Title: die Optimalit
1die Optimalitätstheorie
- Verletzbare Regeln in Straßenverkehr und Syntax
- (Schmidt J., Starikova E.)
2Inhalt
- Einführung
- Ziel
- Straßenverkehrsordnung
- Syntax
3Einführung
- Traditionelle generative Grammatik (oder nach
Müller Standard-Grammatiken) unterscheidet
zwischen grammatikalischen und ungrammatikalischen
Konstruktionen. - Alle Prinzipien der Grammatik müssen erfüllt
werden. - Wenn ein einziges Prinzip verletzt wird, entsteht
Ungrammatikalität. - Es gibt einen anderen Typ von generativen
Theorien, in denen Prinzipien verletzt werden
dürfen, ohne dass Ungrammatikalität entsteht - die Optimalitätstheorie
4Einführung
- Beide Theorien sind generativ, beide gehen davon
aus, dass es eine zugrunde liegende Struktur und
eine abgeleitete Struktur gibt. - In den traditionellen generativen Grammatiken
Tiefenstruktur und Oberflächenstruktur - In der Optimalitätstheorie werden diese
Strukturen so beschrieben - Input das zugrunde liegende Sprachmaterial,
- Output (Oberflächenstruktur) wird aus dem Input
abgeleitet.
5Einführung
- In allen Sprachen gibt es dieselben
Einschränkungen, die aber unterschiedlich
gewichtet sind. - Sie gelten alle, aber nicht in dem selben Maß
- Es gibt eine gewisse Gewichtung dieser
Einschränkungen - Dieselbe Einschränkung ist z.B. im Russischen
höher gewichtet als im Deutschen - Im Russischen darf diese Einschränkung daher
nicht verletzt werden, im Deutschen schon
6Ziel
- Im Folgenden wird versucht, die
Optimalitätstheorie auf der Basis eines bekannten
nicht-sprachlichen Regelsystems, der
Straßenverkehrsordnung (StVO), vorzustellen.
7Straßenverkehrsordnung
- Die Aufgabe der StVO u.a. Situationen, in denen
zwei oder mehr Verkehrsteilnehmer an einer
Kreuzung gleichzeitig ankommen, zu regeln - d.h. einem Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt
erlauben
8Straßenverkehrsordnung
- Die Ausgangssituationen Input
- Strategien zur Auflösung der vorgegebenen
Situation Output - Zwischen den Outputs besteht ein Wettbewerb
- Derjenige Output, der aus dem Wettbewerb
- als Gewinner hervorgeht optimaler Output
- alle nicht optimalen Outputs sind Verstöße gegen
die StVO
9Straßenverkehrsordnung
- Vorfahrtsregeln
- 1. V(ERKEHRS)-POL(IZIST)
- Die Zeichen der Polizeibeamten gehen allen
anderen Anordnungen vor - 2. BL(AULICHT)-EIN(SATZHORN)
- Fahrzeuge des Rettungsdienstes und der
Polizei (blaues Blinklicht Einsatzhorn) - Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben
sofort freie Bahn zu schaffen - 3. L(ICHT)-ZEI(CHEN)
- Ampel Grün Gelb Rot
- 4. V(ERKEHRS)-ZEI(CHEN) (A)
- Verkehrszeichen auf einem Fahrzeug ist
Folge zu leisten. - 5. V(ERKEHRS)-ZEI(CHEN) (B)
- Ortsfesten Verkehrszeichen ist Folge zu
leisten - 6. S(TRASSE) V(OR) F(ELDWEG)
- Fahrzeuge, die aus einem Feld- oder Waldweg
auf eine andere Straße kommen haben keine
Vorfahrt. - 7. R(ECHTS) V(OR) L(INKS)
- An Kreuzungen ohne Ampel gilt Rechts vor
Links
10Straßenverkehrsordnung
- Regelkonflikt
- Input
- A Verkehrsteilnehmer A kommt von links auf
einer Straße mit Vorfahrtsschild - B Verkehrsteilnehmer B kommt von rechts auf
einer Straße mit Vorfahrt-Gewähren-Schild
11Straßenverkehrsordnung
2. Regelkonflikt Input A Verkehrsteilnehmer A
kommt von links auf einer Straße mit
Vorfahrtsschild, die Ampel ist rot B
Verkehrsteilnehmer B kommt von rechts auf einer
Straße mit Vorfahrt-Gewähren-Schild, die Ampel
ist grün
12Straßenverkehrsordnung
3. Regelkonflikt Input A Verkehrsteilnehmer A
kommt von links auf einer Straße mit
Vorfahrtsschild, die Ampel ist rot,
hat blaues Blinklicht
zusammen mit
einem Einsatzhorn B Verkehrsteilnehmer B kommt
von rechts auf einer Straße mit
Vorfahrt-Gewähren-Schild, die Ampel ist grün
13Straßenverkehrsordnung
4. Regelkonflikt Input A Verkehrsteilnehmer A
kommt von links auf einer Straße mit
Vorfahrtsschild, die Ampel ist rot B
Verkehrsteilnehmer B kommt von rechts auf einer
Straße mit Vorfahrt-Gewähren-Schild, die Ampel
ist grün Ein Verkehrspolizist steht auf der
Kreuzung, und der signalisiert freie Fahrt für A
und Halt für B.
