Title: Moscovici vs. Hollander Attributionstheoretische Interpretation
1Moscovici vs. HollanderAttributionstheoretische
Interpretation
- Universität Bielefeld
- WS 2004/05
- Sozialer Einfluss durch Minderheiten und
Mehrheiten - Dozent Prof. Dr. Gerd Bohner
- Referenten
- Sandra Hanke, Katrin Vilter Sebastian Bednarek
2Gliederung
- Moscovicis Modell "Behavioral Style"
- Moscovici und die Attribution
- Attribution
- Studien zur Attribution
- Vergleich Moscovici - Hollander
31.Behavioral Style
- Minderheit verfügt nicht über die erforderliche
Anzahl an Mitgliedern um die Mehrheit ihre
Position überdenken zu lassen - Minderheit versucht die Mehrheit durch ihr
Verhalten zu überzeugen - Minderheit muss objektiv, unvoreingenommen sein
und sicher und dauerhaft zu ihrer Meinung stehen - Die Bereitschaft aufgrund der abweichenden
Meinung Schaden zu nehmen wirkt beeindruckend auf
die Mehrheit (indirekter Einfluss) - Macht oder Geld sind nicht notwendig für die
Überzeugung der Mehrheit (direkter Einfluss)
42 Situationen in denen Einfluss von Minderheiten
auftreten kann
- Mehrheit hat keine definierten Normen
- Kompromiss besteht aus Durchschnitt der Meinung
- Minderheit kann durch Strenge die Gruppennorm
erschaffen - Eine Person ist vorhersehbarer
- Eine Person kann die Aufmerksamkeit der Gruppe
besser auf seine Vorschläge lenken - Wenn die Minderheit aus mehreren Mitgliedern
besteht, müssen diese eine einstimmige Meinung
bilden
- Mehrheit hat definierte Normen und respektiert
diese - Der Deviante bedroht den Konsens
- Der neue Standpunkt muss konstant vertreten
werden - Kein Kompromiss möglich es kann nur eine
korrekte Meinung geben - - Wenn die Minderheit dem Druck widersteht,
entsteht Spannung unter den Mitgliedern der
Mehrheit - ? Mehrheit nimmt die Meinung der Minderheit an
5Schlussfolgerung
- Die Veränderungen werden nicht durch die
Beseitigung der Konflikte erreicht, sondern durch
deren Verstärkung - Es ist wichtig, dass die Mehrheit die Position
der Minderheit für konstant hält
6Behavioral Style
- Rhetorische Fähigkeiten
- Deutliche Äußerung der Meinung
- Schnelle Beantwortung von Fragen
- Verbreitung der eigenen Ideen auch über
Widerstände hinweg - Ständige Wiederholung der eigenen Meinung
- Vermittelt Eindruck von Sicherheit
- Nonverbale Kommunikation
- Einnahme einer Machtposition kann dazu führen.,
dass Andere einer Person Führungsqualitäten
zuschreiben - ? Hilfe bei der Beeinflussung (Nemeth Wachtler,
1973)
72. Moscovici und die Attribution
- 3 Typen der Information
- Consensus-Informationen beziehen sich auf die
Einigkeit der Individuen - Consistency zeigt wie konsequent oder stabil die
Aussage oder Antwort eines jeden Akteurs ist - Distinctiveness (Distinktheit) bezieht sich
darauf, in wie weit der Effekt bei der in Frage
stehenden Person oder Akteur über verschiedene
Entitäten variiert, die einander mehr oder
weniger ähnlich sind - Entität Umfasst stabile Merkmale derjenigen
Gelegenheit, auf die eine Handlung gerichtet ist
(Objekte/Personen)
8Consistency
- Minderheit wird als distinkt wahrgenommen
- Das Verhalten der Minderheit wird auf Sicherheit
