarf in diesem Tätigkeitsfeld
heraus - Zwangsheirat findet auch in Deutschland statt
- Im Vorfeld einer Zwangsverheiratung werden Frauen
und Mädchen in ihrer Freiheit und
Selbstbestimmung eingeschränkt - Das Bewusstsein für das Bestehen dieser
menschenverachtenden Praxis ist in hiesigen
Institutionen und Behörden sehr gering entwickelt - das Thema Zwangsheirat ist in bestehenden
Hilfseinrichtungen und Institutionen und Behörden
bisher nicht integriert - Aus diesem Grund fühlen sich viele der
MitarbeiterInnen der hiesigen Einrichtungen in
der Beratung mit von Zwangsheirat betroffenen
Jugendlichen sehr unsicher und wünschen für ihr
Vorgehen eine Unterstützung durch das
Krisentelefon
23WÜNSCHEN UND IDEEN
- Erhalt bzw. Ausweitung von mädchenspezifischen
Schutzeinrichtungen mit geheimer Adresse in den
Großstädten - Sozialraumorientierung in Jugendhilfekonzepten
- Anerkennung von Jugendhilfebedarf bei jungen
volljährigen Migrantinnen (KJHG 41) - Sensibilisierung von Professionellen
LehrerInnen, SchulsozialarbeiterInnen,
JugendamtsmitarbeiterInnen besonders auch von
FamilienrichterInnen
24WÜNSCHE UND IDEEN
- Dieses Thema muss in Ausbildungsgängen stärker
eingebracht werden - Aufklärungskampagnen in mehreren Sprachen für die
betroffenen Mädchen und Unterstützerinnen - Zwangsheirat muss in den SGB 8
Gefährdungssituationskatalog aufgenommen werden - Pauschale Finanzierung für Notaufnahmeplätze
(z.B. PAPATYA)
25STOLPERSTEINE
- Nach 44 des Ausländergesetzes (AuslG)2 51
Abs. 1 Nr.6 AufenthG - Die Aufenthaltserlaubnis erlischt , wenn eine
Person aus einem seiner Natur nach nicht
vorübergehenden Grund ausreist.
26STOLPERSTEINE
- Nach 16 AuslG 37 AufenthG.
- Voraussetzungen des Anspruchs auf Rückkehr sind,
dass - 1) der junge Mensch zuvor acht Jahre rechtmäßig
in Deutschland aufgehalten hatte und sechs Jahre
lang eine Schule besucht hatte, - 2) sein Lebensunterhalt entweder durch eigene
Erwerbstätigkeit oder durch eine
Unterhaltsverpflichtung für fünf Jahre gesichert
ist und - 3) er nach dem 15. und vor dem 21. Geburtstag
zurückreisen möchte und höchstens fünf Jahre im
Ausland gelebt hat.