14Syntax
- Die Optimalitätstheorie funktioniert in der
Syntax im Prinzip genauso wie im Straßenverkehr. - Syntaktischer Input alle bedeutungstragenden
Wörter, die im Satz verwendet werden sollen. Die
Bedeutung, die der Satz haben soll, ist
vorgegeben. - Syntaktischer Output mögliche, durch die
primitive Grammatik, den sog. Generator , auf der
Basis des Inputs erzeugte Sätze. - Gemäß den verletzbaren und gewichteten Regeln
wird dann aus den vom Generator erzeugten
konkurrierenden Outputs der optimale, einzig
grammatische Satz ermittelt.
15Syntax
- Regelkonflikte in der Fragesatzbildung
- Regelkonflikt 1
- Input ein Satz mit der Ergänzungsfrage
er,wem.... - Fragesatz-Regel Ein W-Element in
Ergänzungsfragen muss am Satzanfang stehen (laut
der Feldlehre im Vorfeld). - Ich frage mich, wem er das Buch gegeben hat.
- Mittelfeld-Regel Komplemente des Verbs müssen im
Mittelfeld stehen. - Ich frage mich, dass er wem das Buch gegeben
hat. -
16Syntax
Die empirische Evidenz sagt uns, dass die F-REGEL
höher geordnet und die M-REGEL somit zugunsten
der F-REGEL verletzbar ist, denn es heißt Ich
frage mich, wem er das Buch gegeben hat. und
nicht Ich frage mich, dass er wem das
Buch gegeben hat. Diesen Wettbewerb illustriert
die Tabelle
17Syntax
- Standardgrammatiken kennen nur unverletzbare,
aber keine gewichteten Regeln. - Standardgrammatiken würden diesen Fall
folgendermaßen erklären - M-Regel darf nicht gelten
- Ausnahme (M-Regel gilt nicht für W-Elemente)
- Chomskysche Tradition die beiden Regeln gelten,
aber nicht auf der gleichen Ebene. (die F-REGEL
gilt dann z.B. auf der Oberflächenstruktur, die
M-REGEL auf einer abstrakten Tiefenstruktur)
18Syntax
Regelkonflikt 2 Input ein Satz mit zwei
W-Elementen er, wem, welches Buch.... Fragesatz-
Regel fordert, dass beide W-Elemente im Vorfeld
stehen. Ich frage mich, wem welches Buch er
gegeben hat. Vorfeld-Regel Im Vorfeld darf
höchstens ein Element stehen. Ich frage mich,
wem er welches Buch gegeben hat.
19Syntax
- In Standardgrammatiken muss man nun die F-Regel
aufgeben oder verkomplizieren. - In einer optimalitätstheoretischen Grammatik
ergibt sich dieser Fall aus dem größeren Gewicht
einer weiteren Regel, derzufolge im Vorfeld
höchstens ein Element stehen darf.
20Syntax
- Regelkonflikte in der Abfolge der Nominalphrasen
im deutschen Mittelfeld. - Pronomen-Regel Pronominale NPs stehen im
Mittelfeld vor nicht-pronominalen NPs. - Maria hat es dem Fritz entzogen.
- Belebtheits-Regel Belebte NPs stehen vor
unbelebten NPs. - Maria hat die Kinder dem Einfluss entzogen
- Dativ-Regel Dativ-NPs stehen vor AKK-NPs
- Maria hat dem Fritz die Kinder entzogen.
21Syntax
- Regelkonflikt 1
- Input ein Verb mit zwei Objekten, das eine ein
belebtes Akkusativobjekt, das andere ein
unbelebtes Dativobjekt. - Kinder, Einfluss, die, dem, entzogen.....
- Dann kommt es zum Konflikt von Bel-Regel und
Dat-Regel. - Und da erstere Regel per Annahme die höher
geordnete ist, wird korrekt erfasst, dass es
heißt - Maria hat die Kinder dem Einfluss entzogen.
- Und nicht
- Maria hat dem Einfluss die Kinder entzogen.
- Diesen Wettbewerb illustriert die Tabelle
22Syntax
- Regelkonflikt 2
- Input Ein belebtes Dat-objekt und ein Pronomen
als unbelebtes Akk-objekt. - Es, Fritz, dem, entzogen.......
- Dann kommt es zum Konflikt von Dat-Regel und
Pron-Regel. - Und da die Pron-Regel per Annahme die höher
geordnete ist, wird korrekt erfasst, dass es
heißt - Maria hat es dem Fritz entzogen
- Und nicht
- Maria hat dem Fritz es entzogen
23Syntax
- Diese Daten zeigen übrigens gut, dass es im
Deutschen keine feste Grundabfolge der
NP-Komplemente geben kann, weder allgemein noch
verbspezifisch. - Vielmehr ist die Grundabfolge variabel und
jeweils Resultat der Optimierung.
24Schlussfolgerung
- Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit der
Optimalitätstheorie wir einen anderen Typ der
Grammatik haben, wo die Regeln grundsätzlich
verletzbar sind.