und Kompetenz attribuiert - Attribution auf die Person
- Consensus als Consistency unter den Individuen
der Mehrheit - Consistency wird wahrgenommen, wenn ein
bestimmtes Verhalten wiederholt wird
9Moscovicis Probleme bei der Anwendung von Kelleys
Theorie
- Kelley
- 3 Dimensionen Consensus, Consistency,
Distinctiveness - Betrachter muss alle 3 Dimensionen gleichzeitig
beachten
- Moscovici
- Behandelt Minderheit abwechselnd als eine Person
(consistency consensus) als eine Entität
(distinctiveness) - - Isoliert die 3 Dimensionen als weitgehend
unabhängig voneinander
103. Attribution
- 3 Prinzipen der Attribution nach Kelly
- Covariation (Kovariation)
- Augmenting (Aufwertung)
- Discounting (Abwertung)
- 2 Voraussetzungen
- Menschen wollen für Ereignisse in ihrer Umwelt
plausible Erklärungen finden - Menschen haben präzise Erwartungen an die
Verhaltensweisen anderer Menschen
114. Studie von Bohner, Frank Erb (1998)Methodik
- Eine Gruppe von 165 weiblichen Studentinnen
aufgeteilt in ein 222-Design - Fragebogen über ihre Einstellung zum Thema
Tierversuche - Information dass Mehrheitsverhältnisse beim
Meeting 80 zu 20 sind (Consensusinformation) - Es wurde gesagt, dass der Kommunikator
normalerweise mit der Mehrheit übereinstimmt oder
nicht übereinstimmt (Distinktheit) - Text lesen über einen Kommunikator der sich bei
einem Meeting für das Verbot von Tierversuchen
ausspricht (mit starken oder schwachen
Argumenten) - Nach dem Lesen Erneuter Frageboden über ihre
Einstellung zum Thema - Errechnung eines Einstellungsindexes
- Innerhalb von 3 Minuten auflisten, was sie
während des Lesens dachten - Kurzer Check ob sie sich noch an die
Consensus-Infos erinnern und ob sie die Argumente
für überzeugend hielten (recall)
12Ergebnisse
- Übereinstimmungseffekte beim recall
- Starke Argumente wurden als überzeugender
eingestuft als schwache - War der Kommunikator stark distinktiv wirkte er
überzeugender (Distinktheit als Anzeichen für
Glaubwürdigkeit) - Starke Argumente hohe Distinktheit sorgten für
mehr Sympathie - Distinktheit beeinflusst die Entscheidungsfindung
dirkekt - Entscheidendster Faktor Qualität der Argumente
- Kaum Mehrheits- / Minderheitseffekte
- ? Will man als Minderheit überzeugen, braucht man
starke Argumente und eine hoch distinktive
Position
13Experiment zur Spannung von Perez, Falomir,
Mugny 1995
- Vpn sind Raucher
- Die Hälfte darf rauchen, die andere nicht
- Müssen Text lesen über eine Position gegen das
Rauchen - Recall of the message direkt nach dem Lesen
- Annahme Das Rauchen mindert die Spannung,
während das Nicht-Rauchen sie erhöht - ? Einfluss ist in der Gruppe am höchsten, in der
man nicht rauchen durfte, Bedürfnis die Spannung
zu lösen
14Creative Problem SolvingNemeth Kollegen
- Wenn VPn zu einem Problem Lösungen
- finden sollen, und sie dann mit Minderheits-
- Vorschlägen konfrontiert werden, dann sind die
- Lösungen der VPn elaborierter und kreativer
- ? Minderheiten-Einfluss fördert ein kreativeres
und elaborierteres Denken
15Studie von MoskowitzHeuristisches vs.
Systematisches Denken
- Ist Einfluss größer, wenn statt heuristischer
Denkweisen eher - systematisch agiert wird?
- VPn bekamen die Info, dass der Sprecher einer
Minderheit entweder ein starkes persönliches
Interesse an der Sache hat oder dass er
vollkommenen objektiv ist - Text lesen (mit starken oder schwachen
Argumenten) und danach Einstellungen zu dem Thema
nennen - Nur VPn, die starke Argumente gelesen haben und
den Sprecher positiv attribuiert haben, wurden
beeinflusst - Minderheitspositionen führen zu eher aufwändigem
Denken (systematisch) - Dieses Denken wird allerdings erst ermöglicht,
wenn die Minderheit positiv attribuiert wird
16An attributional analysis of persuasionStudie
von Eagly Kollegen
- Wenn negative Erwartungen über eine Person nicht
bestätigt werden, dann sollte sie überzeugender
wirken - VPn bekommen Infos über einen Kommunikator, nach
denen er erst negativ attribuiert wird - Text vom Kommunikator lesen, in dem entweder die
Erwartung erfüllt oder nicht erfüllt wird - Erfüllt die Meinung eines Kommunikators nicht die
Erwartungen der Versuchspersonen, dann sieht man
diese Meinung eher als externale Realität an - Entspricht die Meinung den Erwartungen, wird die
Quelle der Botschaft als oberflächlich/klischeehaf
t eingestuft (Klischee wird erfüllt) und wirkt
nicht überzeugend
17Experiment von Moskowitz zum Erwartungsbruch und
Minderheiten
- verschiedenen VPn wurden verschiedenen Teile
einer Biographie über eine Person P gegeben
(Erschaffung von negativen Attributen) - Video gucken, in dem P als Minderheit
identifiziert wurde und daraufhin eine Rede vor
Studenten hielt, die zu der Meinung des Publikums
und der anderen Redner gegensätzlich war - Manche Teile der Biografien entsprachen der
Meinung und manche nicht - Eine Hälfte der VPn hört eine Rede mit starken
Argumenten und die Andere mit schwachen (hilft
der Qualitätssicherung) - Danach Fragebogen über ihre Gedanken während des
Videos, ihre Meinung zum Thema ihre Ansichten
über P
18Experiment von Moskowitz zum Erwartungsbruch und
Minderheiten
- Ergebnisse
- Attributionsbildung wie bei Eagly
- Erwartungsbruch ? positive Attribute
- Erwartungserfüllung ? negative Attribute
- Positive Attribute führten zu mehr
themen-bezogenen Gedanken - Bei Erwartungsbruch führten starke Argumente zu
mehr themen-bezogenen Gedanken als schwache und
schwache zu mehr nicht-themen-bezogenen Gedanken
als starke - Bei Erwartungserfüllung waren diese Effekte nicht
zu beobachten - Erwartungsbruch führt über positive Attribution
zu themen-bezogenem Denken und somit zu mehr
Einfluss (gepaart mit starken Argumenten ist der
Einfluss so am stärksten)
19Cognitive Load Studie von Gilbert Hixon (1991)
- Idee Elaboriertes Denken fällt schwerer, wenn
man parallel anderweitig kognitiv - belastet ist (zusätzliche kognitive Belastung
führt zu heuristischen Denken) - - Versuchsaufbau wie bei Moskowitz 1992, eine
Hälfte der VPn stand allerdings unter kognitiver
Belastung - - VPn ohne Belastung mit Erwartungsbruch wurden
mehr beeinflusst als VPn mit Belastung mit
Erwartungsbruch - - VPn ohne Belastung mit Erwartungsbruch wurden
mehr beeinflusst als VPn ohne Belastung mit
Erwartungserfüllung - Gleiche Ergebnisse bei themen-bezogenen Gedanken
während des Experimentes - Systematisches Denken ist kognitiv anstrengend
- Will man Minderheiten-Einfluss gering halten,
muss man entweder dafür sorgen, dass die
Erwartungen über die Minderheit erfüllt werden,
oder kognitive Belastung herstellen
20Wie der Einfluss von Minderheiten scheitern kann
- Rigidity
- Discrepancy of Opinions (Diskrepanz zwischen den
Meinungen) - Normative Context (normativer Kontext)
- Single vs. Double Minority
21Minderheiten stimulieren kognitive Aktivität
- Auf der Basis von Augmenting principle, kann eine
Minderheit glaubwürdiger sein als eine Mehrheit,
weil sie dem Gruppendruck standhält. Das führt
dazu, dass sich Individuen mehr Gedanken machen. - Wenn Individuen vor einer Mehrheit stehen, die
eine andere Meinung vertritt, kommen sie unter
Stress. - Sich für die Meinung einer Minderheit
auszusprechen, hat meistens mehr Konsequenzen,
als für die Meinung einer Mehrheit
225. Vergleich zwischen Hollander und Moscovici
- Hollanders Modell
- Idiosyncrasy Credits
- Minderheit kann Mehrheit beeinflussen
- Minderheit muss Kompetenz zeigen
- Einfluss einer Person
- Zuerst konform gehen, zum Schluss die
Gegenposition präsentieren - Minderheit muss ausreichend Status haben
(Idiosyncrasy Credits) ? Meinung der Minderheit
kann übernommen werden
- Moscovicis Modell
- Behavioral Style
- Minderheit kann Mehrheit beeinflussen
- Minderheit muss gegen die Meinung der Mehrheit
ankämpfen - Einfluss von zwei Personen
- Minderheit muss als objektiv und unvoreingenommen
angesehen werden - Kompetenz kann u.U. Einfluss verstärken
23Experiment 11 Eingeweihter
- 144 Probanden ? 12 Gruppen (3 Vpn und 1
Eingeweihter) - Instruktionen
- a) Aufgabe leise lesen
- b) Position kurz erläutern, beginnend mit Sitz 1
- c) Diskussion
- d) Meinung in 11 Punkte Skala einordnen
- Aufgaben
- 1) Krankenkassenbeiträge
- 2) Schätzaufgabe
- 3) Auflagenreduzierung der Campuszeitung
- 4) Studentenermäßigung
24Strategie
- Eingeweihter spricht als letzter
- Erste Versuchsbedingung Anwendung von Hollanders
Strategie auf die ersten beiden Aufgaben, streng
gegen Studentenermäßigung - Zweite Versuchsbedingung Anwendung Moscovicis
Strategie, streng gegen die Mehrheitsauffassung - Schätzaufgabe Kompetenz bei Lösungserarbeitung
in der ersten Hälfte, keine Hilfe bei zweiter
Hälfte - Studentenermäßigung Einschätzung der
Gruppenmitglieder hinsichtlich Kompetenz,
Überzeugungskraft und größtem Einfluss
25Resultate
- Schätzaufgabe
- keine Differenzen zwischen Einschätzungen bei den
Modellen, wenn der Eingeweihte keine Kompetenz
zeigt - Wenn der Eingeweihte Kompetenz zeigt,
Zurückführung auf Hollander - Studentenermäßigung
- Hollanders Ansatz zeigt signifikant höheren
Einfluss als Moscovicis (M 2.14 zu 0,90) - Bei X²-Analyse ist Hollanders Ansatz
einflussreicher als Moscivicis (29 zu 25)
26Diskussion
- Hollanders Modell scheint überzeugender, aber
Minderheitenvertretung nur durch eine Person (M
2 Personen) - Eingeweihter sprach als Letzter (M sprach als
Erster) - ? Kein fairer Test für Moscovicis Modell
27Experiment 22 Eingeweihte
- 335 Probanden in 9 Gruppen (4 Vpn, 2
Eingeweihte), nach Geschlecht getrennt - Instruktion siehe Experiment 1
- Aufgaben
- Auflagenreduzierung der Campus-Zeitung
- Schätzaufgabe
- Krankenkassenbeiträge
- Schätzaufgabe
- Studentenermäßigung
28Strategie
- Eingeweihte sprechen zuerst
- Eingeweihte ergänzen sich gegenseitig bei der
Problemlösung - Fragebogen hinsichtlich Kompetenz,
Überzeugungskraft, Abweichung von der eigenen
Meinung und größten Einfluss
29Resultate
- Schätzaufgabe
- Eingeweihte, die zur Lösung beitrugen, wurden
wurden als kompetenter wahrgenommen - Eingeweihte, die Kompetenz zeigten, wirkten am
überzeugungskräftigsten - Ähnliche Meinungen Hollanders Eingeweihte eher
als Moscovicis Eingeweihte - Studentenermäßigung
- Männliche (eher Hollander) Vpn wurden eher
beeinflusst als weibliche (beide Modelle) - Eingeweihte waren effektiver, wenn sie
kompetenter erschienen - ? Beide Strategien hatten signifikanten Einfluss
auf die Meinungen der Vpn
30Diskussion
- Männliche Vpn eher empfänglich für Hollanders
Strategie - Weibliche Vpn zeigten keine Präferenz für eine
der beiden Strategien - Moscovicis Modell nicht wirkungslos
- ? Einer Person wird eher eine negative
Attribution zugeschrieben als 2 Personen
31Diskussionsfrage
- Wie ist die Arbeit von Bray und Kollegen aus
attributionstheoretischer Sicht zu beurteilen?